Augsburger Allgemeine (Land West)
Ohne Rücksicht auf Verluste
USA Donald Trump kennt kein Pardon: Ein fünfjähriges Kind wird stundenlang festgehalten, nur weil es iranische Wurzeln hat. Und eine Ministerin verliert nach Kritik am Präsidenten ihren Job
Washington
Donald Trump geht mit großer Härte gegen Kritiker seiner Politik im Regierungsapparat vor. Am Montag entließ der US-Präsident die kommissarische Justizministerin Sally Yates – weil sie Zweifel an den von ihm verhängten Einreiseverboten geäußert hatte. Aufsehen erregte auch der Fall eines angeblich verdächtigen Kindes, das am Flughafen festgehalten wurde – wegen Terrorverdachts.
Es sind emotionale Bilder: Eine Frau schließt einen kleinen Jungen in den Arm, sie drückt ihn überschwänglich, wirkt erleichtert. Das Kind iranischer Abstammung wurde zuvor am Flughafen Dulles nahe Washington vier Stunden von den Behörden aufgehalten, wie US-Medien und ein demokratischer Abgeordneter berichteten. Es ist fünf Jahre alt. Und stellt aus Sicht des Weißen Hauses eine potenzielle Gefahr dar: Trumps Sprecher kann an dem Umgang mit dem Buben jedenfalls nichts Verwerfliches finden. Es wäre irreführend und falsch anzunehmen, dass allein aufgrund des Alters oder des Geschlechts einer Person keine Gefahr von ihr ausgehen könne, sagte Sean Spicer.
Nach US-Medienberichten handelt es sich bei dem Fünfjährigen um einen im Bundesstaat Maryland lebenden US-Bürger. Der Bericht verweist auf einen Facebook-Beitrag des US-Senators Chris Van Hollen aus Maryland, der den Vorfall mit den Worten „Schäm dich, Donald Trump“kommentierte und eine Entschuldigung des Präsiden- verlangte. Ein örtlicher Fernsehsender berichtete, der Kleine sei mit einem Familienmitglied gereist. Seine Mutter stamme aus dem Iran – das Land ist eines von sieben, die vom 90-tägigen Einreisestopp betroffen sind. Flüchtlinge aus aller Welt sind für 120 Tage ausgesperrt, jene aus Syrien sogar auf unbestimmte Zeit.
Inmitten der Turbulenzen meldete sich nun sogar Trumps Vorgänger zu Wort. Er sei grundsätzlich gegen jede Diskriminierung von Menschen „aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Religion“, ließ Barack Obama erklären. In dieser Frage stünden „amerikanische Werte auf dem Spiel“.
Der Unmut über Trumps Politik reicht bis tief in die Ministerialbürokratie hinein. Nicht nur Justizministerin Yates, die ihr Amt erst vor ein paar Tagen angetreten hat, nachdem Loretta Lynch mit dem Wechsel von Obama zu Trump ausgeschieden war, hatte die Rechtmäßigkeit des Einreiseverbots infrage gestellt. Ihren Anwälten im Ministerium untersagte sie, das Dekret bei Anfechten tungen vor Gericht zu verteidigen. „Ich bin nicht überzeugt, dass dieses Dekret rechtmäßig ist“, schrieb Yates in einer Mitteilung an Mitarbeiter. Es war ihre letzte. Die Entlassung erfolgte wenige Stunden später. „Die amtierende Justizministerin, Sally Yates, hat das Justizministerium verraten“, erklärte das Weiße Haus den ungewöhnlichen Schritt. Yates hätte ihre Rolle als amtierende Ministerin ohnehin aufgeben müssen, sobald der Senat Trumps Kandidaten für das Justizministerium, Jeff Sessions, bestätigt. Der für die Yates-Nachfolge benannte kommissarische Amtsinhaber Dana Boente ließ umgehend mitteilen, er werde Trumps Anweisungen befolgen. Ärger über den Präsidenten gibt es auch im Außenministerium. Mehrere Diplomaten legten Protest gegen das Einreiseverbot ein. Trumps Sprecher Sean Spicer forderte sie zum Rücktritt auf: Sie sollten entweder mitmachen – „oder sie können gehen“.
Auch die Demokraten sind entsetzt über das rigorose Vorgehen des neuen Präsidenten und zogen Parallelen zu einem Fall aus dem Jahr 1973, der als „Samstagabend-Massaker“in die US-Geschichte einging. Der vom Watergate-Skandal bedrängte Richard Nixon feuerte damals die Führung des Justizministeriums. „Trumps Verhalten ist in Form und Ausführung Nixon-artig“, sagte ein demokratischer Kongressabgeordneter. Am Ende trug Nixons Verhalten übrigens zu seiner Amtsenthebung bei.