Augsburger Allgemeine (Land West)
Wer profitiert von der Uniklinik?
Infrastruktur Rund 4000 Menschen werden eine neue Bleibe suchen. Bei einer Veranstaltung in Kriegshaber sieht SPD-Stadtrat Stefan Quarg die Stadt Augsburg in Konkurrenz zu den umliegenden Städten Neusäß und Stadtbergen
Durch die Entstehung der Uniklinik im Westen von Augsburg werden tausende Menschen eine Bleibe suchen. Doch wo?
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Zwischen Kriegshaber, Neusäß und Stadtbergen entsteht ein riesiger Campus, auf dem sich die künftige medizinische Fakultät mit 1500 Studenten und 100 Professoren ansiedeln soll. Hinzu kommen Mitarbeiter des akademischen Mittelbaus. Das wird vor allem bei den Themen Wohnen und Verkehr Auswirkungen haben. Genau darum ging es bei einer Informationsveranstaltung des SPDOrtsvereins Kriegshaber im Zollhaus. Gastreferent war SPD-Stadtrat und Architekt Stefan Quarg.
„Die Erfahrung als Stadtplaner zeigt, dass am Ende ein Zuzug von rund 4000 Menschen zu erwarten ist, weil auch Familien mit in die Fuggerstadt kommen.“Die Frage werde sein, wo die Stadt Augsburg noch Wohnraum zur Verfügung stellen könne, so Quarg. Er rechnet damit, dass sowohl das Reese-Areal als auch der künftige Dehner-Park an der Bürgermeister-AckermannStraße und das Flak-Areal an der Neusässer Straße komplett bezogen sein werden und den Studenten und Uni-Mitarbeitern nicht mehr zur Verfügung stehen.
Der Aufbau der Medizinfakultät werde sich über fünf bis zehn Jahre hinziehen, teilte die Universität auf Anfrage unserer Zeitung mit. Die Studenten- und Professorenzahl wird sich deswegen schrittweise erhöhen. Angestrebt wird der Baube- für 2018 und der Betriebsstart der Fakultät für den Herbst 2019.
„Wir müssen es schaffen, dass diese Menschen in Augsburg leben und nicht Stadtbergen oder Neusäß große Flächen ausweisen und wir das Nachsehen haben“, so die Ansicht von Quarg. Potenziale sieht er unter anderem in dem Bereich, wo das NCR-Hochhaus stand und sich der Metro-Großhandel befindet. Aber auch Oberhausen biete Chancen. So entstehen auf dem früheren CEMA-Gelände Studentenwohnungen.
Absehbar sei aber auch, dass im Augsburger Nordwesten vorhandene Freiflächen nicht reichen werden. Quarg fürchtet deswegen, dass es zu höheren Mieten und Grundstückspreisen sowie der „Verdrängung der alteingesessenen Bevölkerung“kommen könnte. Dies werde wohl neben Kriegshaber auch den Bärenkeller und Oberhausen betreffen, wenn auch in schwächerem Umfang. „Allein der Beschluss, dass die Uniklinik kommt, habe die Grundstückspreise in Westheim um 50 Prozent steigen lassen,“berichtet er. „Wir müssen hier als Stadt regulierend eingreifen.“
Trotz der zu erwartenden Probleme sieht Quarg in der Uniklinik auch eine „riesige Chance“für die Entwicklung Augsburgs im Allgemeinen und Kriegshabers im Speziellen. Er sieht beispielsweise eine gute Möglichkeit, im Zuge des Aufbaus des medizinischen Fakultät auch die Umgestaltung der Ulmer Straße anzupacken. Ziel müsse es sein, dass diese eine ähnliche Qualität und Geschäftsstruktur erreiche wie die Augsburger Straße in Pfersee. Auch der Gieseckeplatz gegenüber der Synagoge müsse so hergerichtet werden, dass Aufenthaltsqualität besteht.
Gesprächsbedarf sieht Quarg auch noch beim Thema Verkehr. „Ich bin skeptisch, ob eine Erschließungsstraße von der Ulmer Straße zum Campus den Verkehr wirklich aufnehmen kann oder ob wir nicht noch eine zweite Zufahrtsmöglichkeit brauchen“, sagte der Stadtrat. Es müsse auch diskutiert werden, ob die Straßenbahn nach Neusäß kommen soll. Am sinnvollsten wäre für ihn die Trassenführung über die Neusässer Straße.
Dass bei den Planungen auch das Umland einbezogen werden soll, forderte Christian Rindsfüßer, SPD-Stadtrat aus Neusäß bei der Veranstaltung. Er regte unter anderem Rad- und Fußweg-Beziehungen nach Steppach an und plädierte dafür, den Bahnhalt Westheim in die Planungen einzubeziehen. Auf wenig Gegenliebe stieß er dabei zunächst bei Quarg: „Wie beteiligt ihr euch an den Kosten, so wie beim Theater? Am Ende bezahlt doch immer die Stadt. Auch bei anderen Themen waren unsere Erfahrungen mit den Neusässern nicht positiv, wie bei der geplanten Flüchtlingsunterkunft an der Grenze zum Bäginn renkeller.“Rindsfüßer empfand die Äußerungen als „unfair“, schließlich habe der Landkreis Druck gemacht. Die Neusässer Stadträte hätten den Standort für eine Flüchtlingsunterkunft beim Bärenkeller auch nicht gewollt. Auch die Sorge, Neusäß weise jetzt große Neubaugebiete aus, sei ungerechtfertigt. „Wir haben keine nennenswerten Flächen zur Verfügung.“Zudem sei ein gemeinsames Vorgehen auch deswegen sinnvoll, weil der Verdrängungswettbewerb auf dem Wohnungsmarkt Neusäß genauso betreffen könne. „Hier wird so getan, als gäbe es bei uns keine Menschen mit geringem Einkommen.“