Augsburger Allgemeine (Land West)
Naturpark Stüble für die Stauden
Wer in den westlichen Wäldern wandern will, sollte sich rechtzeitig auf den Heimweg machen. Warum ein Wettbewerb in München das ändern könnte.
Gessertshausen/Langenneufnach
Wanderer in den Stauden sollten besser bei Einbruch der Dunkelheit zu Hause sein, denn Übernachtungsmöglichkeiten sind rar. So hat es die Wirtschaftsförderung im Landratsamt festgestellt und eine Idee ersonnen, wie es ein wenig besser werden könnte. Deren Kernbestandteile, zwei auf edel getrimmte Bauwagen, zwei Münchner Ministerien und ein Wettbewerb, bei dem den Siegern 70 Prozent Zuschuss winken.
Ersonnen wurde das Ganze offenbar in den Ministerien für Umwelt und Wirtschaft, die nun den Naturtourismus fördern wollen. Städtereisen zu Münchens oder Augsburgs Sehenswürdigkeiten dürften damit vermutlich ebenso wenig gemeint sein wie die Förderung eines beschneibaren Skilifts in den Bergen.
Beides ist in den ländlichen Regionen des Augsburger Landes weit und breit nicht in Sicht. Dafür gibt es den Naturpark Westliche Wälder: Über 1200 Quadratkilometer groß, 45 Prozent Waldanteil, durchzogen von Wanderwegen: ein Eldorado für Naturliebhaber auf Schusters Rappen – sofern sich die wieder rechtzeitig auf den Heimweg machen. Denn egal ob Jakobus-Pilgerweg, Pfarrer-Kneipp-Wanderweg oder Stauden–Meditationsweg: an ihrem Rand mangele es an geeigneten Herbergen, stellen die Wirtschaftsförderer fest. „Übernachtungsmöglichkeiten finden sich eher spärlich, oft weitab der Wegstrecke.“
An diesem Punkt setzt nun der Wettbewerbsbeitrag aus dem Augsburger Land an, den der Landkreis gemeinsam mit dem Naturparkverein und der Tourismusgesellschaft Regio aufs Gleis setzen will. Kern sind zwei Wagen aus Holz, deren Silhouette denen von Bauwagen ähnelt, wenngleich edler ausgestattet. Sie sollen als Übernachtungsmöglichkeiten am Weiherhof beim Kloster Oberschönenfeld und am Alten Sportplatz von Langenneufnach stehen. „Naturpark-Stüble“nennt sich das Projekt, das dem Steuerzahler knapp 50 000 Euro kosten soll. Hinzu kämen noch weitere Info-Tafeln, eine Verlängerung von Wanderwegen, Werbematerial etc, sodass unter dem Strich Gesamtkosten von 100 000 Euro herauskämen. Diese Summe ist deshalb wichtig, weil damit der maximale Fördersatz von 70 000 Euro abzugreifen wäre – so denn die Juroren vom Beitrag aus dem Augsburger Land überzeugt sind. Landesweit wird es nämlich nur drei Sieger geben. CSU-Fraktionschef Lorenz Müller zeigte sich ganz angetan von dem Wettbewerbsbeitrag. Die Stauden seien „die Toskana Bayerns“und „die zwei Wagen sehen schon gut aus.“Die Vertreter anderer Fraktionen waren weniger angetan, als jetzt die Pläne im Kreisausschuss vorgestellt wurden. Ihr Urteil reichte von „schnell aus dem Boden gestampft (Ursula Jung, Grüne) bis „gut gemeint, aber nicht wirklich überzeugend“(Markus Brem, FW).
An diesem Urteil änderte sich auch nichts mehr, als sich ein echter Jakobsweg-Wanderer für die Sache ins Zeug legte. Vize-Landrat Heinz Liebert berichtete, dass entlang der berühmten Strecke ausgerechnet im Land der Reise-Weltmeister das Übernachtungsangebot am dünnsten sei.
Wie auch immer: Ausschlaggegend für das Wohl und Wehe des Projekts sind die heimischen Politiker vorerst nicht mehr. Zuerst gilt es die Juroren in München von dem Konzept des „Naturpark-Stübles“nebst Zubehör zu überzeugen.