Augsburger Allgemeine (Land West)
Zwölf sinnliche Stimmen bringen Halle zum Kochen
Konzert „The 12 Tenors“ernten in Gersthofen frenetischen Applaus für ihre klassischen Arien und rockigen Welthits. Am Ende der Show fallen sogar noch die Hüllen
Gersthofen Sie kommen bis von Italien, London und New York, sie sprühen voller männlicher Energie und sie glänzen seit zehn Jahren in erster Linie durch eines: ihre voluminösen Opernstimmen. Die 12 Tenors haben auf ihrer Jubiläumstournee auch der Stadt Gersthofen einen Besuch abgestattet und mit einem Programm, das sämtliche Genregrenzen zu überwinden wusste, die nahezu ausverkaufte Stadthalle zum Toben gebracht.
Als zu einem spannenden Trommelwirbel ein ganzes Dutzend attraktiver junger Männer ins blaue Schummerlicht der Bühne trat, hätte man einstweilig denken können, auf dem Konzert einer neuen Boygroup oder gar bei den berühmt-berüchtigten Chippendales gelandet zu sein. Doch der erste gesangliche Gruppenbeitrag der zwölf Herren überzeugte sogleich von deren eigentlichen Fähigkeiten: Statt sich den Besuchern mit langwierigen Worten vorzustellen, wartete jeder einzelne Sänger mit einer anderen Textzeile des italienischen Schunkelhits „Funiculi Funicula“auf, was sogleich einen tosenden Beifall der Zuschauer nach sich zog.
Und dann ging es Schlag auf Schlag in die Welt der schönen Melodien: Italienische Opernarien, Welterfolge von den Comedian Harmonists bis hin zu populären Kultsongs von Queen oder den Beatles formten das bunte Repertoire der Interpreten, die ihre Arrangements mit ergreifenden Solopartien und klanggewaltigen Chorgesängen ausgestalteten.
Doch wer erwartete, dass hier zwölf Herren zwei Stunden lang festgefroren auf der Bühne stehen würden, hatte sich gewaltig geirrt: Mit einer sanguinischen Energie sprangen die jungen Tenöre während des Singens kreuz und quer über die ganze Bühne, erstaunten mit erstklassig synchronisierten Tanzchoreografien und inszenierten sich selbst immer wieder neu durch das betörende Spiel aus mystischen Farbeffekten, Lichterspielen und menschlichen Silhouetten, was sich aufgrund des professionellen Be- leuchtungsfeuerwerks seitens der Technik zu einem eigenen visuellen Meisterwerk entwickelte. Und schnell wurde deutlich: Bezüglich ihrer dargebotenen Genres scheinen sich die zwölf Gentlemen ebenfalls von niemandem etwas vorschreiben zu lassen, denn auch wenn John Lennons „Imagine“direkt auf „Mein kleiner grüner Kaktus“folgte, bedeute dies keinesfalls einen etwaigen Stilbruch, sondern machte vielmehr Lust auf weitere Stimmenkünste.
Im Publikum stieg die Stimmung immer weiter und war schließlich bei Michael Jacksons „Thriller“auf dem ersten Höhepunkt angekommen - brillant arrangiert und dennoch höchst skurril, wie die Herren in ihren eleganten Anzügen als untote Gruselgestalten über die Bühne zuckten.
Doch dies war nur der Auftakt zum zweiten Teil der Bühnenshow, der zunehmend eine euphorische Partystimmung verströmte: Die britischen Balladen wichen rockigen Songs von Queen und Europe, die italienischen Klassikkompositionen wurden abgelöst durch ergreifende Musicalstücke aus Evita oder Saturday Night Fever. Als beim fetzigen „We will rock you“schließlich auch noch so manche Bekleidungshülle im Sängerensemble fiel, war zumindest unter den Damen im Publikum zeitweilig die lautstarke Atmosphäre eines schlüpfrigen Boyband-Auftritts zu vernehmen. Doch auch für alle anderen Gäste war genügend Unterhaltung geboten: professionelle Tenöre, populäre Hits aus sämtlichen Stilrichtungen und eine energiegeladene Bühnenshow voller Dynamik, Witz und visueller Sinnesreize.
Rhythmisches Klatschen und johlende Beifallsstürme
Doch ob die 12 Tenors für ihre mitreißende Vorstellung am Ende des Abends Standing Ovations erhalten haben, war gar nicht so klar: Längst hatten sich die Gäste von ihren Sitzen erhoben, um den jungen Herren auf der Bühne mit rhythmischem Klatschen und johlenden Beifallsstürmen ihre frenetische Begeisterung entgegenzubringen.