Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Wertstofftonne ist vom Tisch
Müll Die Stadt darf weiter Elektromüll und Altmetall sammeln. Für Verbraucher wäre es anders vielleicht komfortabler gewesen
Nach jahrelangem Ringen hat der Bundestag nun ein neues Wertstoffgesetz beschlossen. Ein wichtiger Punkt: Eine Wertstofftonne, in die neben allen Plastikabfällen (nicht nur Verpackung) auch Altmetall eingeworfen werden kann, wird nicht verpflichtend eingeführt, sie kann aber kommen. Das hängt von der jeweiligen Stadt bzw. dem Landkreis ab. In Augsburg wird man am bisherigen System mit grauer, grüner, brauner und gelber Tonne festhalten, sagt Umweltreferent Reiner Erben (Grüne).
Die Stadt hatte mit anderen Kommunen schon in der Vergangenheit gegen eine verpflichtende Wertstofftonne protestiert – vor allem, weil ihr dann Geld aus dem Verkauf von Rohstoffen fehlen würde. Pro Jahr erlöst der städtische Abfallwirtschaftsbetrieb zwischen 2,5 und drei Millionen Euro aus dem Verkauf von Wertstoffen (Altpapier mitgerechnet). Dieses Geld helfe, die Abfallgebühren stabil zu halten. Bei einer Wertstofftonne wäre dieses Geld zumindest in Teilen weg gewesen.
Im bundesweiten Vergleich schneidet Augsburg bei den Müllgebühren übrigens gar nicht schlecht ab. Auf einer Rangliste, die das Institut für deutsche Wirtschaft in Köln im Auftrag des Haus- und Grundbesitzerverbandes erstellte, rangiert Augsburg im untersten Zehntel bei den Müllgebühren, nämlich auf Platz 8 von 100 überprüften Städten. Für Bürger wäre eine Wertstofftonne oder eine Kombination mit der gelben Tonne freilich komfortabel gewesen: Denn was in die gelbe Tonne gehört (ausschließlich Verpackungsmüll) und was nicht (z. B. Plastikspielzeug), ist bei Weitem nicht allen Bürgern klar. Die Firma Remondis, die in Augsburg die gelbe Tonne leert, hatte zum Jahreswechsel zu hohe Quoten von Fremdmüll in den gelben Tonnen beklagt und Kontrollen angekündigt (wir berichteten).
Auch die Fahrten zu den städtischen Wertstoffhöfen oder den Wertstoffinseln, um etwa Elektroschrott loszuwerden, wären für die Bürger mit einer Wertstofftonne entfallen. Erben hält dem entgegen, dass die bisherigen Recyclingquoten der sogenannten Dualen Systeme bescheiden seien. Diese Firmen organisieren seit mehr als 20 Jahren, als der „Grüne Punkt“auf Verpackungen eingeführt wurde, die Entsorgung des Verpackungsmülls im Auftrag der Industrie. Die Verbraucher zahlen dafür keine Gebühren, werden aber beim Kauf des Produkts, vom eingeschweißten Käse bis zum Computermonitor, beim Kaufpreis an der Entsorgung beteiligt. Laut Erben liegt der Anteil des recycelten Mülls aus der gelben Tonne bei 40 Prozent, die dualen Systeme veranschlagen ihn höher.
Erben sagt, dass die Verwertungsquote in den Wertstoffhöfen bei 70 Prozent liege, bei Hartkunststoffen sogar bei fast 100 Prozent. „Die hochwertige getrennte Sammlung von über 30 verschiedenen Wertstoffen auf dem Wertstoffhof kann keine Sortieranlage der Welt aus dem Gemisch einer Gelben oder Wertstofftonne erreichen.“
Die Stadt hatte ihr WertstoffhofSystem vor einigen Jahren neu strukturiert. Neben dem Wertstoffhof in der Johannes-Haag-Straße (nahe der Berufsfeuerwehr an der Berliner Allee) wurde zuletzt ein Wertstoffhof am Kobelweg eröffnet. Im Süden soll bis 2019 ein weiterer folgen. Ab 2019 wird mit dem neuen Gesetz die Stadt übrigens rund 20 Prozent ihres Altpapiers an die Dualen Systeme herausgeben müssen. Hintergrund ist, dass Altpapier nicht nur aus alten Zeitungen und Prospekten besteht, sondern auch aus Verpackungskartonagen. „Erlöse werden privatisiert, Kosten zulasten des Gebührenzahlers sozialisiert“, so Erben. Diese Abgabe werde die Stadt einen sechsstelligen Betrag jährlich kosten.