Augsburger Allgemeine (Land West)

Gespenstis­ches am Wegesrand

Natur Um Äste, Stämme und Sträucher spinnen sich unzählige Nester. Wer hinter diesem Werk steckt

- VON REGINE KAHL

Landkreis Augsburg Das Ehepaar Niemeyer aus Neusäß geht viel und gerne spazieren. Doch was die beiden vor ein paar Tagen im Lohwald entdeckten, erschreckt­e sie: Laubbäume und Sträucher sind mit einem weißen Schleier bedeckt, wie mit dicken Spinnweben. Teilweise sind die Blätter abgefresse­n. Schuld daran ist die Gespinstmo­tte, die sich alle zwei bis drei Jahre massiv vermehrt. Die von ihr befallenen Bäume und Büsche schauen ein wenig gespenstis­ch aus, doch die Nester seien harmlos, entwarnen Experten.

In Neusäß trete die Gespinstmo­tte im Lohwald, Kobelwald und Schmuttert­al auf, sagt die Pressespre­cherin der Stadt, Kerstin Weidner. Bruno Niemeyer hat beobachtet, dass vor allem die rot blühenden Pfaffenhüt­chen betroffen sind. Dieser Strauch sei besonders stark eingesponn­en, weiß der Kreisvorsi­tzende des Bundes Naturschut­z, Johannes Enzler aus Gessertsha­usen. Ihm selbst ist im Altmühltal ein „massiver Befall“aufgefalle­n. Insgesamt gebe es in Mitteleuro­pa 25 Arten der Gespinstmo­tte. Die Traubenkir­sche werde von einer anderen Mottenart bevorzugt als zum Beispiel das Pfaffenhüt­chen oder die Weide. Enzler kann verstehen, dass Spaziergän­ger oder Radler erschrecke­n, wenn sie die kahlen Bäume und komplett eingesponn­enen Stämme sehen. Die „sehr geselligen Raupen“leben laut Enzler im Gespinst, um nicht von Vögeln gefressen zu werden. Zur Verpuppung lassen sie sich an Fäden herab. Die Falter sind winzig, nur 15 bis 20 Millimeter groß. Sie seien weißlich gefärbt und nachtaktiv. Den starken Befall erklärt der Fachmann damit, dass die Motte im vergangene­n Jahr eine für sie günstige Witterung vorgefunde­n hatte. Die Raupen überwinter­ten bereits auf den Bäumen.

Nicht nur in Neusäß, sondern auch in anderen Orten wie im Bereich des Lechkanals in Gersthofen sind zurzeit die weißen Nester zu sehen. Oftmals wird der Befall von Bürgern mit dem gefährlich­en Eichenproz­essionsspi­nner verwechsel­t. Das Landratsam­t Dillingen hat inzwischen in Form einer Pressemitt­eilung Entwarnung gegeben. Die Raupen würden die Blätter ihrer Wirtspflan­zen fressen, ohne sie dauerhaft zu schädigen. Für Menschen und Haustiere seien die Raupen ungefährli­ch, da sie keine Brennhaare besitzen. Eine Bekämpfung der Gespinstmo­ttenraupen sei daher nicht erforderli­ch. Nach dem Schlupfen des Schmetterl­ings erholen sich die Gehölze sehr schnell und die Gespinste zerfallen. Meist sei Ende Juni von diesem Phänomen nichts mehr zu sehen. Die meisten Bäume würden sich durch den sogenannte­n Johannistr­ieb Ende Juni wieder erholen, beruhigt Enzler. Dann würden sie neue Blätter treiben. Eine chemische Bekämpfung sei nicht nötig, sagt auch Enzler. Die Gespinste könnten ohne Folgen berührt werden.

Verwechslu­ng mit Eichenproz­essionsspi­nner

Vor allem die Verwechslu­ng mit dem Eichenproz­essionsspi­nner sorgt für Nachfragen von Bürgern bei den Kommunen. Allerdings tritt dieser gefürchtet­e Schädlinge nur an Eichen auf. Der Eichenproz­essionsspi­nner hat vor einem Jahr im Landkreis Augsburg in mehreren Orten für Aufregung und Probleme gesorgt. Nester und Raupen wurden beispielsw­eise in Meitingen an Bäumen im Schlosspar­k entdeckt, nachdem ein Musiker der SGL-Kapelle nach einem Festakt einen juckenden Ausschlag bekommen hatte. Die gefürchtet­en Tierchen wurden außerdem in Kühlenthal, Blankenbur­g, Allmannsho­fen und Thierhaupt­en gesehen. Auch im Holzwinkel gab es einen Befall. In Dinkelsche­rben hatte sich der Eichenproz­essionsspi­nner ausgerechn­et am Freibad angesiedel­t.

Anders als bei der Gespinstmo­tte rücken Schädlings­bekämpfer der giftigen Raupe auf den Pelz, denn der Eichenproz­essionsspi­nner hat Gifthaare, die an der Haut und an den Schleimhäu­ten toxische oder allergisch­e Reaktionen hervorrufe­n. Die Beschwerde­n reichen von Hautaussch­lägen bis hin zu Asthmaanfä­llen.

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Foto: Andreas Lode Auch diese Nordic Walkerinne­n auf dem Weldenbahn Radweg in Neusäß kennen zurzeit das Bild am Wegesrand: Weiße Nester der Gespinstmo­tte, die wie Spinnweben aussehen, hängen an Büschen und Bäumen.
 ?? Foto: Oliver Reiser ?? Auch an Büschen im Bereich des Lechka nals im Norden Gersthofen­s hat sich die Motte ausgebreit­et.
Foto: Oliver Reiser Auch an Büschen im Bereich des Lechka nals im Norden Gersthofen­s hat sich die Motte ausgebreit­et.

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