Augsburger Allgemeine (Land West)
Bilder erinnern ans alte Fischertor
Baugeschichte Reste des historischen Baudenkmals verschwanden 1870. Ein Torbogen bildet seit 1925 den Ersatz
„Am Fischertor“heißt eine kurze Straße. Es ist die Verlängerung der Frauentorstraße stadtauswärts. Diese Trasse ist eine für Augsburger Verhältnisse junge Straße, auch wenn sie das alte Stadttor zum Namen hat. Doch das historische Fischertor gibt es seit fast 150 Jahren nicht mehr. Es stand dort, wo jetzt ein weiter Bogen die Straße überwölbt. Die Straßenbahn fährt doppelspurig darunter hindurch. Fußgängern stehen zu beiden Seiten der Fahrbahn separate Gewölbe als Gehsteige zur Verfügung. So komfortabel war das historische Fischertor für Fahrzeuge und Passanten nie passierbar.
An dieser Stelle, zwischen Wertachbrucker Tor und Lueginsland, wurde ab dem Jahr 1301 eine Stadtmauer errichtet. Anno 1328 wurde ein „Thörlein“eingefügt, um den am Senkelbach lebenden Fischern einen direkten Stadtzugang zu verschaffen. Dieser Durchlass hieß aber ursprünglich nicht „Fischertor“, sondern „Tor beim Burgfeld“oder „Burgtor“. Da bis 1437 der Schäffler Lorhub darin wohnte, nannte man zeitweise auch „Lorhubertor“. Erst später bekam es den Namen „Fischertörlein“, da es die außerhalb der Befestigung liegende Vorstadt „Unter den Fischern“mit der Kernstadt verband.
Anno 1454 ersetzte eine Steinbrücke die Holzbrücke über den Stadtgraben. Nur Fußgänger und die Fischer mit Handkarren durften den bescheidenen Stadtzugang benutzen. Es war jahrhundertelang ein Torhaus ohne Turm. Erst 1609 baute Elias Holl einen Turm darauf und gab dem Fischertor ein repräsentatives Aussehen.
Im Spanischen Erbfolgekrieg besetzten die Bayern Augsburg. Sie fürchteten die Wehrhaftigkeit derStadt und ließen einen Teil der Stadtbefestigung sprengen. Am 28. März 1704 begann die Demolierung am Fischertor. Es wurde „stillge- und der Durchgang vermauert. Fast 30 Jahre lang blieb das Fischertor verschlossen. Die Wiederöffnung ist dokumentiert: Es war der 29. November 1733. Ab diesem Tag tat dort ein Gefreiter mit vier Mann tagsüber Dienst. Nachts und wenn andernorts mehr Wachpersonal benötigt wurde, blieb das „Fischertörlein“versperrt. Anno 1764 wurde es wieder zugemauert.
Im Zuge endgültigen Entfestiunspektakuläres gung der Stadt wurden um 1870 die Reste des Tors beseitigt. Eine neue Holzbrücke über den Graben machte den rund um die Uhr offenen Stadtzugang für Fußgänger passierbar. Um 1880 wurde der Stadtgraben schließlich verfüllt. Die Thommstraße verläuft darauf. Das schmale Fischergässchen und die Herrengasse stellten die Verbindung zur Innenstadt dar.
Bald nach 1900 begannen die Plalegt“ nungen für eine gewaltige städtebauliche Maßnahme: Die Frauentorstraße sollte geradlinig zur Thommstraße verlängert werden. Im November 1908 begannen die Abbrucharbeiten. Viele historische Gebäude standen im Wege und wurden abgetragen. Mitten in der breiten freigelegten Schneise wurde die neue Straße „Am Fischertor“trassiert. Beiderseits sollten neue Wohnhäuser erstehen. Der Plan wurde verwirklicht: 1912 waren die geschlossenen Häuserzeilen vollendet.
Zur Verkehrserschließung gehörte die dringend notwendige Neutrassierung der Straßenbahn. Seit 1881 war sie von der Frauentorstraße in die Georgenstraße abgebogen, hatte das Wertachbrucker Tor umkurvt und war dann weiter in Richtung Wertachbrücke gefahren. 1914 bekam sie eine neue komfortable Trasse. Auf der neuen Straße Am Fischertor, auf der Thommstraße und auf der Liebigstraße wurden Schienen verlegt. Am Senkelbach trafen sie auf die alte Spur. Auf dieser Route fährt die Tram seit nunmehr über 100 Jahren.
Verkehrsgerecht war die Verlängerung der Frauentorstraße 1914, die neuen Wohnhäuser waren bezogen. Doch die Optik stimme nicht, man fahre stadtauswärts in ein „Loch“, schrieb ein Stadtplaner. Er meinte damit, der Blick in die Straße Am Fischertor gehe stadtauswärts ins Leere, es fehle dem Straßenzug ein Abschluss. Ein durchfahrbares „Torhaus“an der Stelle des einstigen Fischertors sah man als beste städtebauliche Lösung der unbefriedigenden Situation an.
Einen solchen Luxusbau nur der besseren Optik wegen konnte und wollte sich die Stadt während des Ersten Weltkriegs und in der nachfolgenden Inflationszeit nicht leisten. Die Verwirklichung der Idee musste ein Jahrzehnt aufgeschoben werden. Auf einer Tafel am Bogen ist über der Straßenmitte zu lesen, dass die „gegenwärtige Bauanlage“1924/25 errichtet wurde.