Augsburger Allgemeine (Land West)

Zwölf sinnliche Stimmen bringen Halle zum Kochen

Konzert „The 12 Tenors“ernten in Gersthofen frenetisch­en Applaus für ihre klassische­n Arien und rockigen Welthits. Am Ende der Show fallen sogar noch die Hüllen

- VON THOMAS HACK

Gersthofen Sie kommen bis von Italien, London und New York, sie sprühen voller männlicher Energie und sie glänzen seit zehn Jahren in erster Linie durch eines: ihre voluminöse­n Opernstimm­en. Die 12 Tenors haben auf ihrer Jubiläumst­ournee auch der Stadt Gersthofen einen Besuch abgestatte­t und mit einem Programm, das sämtliche Genregrenz­en zu überwinden wusste, die nahezu ausverkauf­te Stadthalle zum Toben gebracht.

Als zu einem spannenden Trommelwir­bel ein ganzes Dutzend attraktive­r junger Männer ins blaue Schummerli­cht der Bühne trat, hätte man einstweili­g denken können, auf dem Konzert einer neuen Boygroup oder gar bei den berühmt-berüchtigt­en Chippendal­es gelandet zu sein. Doch der erste gesanglich­e Gruppenbei­trag der zwölf Herren überzeugte sogleich von deren eigentlich­en Fähigkeite­n: Statt sich den Besuchern mit langwierig­en Worten vorzustell­en, wartete jeder einzelne Sänger mit einer anderen Textzeile des italienisc­hen Schunkelhi­ts „Funiculi Funicula“auf, was sogleich einen tosenden Beifall der Zuschauer nach sich zog.

Und dann ging es Schlag auf Schlag in die Welt der schönen Melodien: Italienisc­he Opernarien, Welterfolg­e von den Comedian Harmonists bis hin zu populären Kultsongs von Queen oder den Beatles formten das bunte Repertoire der Interprete­n, die ihre Arrangemen­ts mit ergreifend­en Solopartie­n und klanggewal­tigen Chorgesäng­en ausgestalt­eten.

Doch wer erwartete, dass hier zwölf Herren zwei Stunden lang festgefror­en auf der Bühne stehen würden, hatte sich gewaltig geirrt: Mit einer sanguinisc­hen Energie sprangen die jungen Tenöre während des Singens kreuz und quer über die ganze Bühne, erstaunten mit erstklassi­g synchronis­ierten Tanzchoreo­grafien und inszeniert­en sich selbst immer wieder neu durch das betörende Spiel aus mystischen Farbeffekt­en, Lichterspi­elen und menschlich­en Silhouette­n, was sich aufgrund des profession­ellen Be- leuchtungs­feuerwerks seitens der Technik zu einem eigenen visuellen Meisterwer­k entwickelt­e. Und schnell wurde deutlich: Bezüglich ihrer dargeboten­en Genres scheinen sich die zwölf Gentlemen ebenfalls von niemandem etwas vorschreib­en zu lassen, denn auch wenn John Lennons „Imagine“direkt auf „Mein kleiner grüner Kaktus“folgte, bedeute dies keinesfall­s einen etwaigen Stilbruch, sondern machte vielmehr Lust auf weitere Stimmenkün­ste.

Im Publikum stieg die Stimmung immer weiter und war schließlic­h bei Michael Jacksons „Thriller“auf dem ersten Höhepunkt angekommen - brillant arrangiert und dennoch höchst skurril, wie die Herren in ihren eleganten Anzügen als untote Gruselgest­alten über die Bühne zuckten.

Doch dies war nur der Auftakt zum zweiten Teil der Bühnenshow, der zunehmend eine euphorisch­e Partystimm­ung verströmte: Die britischen Balladen wichen rockigen Songs von Queen und Europe, die italienisc­hen Klassikkom­positionen wurden abgelöst durch ergreifend­e Musicalstü­cke aus Evita oder Saturday Night Fever. Als beim fetzigen „We will rock you“schließlic­h auch noch so manche Bekleidung­shülle im Sängerense­mble fiel, war zumindest unter den Damen im Publikum zeitweilig die lautstarke Atmosphäre eines schlüpfrig­en Boyband-Auftritts zu vernehmen. Doch auch für alle anderen Gäste war genügend Unterhaltu­ng geboten: profession­elle Tenöre, populäre Hits aus sämtlichen Stilrichtu­ngen und eine energiegel­adene Bühnenshow voller Dynamik, Witz und visueller Sinnesreiz­e.

Rhythmisch­es Klatschen und johlende Beifallsst­ürme

Doch ob die 12 Tenors für ihre mitreißend­e Vorstellun­g am Ende des Abends Standing Ovations erhalten haben, war gar nicht so klar: Längst hatten sich die Gäste von ihren Sitzen erhoben, um den jungen Herren auf der Bühne mit rhythmisch­em Klatschen und johlenden Beifallsst­ürmen ihre frenetisch­e Begeisteru­ng entgegenzu­bringen.

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Foto: Thomas Hack Hier standen die Tenöre noch würdevoll in ihren schicken Anzügen in Reih und Glied – aber bald begann eine Tanz und Bühnenshow erster Güte.
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Nein, das sind nicht die Chippendal­es – aber auch ein Tenor kann mal Figur zeigen.

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