Augsburger Allgemeine (Land West)
Eine Brandstiftung mit tragischer Vorgeschichte
Justiz Ein Mann bleibt über Jahre nur in der Wohnung. Als er sich töten will, legt er Feuer. Ein erstes Urteil wird gekippt
Vor dem Augsburger Landgericht wird seit Donnerstag abermals über eine Brandstiftung verhandelt, die einen tragischen Hintergrund hat. Der Bundesgerichtshof hat das Ersturteil aufgehoben.
15 Jahre hatte der Mann, im Prozess von dem Augsburger Anwalt Ralf Schönauer verteidigt, die Wohnung im Stadtteil Herrenbach nicht mehr verlassen. Seit seiner Kindheit lebte er in dem Mehrfamilienhaus, gemeinsam mit seiner Mutter. Sie war zuletzt ein Pflegefall gewesen. Dann, im Januar 2015 musste die Mutter ins Heim, sollte der 54-Jährige ausziehen. Wegen ausbleibender Miete hatte die Hausverwaltung ihm gekündigt. Die Kontakte des 54-Jährigen zur Außenwelt hatten sich all die Jahre auf das Internet beschränkt. Was er zum Leben brauchte, ließ er sich liefern.
Der 54-Jährige, der schon länger unter Panikattacken litt, wollte nicht mehr Leben. Er steckte nachts die Wohnung in Brand, verriegelte Fenster und Türen, nahm eine große Menge Schlaftabletten ein. Doch er wurde – bereits bewusstlos – gerettet. Das Feuer richtete nur geringen Schaden an. Ein Nachbarsehepaar, durch Brandgeruch wach geworden, hatte frühzeitig die Feuerwehr alarmiert.
Angeklagt der schweren Brandstiftung hatte die Erste Strafkammer den 54-Jährigen zu einer milden Haftstrafe von etwas über zwei Jahre verurteilt. Darüber hinaus hatte das Gericht angeordnet, dass er in eine psychiatrische Klinik eingewiesen wird. Beides hob der Bundesgerichtshof auf, nachdem der Anwalt des 54-Jährigen Revision eingelegt hatte. Der Fall wird jetzt vor der Achte Strafkammer neu verhandelt. Für den zweiten Prozess hat sich der Angeklagte von Ralf-Michael Schulte, einen bundesweit anerkannten Sachverständigen im Bereich der forensischen Psychiatrie begutachten lassen.