Augsburger Allgemeine (Land West)
Dank für die gelungene Entschärfung der Bombe
Gottesdienst Mit persönlichen Worten schildern Beteiligte in der Anna-Kirche ihre Gefühle während der Evakuierung am Weihnachtsfeiertag. Noch heute schreckt Friedhelm Bechtel von der Berufsfeuerwehr aus dem Schlaf hoch
Mit teilweise sehr persönlichen Schilderungen von Beteiligten haben sich die Augsburger am Samstag in einem ökumenischen Gottesdienst in der St.-Anna-Kirche für die geglückte Entschärfung der Luftmine am ersten Weihnachtsfeiertag bedankt. Den Gottesdienst unter dem Gedanken „Das Leben gehört den Entschärfern“gestaltete Stadtdekanin Susanne Kasch gemeinsam mit dem Stadtdekan der katholischen Kirche Pfarrer Helmut Haug.
Wie schlecht er zwischen dem Auffinden der Bombe und der Entschärfung geschlafen habe, berichtete der Einsatzleiter der Polizei, Walter Wiedemann. Mit gemischten Gefühlen und „vorsichtiger Skepsis“sei er an diesem 25. Dezember zum Einsatz gefahren. Angesichts der Kolonnen von Hilfsfahrzeugen, die sich im ganzen Stadtgebiet bewegten, sei diese jedoch bald in „vorsichtige Zuver- sicht“umgeschlagen, dass die Stadt diesen größten Einsatz in der Geschichte der Bundesrepublik stemmen würde. „Die Hilfskräfte sind mit einer Ernsthaftigkeit, Nachhaltigkeit, Engagement und einem außerordentlichen Bemühen vorgegangen, wie ich das in keinem Einsatz zuvor erlebt habe“, so der Einsatzleiter. Auch der Bevölkerung machte er ein Kompliment, die die Evakuierung unterstützt habe und die durch außerordentliche Hilfsbereitschaft aufgefallen sei.
„Es läuft“– diese SMS des Entschärfers auf sein Diensthandy habe die Anspannung und Angst der vorangegangenen Tage wie weggewischt, erzählte Friedhelm Bechtel von der Berufsfeuerwehr. „Was für eine coole Socke“, bescheinigte er spontan dem Entschärfer. Die Tage davor hätten ihren Tribut gefordert – am Weihnachtstag sei er völlig erschöpft am frühen Abend auf dem Sofa eingeschlafen. Am Tag der Entschärfung sei er dann extra mit alten Fahrrad in den Dienst gefahren. Und obwohl alles gut gegangen ist, schrecke er noch immer nachts aus dem Schlaf auf.
Oberbürgermeister Kurt Gribl fragte in seiner Schilderung scherzhaft, ob er sich in Zukunft Sorgen machen müsse, wenn Friedhelm Bechtel mit dem Fahrrad zum Dienst erscheine. Auch ihn habe die Evakuierung und das Warten auf die Entschärfung enorm mitgenommen, so das Stadtoberhaupt. Vor allem das Gefühl, ohnmächtig abwarten zu müssen, und nichts tun zu können, sei für ihn nur schwer auszuhalten gewesen. Er berichtet von einem Interview, das er auf dem Weg zu einer der Aufnahmeeinrichtungen im Radio gehört habe, in dem der Experte vom Kampfmittelräumdienst sagte, dass im Falle einer Explosion im Umkreis von 500 Metern „alles platt“sei. Gribl bedankte sich noch einmal bei allen Helfern und Einsatzkräften und sagte, die Erfahrung, die er aus diesem Einsatz zöge, sei, wie gut Augsburg über alle Parteigrenzen hinweg als Solidargemeinschaft in so einem Fall zusammenrücken würde.
Für das Rote Kreuz sprach Kreisgeschäftsführer Michael Gebler. Mit einer kleinen Notiz seiner Frau mit den Worten „Pass auf Dich auf“, sei er um 5.30 Uhr in die Stadt gefahren, um die Arbeit des Roten Kreuseinem zes zu koordinieren. „Was ist, wenn die Bombe hochgeht“, ging an diesem Tag ständig durch seinen Kopf. Als dann die erlösende Nachricht von der erfolgreichen Entschärfung kam, sei in der Führungsgruppe spontaner Applaus ausgebrochen und der OB habe spontan alle umarmt.
Der Dankgottesdienst war auf Betreiben der Stadt initiiert worden, weil man nach diesem Ereignis nicht einfach so zur Tagesordnung übergehen wollte, so OB Gribl. Auch für viele der Teilnehmer war es ein Bedürfnis, sich zu bedanken. „Es geht nicht nur darum, eine Jacke mit einem roten Kreuz zu tragen, das Kreuz muss auch unter der Haut sein“, sagte eine Helferin vom BRK am Rande der Veranstaltung. Aus diesem Grund sei es ihr ein großes Anliegen gewesen, in die Anna-Kirche zu kommen. „Dieses Erlebnis hat mir wieder die Stärke gegeben, mich weiter im Ehrenamt zu engagieren“, so die Frau.