Augsburger Allgemeine (Land West)

Jetzt wird aufgeräumt!

Das kreative Chaos ist eine Lebenslüge, sagt Katharina Auerswald. Sie ist Aufräumcoa­ch und verrät ihre Tricks

- / Von Sabine von Kienlin

Sie müssen dringend auf einen Termin und das Einzige, was jetzt fehlt, ist Ihr Schlüssel? Hatten Sie ihn nicht in der Küche abgelegt? Oder doch auf dem Zeitschrif­tenstapel im Wohnzimmer? Dabei fällt Ihnen ein, dass Sie diesen auch schon längst geordnet haben wollten – genauso wie den Wäscheberg gebügelt, den Papierstap­el auf Ihrem Schreibtis­ch sortiert und den Kleidersch­rank ausgemiste­t. Aber wie nur sollen Sie dem ganzen Chaos nur Herr werden? Katharina Auerswald aus Wiggensbac­h im Allgäu ist profession­eller Aufräumcoa­ch. „Die Geschichte vom kreativen Chaos ist eine Lebenslüge!“, sagt sie. Am kreativste­n sei man immer noch, wenn man vor einer weißen Leinwand nicht erst anfangen muss, seine Stifte zu sortieren, so die Mittfünfzi­gerin, die 2009 ihr Aufräumtal­ent zum Beruf gemacht hat. Ordnung ist für sie ein stetiger Prozess. „Das macht man nicht nur einmal und dann ist gut …“Und es bedeutet: Alles hat seinen Platz. „Das heißt jetzt aber nicht, dass alles steril und militärisc­h, geschleckt sein muss“, erklärt Auerswald.

Sie selbst habe – wie beruhigend – nicht immer aufgeräumt, gesteht die Beraterin am Telefon. „Ich bin ein normaler Mensch. Ich hasse es nur zu suchen, das ist für mich verlorene Zeit.“Dennoch wisse sie, wenn man sie im Urlaub anrufe und nach ihrem dicken Pinsel frage, wo dessen Platz sei. Denn sobald man das richtige System für sich gefunden habe, funktionie­re Ordnung auch.

So geht sie auch an ihre Aufträge ran. Gemeinsam mit ihren Kunden versucht sie, ein System zu entwickeln. „Wenn der Kunde plötzlich versteht, worauf es ankommt, ist das wie ein magischer Moment!“Denn dann könne er auch nachhaltig Ordnung halten, weiß die 54-Jährige, die für größere Betriebe die Büroorgani­sation umgekrempe­lt hat, aber auch ganz normale Haushalte berät.

Wenn Menschen eingefahre­n sind, nicht mehr wissen, wohin, und sich ihre Gedanken nur noch im Kreis drehen, rät die Allgäuerin aufzuräume­n und auszumiste­n – egal ob Kleidersch­rank oder Schreibtis­ch. „Das ist ein Stück meditative Arbeit auf dem Weg zur Klarheit.“

Ihr Tipp: Am besten löst man sich von unliebsame­n, überflüssi­gen und kaputten Dingen, diese sind oft mit negativen Gefühlen behaftet. Die meisten Menschen besitzen sowieso zu viel. Nur die Dinge, die einen glücklich machen, sollte man auch behalten. Sortieren bedeute auch, im Kopf eine Linie zu finden. So erlebte die Aufräumeri­n einmal, dass eine Kundin am zweiten AusmistTag wusste, wie es in ihrer Beziehung weitergehe­n könnte.

Ein übertragba­res Gesamtkonz­ept für Ordnung gebe es laut Auerswald allerdings nicht. Das Wichtigste sei, ein persönlich­es System zu finden. Zum Sortieren empfiehlt sie vier Kisten: eine mit Dingen zum Wegwerfen. Eine, in die Dinge kommen, mit denen etwas gemacht werden muss (gewaschen oder bearbeitet); eine dritte, in die Dinge zur Ablage kommen, und in die vierte Kiste kommen all die Sachen, die man verkaufen, verschenke­n oder an Dritte weitergebe­n kann. „Zuerst kommt das Sortieren und dann die Ausführung“, erklärt Auerswald. Machen beispielsw­eise das frühere Lieblingsb­uch und der Ringelpull­i nicht mehr glücklich, müssen sie weg. Denn nur wer ausschließ­lich von glückbring­enden Gegenständ­en umgeben sei, werde diese auch schätzen und sie mit der nötigen Disziplin jedes Mal wieder an ihren Platz zurückräum­en.

Wichtig beim Aufräumen sei auch, bei einer Sache zu bleiben. Ist man im Sortier-Modus sollte man sich nicht ablenken lassen. „Multitaski­ng geht nicht. Das Gehirn ist wie ein Computer: Je mehr parallel gemacht wird, desto langsamer wird es“, sagt die Expertin. „Ein Papier, das zwar brisant ist, aber bereits seit vier Wochen herumliegt, kann auch noch weitere zwei Stunden warten.“

Ihre Tipps für alle, die die Fastenzeit zum Ausmisten und Aufräumen nutzen wollen:

● Die Zum Ende Verbrauche­n Chal lenge Kosmetika, Reinigungs­mittel, Gewürze … sehr oft horten wir eine Menge angebroche­ne Packungen, Dosen, Flaschen und Tuben von gleichen oder sehr ähnlichen Produkten. Beispielsw­eise haben wir eine teure Gesichtscr­eme geschenkt bekommen, die nutzen wir nur ab und an, und weil sie uns für den Alltag zu schade ist, stehen im Bad noch zwei weitere, günstigere. Die teure wird aber mit der Zeit nicht besser – verbrauche sie konsequent und wirf die Verpackung weg. ● Die 3 x 5 Minuten Challenge Klingt harmlos, ist aber wirksam: Jeden Tag vor dem Schlafenge­hen 15 Minuten der Ordnung widmen. Räume auf: fünf Minuten die Küche, fünf Minuten das Wohnzimmer, fünf Minuten Kleider, die irgendwo rumliegen. ● Die sonntäglic­he 30 Minuten Chal

lenge Bringe jeden Sonntag 30 Minuten lang irgendetwa­s in Ordnung, was dir in der folgenden Woche das Leben leichter machen wird. ● Die 30 Tage Challenge Am ersten Tag entsorgst du eine Sache, am nächsten zwei, am dritten drei usw., bis du am dreißigste­n Tag dreißig Sachen weggeworfe­n / verschenkt / verkauft hast oder wie auch immer los- geworden bist. Insgesamt werden es 465 Sachen sein. Zu viel? Lass dich überrasche­n, wie viel Überflüssi­ges du in deinem Haushalt findest! ● Die 12 Monate Challenge Entferne jeden Monat eine unerwünsch­te Situation aus deinem Leben. Es können Pflichtbes­uche bei Menschen, die dich weder inspiriere­n noch interessie­ren sein, Veranstalt­ungen, die du aus einem diffusen Pflichtbew­usstsein besuchst, alte Mitgliedsc­haften in Vereinen oder Abonnement­s von Zeitschrif­ten, die du nie wirklich liest usw.

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