Augsburger Allgemeine (Land West)
Sechs Wochen ohne Auto: Geht das?
Verkehr Das Umweltbundesamt und die Grünen rufen zum Autofasten auf. So kommt diese Idee bei Firmen, Eltern und Pendlern an
Landkreis Augsburg Allein 35660 Menschen aus dem Landkreis Augsburg fahren täglich zu ihrer Arbeitsstelle nach Augsburg. Viele von ihnen nehmen das Auto, die Fahrt mit Zug oder Bus ist besonders für Bewohner kleiner Orte oft umständlich. Die Folgen: Verkehrschaos auf den Straßen zu den Stoßzeiten und schlechte Luft. Ein freiwilliges „Autofasten“ist der neueste Vorschlag von Umweltbundesamt und den Grünen. Von Aschermittwoch bis Ostern sollen Privatautos stehen bleiben. Aber ist das machbar? Was sagen Firmen aus der Region dazu? Und wie finden Bürger diesen Vorstoß?
Ingrid Knöpfle vom Industriepark Gersthofen steht der Idee skeptisch gegenüber. „Ein großer Teil der Mitarbeiter der hier ansässigen Firmen arbeitet im Schichtdienst“, sagt sie. Unregelmäßige Arbeitszeiten, oftmals auch früh morgens und nachts, machten es fast unmöglich, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu kommen. Natürlich gäbe es trotzdem einige Angestellte, die mit Bus und Bahn anreisen, betont die Pressesprecherin. Für die meisten Mitarbeiter des Industrieparks wäre ein Autofasten aber kaum vorstellbar. „Außerdem ist in der Fastenzeit auch einfach kein Fahrrad-Wetter“, so Knöpfle.
Erst wenn es wieder wärmer wird, würden mehr Kollegen für den Arbeitsweg wieder aufs Fahrrad umsteigen, bestätigt die Pressesprecherin der Stadt Neusäß, Kerstin Weidner. Die Stadt habe inzwischen das zweite E-Bike für Mitarbeiter angeschafft: eines für die Verkehrsüberwachung und eines für den Bauhof.
Irene Großer vom Augsburger Verkehrsverbund (AVV) begrüßt ein freiwilliges Autofasten. „So hätten wir die Chance, Fahrgäste dazuzugewinnen, indem wir sie von unseren Leistungen überzeugen“, sagt die Pressesprecherin. Sie hofft, dass Autopendler so die Vorteile des Arbeitswegs mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erkennen. „Man kann einfach sein Ding machen und vertrödelt keine Zeit im Stau oder auf der Suche nach einem Parkplatz“, erklärt sie.
Auch Jürgen Fergg von den Stadtwerken Augsburg begrüßt die Initiative. Sie wäre eine „gute Erfahrung für viele, die glauben sie könnten sich nicht anders fortbewegen“. Alternativen zum Auto aufzuzeigen sei wichtig, denn weniger Verkehr bedeute auch bessere Lebensqualität sowohl in der Stadt als auch auf dem Land, erklärt der Pressesprecher.
Was es heißt, auf dem Land mobil zu bleiben, weiß Manuela Rauch. Sie ist Mutter von drei Kindern und wohnhaft in Dinkelscherben. Autofasten hält sie für einen gut gemeinten Denkanstoß. Aus ihrem Familienalltag weiß sie aber auch: „Hier draußen auf dem Land ist es so gut wie unmöglich auf das Auto zu verzichten, gerade wenn man Kinder hat“. Als sie mit dem dritten Kind schwanger war, habe sie es sogar eine Zeit lang ohne Auto probiert. „Mit zwei Kindern im Schlepptau war aber schon der Fußmarsch zum Einkaufen anstrengend und nervig“, gibt sie zu. Das größte Problem sei die Infrastruktur, die auf dem Land nicht so gut ausgebaut ist wie in der Stadt.
Erinnerungen an den autofreien Sonntag
Bei so manchem werden durch die Initiative fürs Autofasten Erinnerungen wach: Robert Pleier aus Gersthofen denkt zurück an die 1970er-Jahre. „Damals gab es ja noch den autofreien Sonntag, und ich fand das gut. Ich glaube auch, dass viele Leute eher traurig waren, als der Tag wieder abgeschafft wurde“, erklärt Pleier. Für ihn wäre sogar die Verpflichtung, über bestimmte Zeiträume auf das Auto zu verzichten, kein Problem.
Nicht ganz so überzeugt davon ist Claudia Haas. Die junge Mutter aus Gersthofen braucht zwar kein Auto, denn sie mache sowieso alles zu Fuß oder mit dem Kinderwagen, doch sie denkt bei ihrer Skepsis an ihren Mann. „Er arbeitet in Friedberg, muss also jeden Tag das Auto nehmen.“»Aufgefallen