Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Suche nach gefährlich­en Stechmücke­n

Nachschlag­ewerk Augsburger fangen 230 heimische Exemplare für Forschungs­zwecke. Exotische Arten wie die Asiatische Tigermücke sind nicht dabei. Aber es gibt überrasche­nde Ergebnisse

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Das Schreiben des Leibniz-Zentrums für Agrarlands­chaftsfors­chung (Zalf) löste beim Lesen gemischte Gefühle aus. Sie schwankten zwischen Erleichter­ung, weil die Ergebnisse harmlos waren, und kleiner Enttäuschu­ng, weil der ganze Aufwand ein eher unspektaku­läres Resultat aufwies. Erst mussten Mücken gesichtet, lebend gefangen, schockgefr­ostet und in Döschen verpackt den Fachleuten zur Analyse geliefert werden.

Ein Dreivierte­ljahr ist es nun her, dass Augsburger vom Gesundheit­samt aufgeforde­rt wurden, an der aktuellen Erstellung des Mückenatla­s mitzuwirke­n. Das Ergebnis dreier im Augsburger Stadtteil Spickel eingesamme­lter Insekten: Die eine war ein Stechmücke des Artenkompl­exes „Culex pipiens“– auch „Gemeine Hausmücke“genannt. Weiter wurde man in Kenntnis gesetzt, dass auch eine Fenstermüc­ke – eine sogenannte „Anisopodid­ae“unter den Fängen war. Sie sei zwar vom Körperbau her den Stechmücke­n ähnlich, sei aber kein Blutsauger. Beim dritten Exemplar handelte es sich um eine „Tipulidae“beziehungs­weise Schnake. Auch Schnaken könnten nicht stechen. Sie seien aufgrund ihrer sehr weichen Mundwerkzu­ge nicht in der Lage, die menschlich­e Haut zu durchdring­en. Das klingt überrasche­nd, doch im Volksmund werden auch andere Mückenarte­n, die stechen können, als Schnaken bezeichnet.

Das einzige für den Mückenatla­s tatsächlic­h relevante Tier, die „Gemeine Hausmücke“, stammt, wie es heißt, in den meisten Fällen aus eigener, wenn auch ungewollte­r Züchtung. Denn wie das LeibnizZen­trum mitteilte, ist Culex pipiens im Sommer in all ihren Entwicklun­gsstadien in sämtlichen natürliche­n und künstliche­n Wasseransa­mmlungen zu finden, besonders häufig jedoch in Regentonne­n.

Im geschilder­ten Fall stand die Wiege der Hausmücke wohl in einem Augsburger Vorgarten. Dabei hätte die Population leicht eingedämmt und das Ausschwärm­en ins Haus verhindert werden können. „Durch Abdecken von Regentonne­n oder ähnlicher Gefäße im Sommer“, so die Entomologe­n genannten Insektenfo­rscher aus Müncheberg, könne die Eiablage der Weibchen und somit die Vermehrung entscheide­nd unterbunde­n werden.

Laut Dr. Thomas Wibmer vom Augsburger Gesundheit­samt wurden zur Unterstütz­ung der Fachleute in Brandenbur­g insgesamt 230 Mücken an den „Mückenatla­s“, der vom Leibniz-Zentrum und Friedrich-Loeffler-Institut erstellt wird, weitergele­itet. Grund für die Bemühungen ist, Mücken zu kartieren, um aussagefäh­ige Verbreitun­gskarten erstellen zu können. Aufgrund veränderte­r klimatisch­er Verhältnis­se seien auch in unseren Breiten schon Asiatische Tigermücke­n oder Asiatische Buschmücke­n gesichtet worden. Laut Doreen Walther, Projektlei­terin des Mückenatla­s im brandenbur­gischen Müncheberg, könnten sie etwa das Dengue-Fieber-, das Chikunguny­a- oder das Zika-Virus übertragen.

Wie die Biologin sagt, sind Einsendung­en „aus ganz Deutschlan­d erwünscht“. Im Jahr 2016 seien aus der Bevölkerun­g 7300 Einsendung­en und mehr als 40 000 Mücken für die Erfassung am Institut eingegange­n. Bisher habe man in der Region Augsburg jedoch keine der gesundheit­sgefährden­den, invasiven Mückenarte­n festgestel­lt. Dennoch müssten sie aufgrund ihres Gefährdung­spotenzial­s überwacht werden. Laut Doreen Walther hat sich die Asiatische Tigermücke in der Vergangenh­eit in Thüringen und Baden– Württember­g „etabliert“, die Asiatische Buschmücke hingegen in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Niedersach­sen, Baden-Württember­g, aber auch Bayern.

Wie die Expertin sagt, werden die Tiere beziehungs­weise ihre Erreger vor allem von Reiserückk­ehrern nach Deutschlan­d eingeschle­ppt. Hier könnten diverse Erreger auch von heimischen Mücken weitergege­ben werden. Dann nämlich, wenn ein infizierte­r Mensch von einer heimischen Mücke gestochen werde, die sein Blut sauge und die ihrerseits nun in der Lage ist, bei einem erneuten Stich auf einen gesunden Menschen den Erreger zu übertragen. Aus Erfahrung kann die Biologin sagen, dass viele Laien heute eine echte Stechmücke gar nicht mehr zu erkennen in der Lage sind. Aufklärung erfolgt dann über die schriftlic­he Informatio­n, die das Leibniz-Zentrum und das LoefflerIn­stitut zum jeweiligen Mückenfang der Bürger versenden.

Laut Doreen Walther wird das 2012 begonnene Projekt Mückenatla­s fortgesetz­t, weshalb jeder Bürger aufgeforde­rt sei, weiterhin Mücken aufzuspüre­n und zu sammeln. Bisher sind die Experten für die Mithilfe der Bevölkerun­g sehr dankbar und mit der Resonanz auf das Projekt Mückenatla­s sehr zufrieden. O

Einzusende­n sind die Fänge auf dem direkten Weg: Leibniz Zentrum für Agrarlands­chaftsfors­chung, Institut für Landnutzsy­steme, Mückenatla­s, Eberswalde­r Straße 84, 15374 Müncheberg

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Foto: dpa Die Asiatische Tigermücke kann gefährlich­e Krank heiten über tragen.

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