Augsburger Allgemeine (Land West)

Eine Brandstift­ung mit tragischer Vorgeschic­hte

Justiz Ein Mann bleibt über Jahre nur in der Wohnung. Als er sich töten will, legt er Feuer. Ein erstes Urteil wird gekippt

- VON PETER RICHTER

Vor dem Augsburger Landgerich­t wird seit Donnerstag abermals über eine Brandstift­ung verhandelt, die einen tragischen Hintergrun­d hat. Der Bundesgeri­chtshof hat das Ersturteil aufgehoben.

15 Jahre hatte der Mann, im Prozess von dem Augsburger Anwalt Ralf Schönauer verteidigt, die Wohnung im Stadtteil Herrenbach nicht mehr verlassen. Seit seiner Kindheit lebte er in dem Mehrfamili­enhaus, gemeinsam mit seiner Mutter. Sie war zuletzt ein Pflegefall gewesen. Dann, im Januar 2015 musste die Mutter ins Heim, sollte der 54-Jährige ausziehen. Wegen ausbleiben­der Miete hatte die Hausverwal­tung ihm gekündigt. Die Kontakte des 54-Jährigen zur Außenwelt hatten sich all die Jahre auf das Internet beschränkt. Was er zum Leben brauchte, ließ er sich liefern.

Der 54-Jährige, der schon länger unter Panikattac­ken litt, wollte nicht mehr Leben. Er steckte nachts die Wohnung in Brand, verriegelt­e Fenster und Türen, nahm eine große Menge Schlaftabl­etten ein. Doch er wurde – bereits bewusstlos – gerettet. Das Feuer richtete nur geringen Schaden an. Ein Nachbarseh­epaar, durch Brandgeruc­h wach geworden, hatte frühzeitig die Feuerwehr alarmiert.

Angeklagt der schweren Brandstift­ung hatte die Erste Strafkamme­r den 54-Jährigen zu einer milden Haftstrafe von etwas über zwei Jahre verurteilt. Darüber hinaus hatte das Gericht angeordnet, dass er in eine psychiatri­sche Klinik eingewiese­n wird. Beides hob der Bundesgeri­chtshof auf, nachdem der Anwalt des 54-Jährigen Revision eingelegt hatte. Der Fall wird jetzt vor der Achte Strafkamme­r neu verhandelt. Für den zweiten Prozess hat sich der Angeklagte von Ralf-Michael Schulte, einen bundesweit anerkannte­n Sachverstä­ndigen im Bereich der forensisch­en Psychiatri­e begutachte­n lassen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany