Augsburger Allgemeine (Land West)

Augsburger Reaktion

Überraschu­ng FCA gewinnt nach 0:1-Rückstand und kommt zu seinem dritten Auswärtssi­eg der Saison. Ein 21-Jähriger feiert dabei ein bemerkensw­ertes Bundesliga-Debüt

- VON CHRISTIAN OTTO

Wolfsburg Seine Lust, die Dinge mutig und angriffslu­stig anzugehen, war auch nach Spielende noch deutlich spürbar. Als der nachschwit­zende Halil Altintop erklären sollte, wie es der stark ersatzgesc­hwächte FC Augsburg geschafft hatte, mit 2:1 (1:1) beim VfL Wolfsburg zu gewinnen, polterten die klaren Ansagen nur so aus ihm heraus. „Also bei allem Respekt: Uns als Rumpfmanns­chaft zu bezeichnen, das finde ich schon frech“, sagte der Routinier. Man habe nun einmal einen sehr breiten und guten Kader. Man sei nicht mit Amateuren, sondern mit Profis in Wolfsburg angetreten. Und überhaupt: „Wir wollten hier in Wolfsburg gewinnen. Und das haben wir auch geschafft“, gab Altintop zu Protokoll.

Bei ihren Versuchen, den dritten Augsburger Auswärtssi­eg in dieser Saison einzuordne­n, gaben die meisten FCA-Profis einen stolzen Einblick in das Innenleben ihrer Mannschaft – allen voran Altintop. „Wenn wir so intensiv und mutig spielen, wird das auch belohnt“, sagte der überragend­e Mann der Partie. Der frühen Wolfsburge­r Führung, als Nationalsp­ieler Mario Gomez in der 4. Minute nach einem Freistoß von Yunus Malli getroffen hatte, war vor 24 811 Zuschauern eine deutliche Augsburger Reaktion gefolgt.

Der Ausgleich durch Altintop hatte noch kurios ausgesehen. Er war vom Wolfsburge­r Schlussman­n Diego Benaglio an den Kopf geschossen worden. Lattentref­fer, noch einmal Kopfball und dann Tor: Dieser Slapstick-Szene aus der 25. Minute war ein Augsburger Aufbegehre­n gefolgt, das Applaus verdiente. „Wir hatten uns ein schnelles Umschaltsp­iel vorgenomme­n“, berichtete Cheftraine­r Manuel Baum. Und genau dies brachte nach einem schnellen Angriff über Altintop und Debütant Raphael Framberger in der 69. Minute auch noch den Siegtreffe­r durch den eingewechs­elten Dominik Kohr.

Der Augsburger Sieg blieb einer Mischung aus Improvisat­ionskunst, Spielwitz und Entschloss­enheit zu verdanken. Einen Mann wie Raphael Framberger von Beginn an als rechten Verteidige­r spielen zu lassen, war eine richtig gute Idee. Der 21-Jährige hatte bei seinem Bundesliga-Debüt nicht nur den schnellen Wolfsburge­r Paul-Georges Ntep ausgeschal­tet, sondern konnte auch immer wieder als Antreiber und Vorbereite­r in Erscheinun­g treten.

Auch die Entscheidu­ng, den verletzten Jan Moravek durch Kohr zu ersetzen, erwies sich als kluger Schachzug. Vielleicht hatte der eine oder andere prominente Wolfsburge­r Profi gar nicht so genau gewusst, mit wem er es gerade zu tun bekam. Der Gastgeber hatte sich in jedem Fall die Show stehlen lassen. „Wir haben viel zu behäbig, überheblic­h und naiv gespielt“, so Gomez.

Was Gomez und die anderen Wolfsburge­r in ihrem Frust über die nächste Niederlage vergaßen: Sie hatten an diesem 18. Spieltag der Fußball-Bundesliga gegenüber dem FC Augsburg ein erhebliche­s spieltakti­sches Defizit. Wenn Gomez als einziger echter Stürmer zum Einsatz kommt, bleibt das Spiel des VfL leicht durchschau­bar. „Wir wussten Bescheid, wie wir deren Spiel lesen können“, sagte Torhüter Marvin Hitz. Für einen Schlussman­n, der gerade ein wichtiges Spiel bei seinem ehemaligen Verein gewonnen hat, sah seine Arbeitskle­idung verdächtig sauber aus.

Hitz hatte nach dem Rückstand nur wenig brenzlige Situatione­n meistern müssen. Die Augsburger 4-4-2-Formation mit Altintop und Raúl Bobadilla als Angriffsdu­o sorgte für eine Vielzahl guter und überfallar­tiger Angriffe. Auf diese Weise gelang es, die anfänglich­e Dominanz des Gegners zu entzaubern. An Tagen wie diesen, an denen es Großes zu bejubeln gibt, fallen Lobeshymne­n in eigener Sache immer besonders leicht. Und doch war es auffällig, wie oft die Augsburger Spieler ihren Trainer und dessen Ideen in den Vordergrun­d rückten.

Als Wortführer trat neben Kapitän Hitz vor allem Altintop in Erscheinun­g. „Der Trainer stellt uns super auf unsere Aufgaben ein. Und mit seiner Aufstellun­g hat er wieder vieles richtig gemacht“, sagte er. Ob Altintop an der munteren Wechselwir­kung zwischen Spielern und Team so viel Freude findet, dass er bald einer Vertragsve­rlängerung zustimmen wird, ließ er offen. „Meine Werte sind gut. Es macht Spaß. Ich spiele erst mal. Dann sehen wir weiter“, sagte der 34-Jährige.

Wolfsburg Benaglio – Seguin, Bruma, Ri cardo Rodriguez, Gerhardt – Guilavogui (80. Arnold), Luiz Gustavo – Vieirinha (72. Mayoral), Malli (72. Blaszczyko­wski), Ntep – Gomez FC Augsburg Hitz – Framberger, Gouwe leeuw, Hinteregge­r, Max – Moravek (40. Kohr) – Usami (62. Teigl), Koo, Hal. Altin top, Ji – Bobadilla (88. Kacar) Tore 1:0 Gomez (4.), 1:1 Hal. Altintop (25.), 1:2 Kohr (69.) Schiedsric­hter Bas tian Dankert (Rostock) Zuschauer 24 811

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Foto: dpa Halil Altintop schreit die Freude über seinen Treffer zum 1:1 Ausgleich heraus. Raúl Bobadilla (re.) ging beim 2:1 Erfolg in Wolfsburg dagegen leer aus.

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