Augsburger Allgemeine (Land West)
Freileitungen geben künftig digitale Daten weiter
Energie Intelligente Zähler sollen den Verbrauch koordinieren. Was ein Pilotprojekt in Gersthofen bisher ergeben hat
Dass über das Fernsehkabel auch Daten übertragen werden können, ist nicht zuletzt denen bekannt, die mit ihrem „Smart-TV“auch im Internet surfen. Inwieweit sich das ganz normale Stromleitungsnetz für eine Datenübertragung eignet, wird gerade bei acht Haushalten in der Gersthofer Stiftersiedlung geprüft. Eine Zwischenbilanz dazu falle sehr positiv aus, hieß es im Energie- und Umweltausschuss.
Im Pilotprojekt „Smart Powerline“untersucht die LWE Verteilnetz GmbH (LVN), ob eine Datenübertragung über Stromfreileitungen ähnlich wie bei einem Telefonkabel möglich ist. Konkret geht es darum, Daten aus intelligenten Messsystemen, auch „Smartmeter“genannt, über ganz normale Stromfreileitungen an eine Datenschnittstelle zu übermitteln.
Darum geht es: Verbraucher sollen den Strom künftig dann verstärkt nutzen, wenn ihn seine alternativen Quellen im Überfluss zur Verfügung stellen – wenn also der Wind weht und die Sonne vom Himmel scheint. Möglich machen dies intelligente Stromzähler, die allerdings noch in der Erprobungsphase sind. Auf diese Weise sollen Verbraucher einen detaillierten Einblick in ihren Stromverbrauch erhalten und ihre Energie dann effizienter nutzen. Durch die neuen Techniken könnten eines Tages die Strompreise – ähnlich wie bereits jetzt schon die Benzinpreise – je nach Tageszeit variieren.
Bislang funktionieren intelligente Stromzähler nur über Glasfaser-/ Telefonleitung oder Mobilfunk. Letzterer stößt an seine Grenzen, wenn der Stromzähler im ersten oder zweiten Stock, ja vielleicht gar im Keller installiert ist. Zudem fallen bei diesen Techniken laufend Kosten an.
Hinzu kommt, dass im Bereich der Lechwerke (LEW), also grob gesagt in ganz Schwaben und darüber hinaus, 45 Prozent der Strombezieher nicht über Erdkabel, sondern über Freileitungen versorgt werden. Darum wurde ein Pilotprojekt gestartet, bei dem die Anbindung intelligenter Stromzähler über Freileitungen getestet wird.
„Die Ergebnisse zeigen, dass die Daten aus den Haushalten stabil über das örtliche Stromnetz übertragen werden können“, erklärt Stefan Edtbauer, der Leiter des Pilotprojekts. Mit rund sechs Megabit pro Sekunde (Mbit/s) selbst an technisch ungünstigen Positionen lag die Bandbreite deutlich höher als erwartet. „Die Verfügbarkeit lag im Schnitt bei mehr als 99 Prozent.“Beim DSL-Verfahren würden in der Regel 96 Prozent gewährleistet, so Edtbauer.
Das bedeutet, dass, wenn in Zukunft viele Haushalte mit intelligenten Messsystemen ausgestattet sind, die vorhandenen Stromleitungen eine tragende Rolle bei der Datenübertragung übernehmen könnten – ohne zusätzliche Leitungen aufzubauen.
Max Poppe (CSU) fragte nach den Kosten, die das neue System für die Verbraucher bedeute. Den Fachleuten zufolge sei das mit circa 100 Euro für einen Privatkunden relativ günstig. „Momentan ist es nicht vorgesehen, alle Verbrauchsstellen zu digitalisieren“, versicherte Peter Kraus von der LVN. Die neuen Zähler sollen etwa ab 2020 in alle Haushalte mit einem jährlichen Stromverbrauch von 6000 Kilowattstunden oder einer Einspeiseleistung von mehr als sieben Kilowatt eingebaut werden. Laut Stromspiegel 2016 verbraucht ein Haushalt mit drei Personen im Schnitt 3800 Kilowattstunden im Jahr, bei vier Personen sind es 4200.
Albert Kaps (Pro Gersthofen) hatte Bedenken wegen des Datenschutzes: „Wird dann mein Verbrauch auch anderen außerhalb des Energieversorgers transparent gemacht?“
Rund 100 Euro Kosten für Privatkunden