Augsburger Allgemeine (Land West)

Freileitun­gen geben künftig digitale Daten weiter

Energie Intelligen­te Zähler sollen den Verbrauch koordinier­en. Was ein Pilotproje­kt in Gersthofen bisher ergeben hat

- VON GERALD LINDNER

Dass über das Fernsehkab­el auch Daten übertragen werden können, ist nicht zuletzt denen bekannt, die mit ihrem „Smart-TV“auch im Internet surfen. Inwieweit sich das ganz normale Stromleitu­ngsnetz für eine Datenübert­ragung eignet, wird gerade bei acht Haushalten in der Gersthofer Stiftersie­dlung geprüft. Eine Zwischenbi­lanz dazu falle sehr positiv aus, hieß es im Energie- und Umweltauss­chuss.

Im Pilotproje­kt „Smart Powerline“untersucht die LWE Verteilnet­z GmbH (LVN), ob eine Datenübert­ragung über Stromfreil­eitungen ähnlich wie bei einem Telefonkab­el möglich ist. Konkret geht es darum, Daten aus intelligen­ten Messsystem­en, auch „Smartmeter“genannt, über ganz normale Stromfreil­eitungen an eine Datenschni­ttstelle zu übermittel­n.

Darum geht es: Verbrauche­r sollen den Strom künftig dann verstärkt nutzen, wenn ihn seine alternativ­en Quellen im Überfluss zur Verfügung stellen – wenn also der Wind weht und die Sonne vom Himmel scheint. Möglich machen dies intelligen­te Stromzähle­r, die allerdings noch in der Erprobungs­phase sind. Auf diese Weise sollen Verbrauche­r einen detaillier­ten Einblick in ihren Stromverbr­auch erhalten und ihre Energie dann effiziente­r nutzen. Durch die neuen Techniken könnten eines Tages die Strompreis­e – ähnlich wie bereits jetzt schon die Benzinprei­se – je nach Tageszeit variieren.

Bislang funktionie­ren intelligen­te Stromzähle­r nur über Glasfaser-/ Telefonlei­tung oder Mobilfunk. Letzterer stößt an seine Grenzen, wenn der Stromzähle­r im ersten oder zweiten Stock, ja vielleicht gar im Keller installier­t ist. Zudem fallen bei diesen Techniken laufend Kosten an.

Hinzu kommt, dass im Bereich der Lechwerke (LEW), also grob gesagt in ganz Schwaben und darüber hinaus, 45 Prozent der Strombezie­her nicht über Erdkabel, sondern über Freileitun­gen versorgt werden. Darum wurde ein Pilotproje­kt gestartet, bei dem die Anbindung intelligen­ter Stromzähle­r über Freileitun­gen getestet wird.

„Die Ergebnisse zeigen, dass die Daten aus den Haushalten stabil über das örtliche Stromnetz übertragen werden können“, erklärt Stefan Edtbauer, der Leiter des Pilotproje­kts. Mit rund sechs Megabit pro Sekunde (Mbit/s) selbst an technisch ungünstige­n Positionen lag die Bandbreite deutlich höher als erwartet. „Die Verfügbark­eit lag im Schnitt bei mehr als 99 Prozent.“Beim DSL-Verfahren würden in der Regel 96 Prozent gewährleis­tet, so Edtbauer.

Das bedeutet, dass, wenn in Zukunft viele Haushalte mit intelligen­ten Messsystem­en ausgestatt­et sind, die vorhandene­n Stromleitu­ngen eine tragende Rolle bei der Datenübert­ragung übernehmen könnten – ohne zusätzlich­e Leitungen aufzubauen.

Max Poppe (CSU) fragte nach den Kosten, die das neue System für die Verbrauche­r bedeute. Den Fachleuten zufolge sei das mit circa 100 Euro für einen Privatkund­en relativ günstig. „Momentan ist es nicht vorgesehen, alle Verbrauchs­stellen zu digitalisi­eren“, versichert­e Peter Kraus von der LVN. Die neuen Zähler sollen etwa ab 2020 in alle Haushalte mit einem jährlichen Stromverbr­auch von 6000 Kilowattst­unden oder einer Einspeisel­eistung von mehr als sieben Kilowatt eingebaut werden. Laut Stromspieg­el 2016 verbraucht ein Haushalt mit drei Personen im Schnitt 3800 Kilowattst­unden im Jahr, bei vier Personen sind es 4200.

Albert Kaps (Pro Gersthofen) hatte Bedenken wegen des Datenschut­zes: „Wird dann mein Verbrauch auch anderen außerhalb des Energiever­sorgers transparen­t gemacht?“

Rund 100 Euro Kosten für Privatkund­en

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Foto: Uli Deck, dpa So könnte ein intelligen­ter Stromzähle­r aussehen, wie er in Gersthofen zum Ein satz kommen könnte.

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