Augsburger Allgemeine (Land West)
Zwischen Popart und Pastell
Vernissage Kathrina Rudolph zeigt unterschiedliche Kunststile im Stadtberger Rathausfoyer
Stadtbergen
Wer die aktuelle Gemäldegalerie im Stadtberger Rathaus besucht, bekommt nicht nur eine einzelne, sondern gewissermaßen gleich vier verschiedene Kunstausstellungen zu sehen. Und dennoch stammen sämtliche Werke aus der Hand derselben Schöpferin: Kunstpreisträgerin Kathrina Rudolph präsentiert im Foyer des Gebäudes eine Vielzahl von Exponaten, die mittels ganz unterschiedlicher Techniken und Stile ihre nachhaltigen Wirkungen entfalten.
Die großen Papierarbeiten bilden dabei den ersten Schwerpunkt der Ausstellung und stechen vor allem durch ihr dominantes Spiel mit Flächen und Farben ins Auge. Doch je mehr man sich den Werken nähert, desto mehr wird auch die tatsächliche Feingliedrigkeit des Bildaufbaus offenbar.
Das großformatige „Mumbai“im Zentrum des Raumes scheint den Betrachter geradezu magisch anzuziehen: Eine verlorene Personengruppe auf einer Promenadenmauer, ein ins Leere starrendes Mädchen, das unentschlossen ein Schleiertuch über sich wehen lässt. Trotz der unerbittlichen Farbkontraste verstrahlt das Bild eine eigentümliche Sentimentalität, die kompositorisch leicht an die verklärende Bilderwelt eines Pierre Jouberts erinnern mag, aber dennoch so völlig anders als dessen martialischer Realismus ist. So wie beim Bilderpaar „Nymphomania“: Ähnlich Andy Warhols Popart-Werken zeigt es zweimal dasselbe Motiv einer jungen Dame in ganz verschiedenen Kolorierungen. Während das Mädchen in Pastelltönen noch in irgendeiner unbedarften Traumwelt zu schweben scheint, ist sie in den unbarmherzigen Schwarz-OrangeKontrasten schonungslos in der harten Wirklichkeit angekommen.
Auch andere Sujets der in Esslingen geborenen Künstlerin leben durch die Gegensätze, wie etwa ein zweigeteiltes Bild, welches junge Mutterliebe und verzweifelte Todestrauer gnadenlos auf der Leinwand vereint. Ein zweiter Schwerpunkt sind Rudolphs Collagen, welche wiederum ganz andere Stile miteinander in Einklang bringen: Die eher zeichnungshaften Bildfragmente sind eingebettet in kunstvoll ausgearbeitete Silberrahmen, die eigene kleine Meisterstücke verkörpern. Hier sind es zumeist die Gesichtsausdrücke und Gedanken der dargestellten Menschen, die das Auge des Betrachters an sich binden. Schreitet man weiter den Gang entlang, stößt man schließlich auf Rudolphs Bilderserie „Grün“, eine Sammlung puzzleartiger Vexierspiele, die sicherlich ganz unterschiedliche Interpretationen hervorbringen können. Stellen sie verzweigte Bäume dar, deren letzte Blätter dem nahenden Winter noch tapfer trotzen? Oder spiegeln sie vielmehr die Sicht eines nordischen Seeadlers wider, welcher die bunten Landschaftsflächen der finnischen Seenplatte in Augenschein nimmt?
Die Antwort darauf kann zwar auch der vierte Ausstellungsblock nicht liefern, doch darf man diesen wohl durchaus als verrückt bezeichnen: „Going crazy in Finnland“lautet das zentrale Thema von Kathrina Rudolphs dreidimensionalen Dioramen, die an alte Papiertheater oder nostalgische Aufklappbücher aus der Kinderzeit erinnern. Wie in einem Guckkasten sind mehrere Ebenen zu räumlichen Fotocollagen gestaffelt, die dem Betrachter eher surreale Rauschsequenzen als präzise abgesteckte Geschichten erzählen. Größen, Raum und Zeit sind bei diesen dekorativen Popups völlig aufgehoben und weichen den individuellen Assoziationen. So verbindet Kathrina Rudolph nonchalant ein tanzendes Tangopärchen, das mystische Nordlicht der Aurora und eine überzeichnete Adelsdame mit Halskrause, die gerade eine Kaugummiblase entstehen lässt. Vier Stilrichtungen, vier Techniken, vier ganz unterschiedliche Wirkungsfelder - eine Ausstellung zwischen Popart und Pastell, die sicherlich für jeden Kunstliebhaber etwas Spannendes zu bieten hat. O
Die Ausstellung „Arbeiten mit Papier“von Kathrina Ru dolph ist bis zum 31. März im Rathausfoy er Stadtbergen zu sehen.
Ausstellungsdauer