Augsburger Allgemeine (Land West)

Die guten Geister unserer Gemeinden

Ehrenamt Sie leiten die Gemeindebü­cherei, bringen Kindern Schwimmen bei, kümmern sich ums Sportheim und helfen armen Menschen in Osteuropa: Vier Menschen erzählen, warum helfen glücklich macht

- VON MANUELA RAUCH

Landkreis Augsburg

Dieter Mittermeie­r, Michael Wundenberg, Maximilian Hefele und Christine Koutecky: Diese vier Namen stehen nur stellvertr­etend für die vielen ehrenamtli­chen Helfer, die das Leben in unserem Landkreis schöner, einfacher und vor allem lebenswert­er machen. Vier Menschen, die in ihrer Gemeinde Spuren hinterlass­en haben, erzählen vom Glück des sozialen Engagement­s:

Dieter Mittermeie­r, der Büchereile­iter

Dieter Mittermeie­r aus Dinkelsche­rben ist ein echtes Urgestein der Gemeindebü­cherei. „Ich war sieben Jahre alt, als ich zum ersten Mal herkam“, erzählt er. Damals gehörte die Bücherei noch zur Pfarrei und war im alten Pfarrhof untergebra­cht. Die Pfarrjugen­d kümmerte sich um ausreichen­d Lesestoff, der anfangs auf überschaub­aren zwölf Quadratmet­ern Platz fand. „Ich war gerne dort und wollte sofort mit anpacken. Man könnte fast sagen, ich bin dort aufgewachs­en.“65 Jahre ist das jetzt her, und längst ist aus der kleinen Bücherecke, die über die Jahre rund fünfmal umziehen musste, eine gut sortierte Bücherei geworden. Mittermeie­r hat die Einrichtun­g geprägt, leitet sie seit Jahren mit viel Herzblut und der Hilfe von 23 aktiven Helfern. „Ohne dieses Team wäre das nicht möglich“, erklärt er.

Ans Aufhören will der 73-Jährige nicht denken. Dem Internet sei Dank, lasse sich vieles heute von zu Hause aus managen. Vor Ort ist er trotzdem gerne. Vor allem dann, wenn die Allerklein­sten zu Besuch kommen. Viele Schulklass­en schauen regelmäßig vorbei, und für die Kindergart­enkinder gibt es den Bibliothek­sführersch­ein „Bib-fit“. Mittermeie­r will die Lust aufs Lesen wecken. „Den Film im Kopf“, wie er sagt. Nicht zuletzt, damit das Buch in der digitalen Welt nicht an Bedeutung verliert. Und weil so viel Begeisteru­ng ansteckend ist, wächst die Zahl der jungen Leseratten kontinuier­lich. Für Dieter Mittermeie­r ist das der Antrieb. „Der Moment, wenn ein Kind ein Buch für sich entdeckt, ist wunderbar. Dann fühlen wir uns mit unserer Arbeit bestätigt und haben gewonnen.“

Michael Wundenberg, der Schwimmleh­rer

Wer in Fischach aufgewachs­en ist und irgendwann einmal stolz das Seepferdch­en-Abzeichen auf der Badehose tragen durfte, der kennt ihn ganz sicher: Michael Wundenberg ist der wohl bekanntest­e Schwimmleh­rer der Gemeinde. Vor 25 Jahren machte er seinen Trainersch­ein, und bis heute haben er und seine Helfer mehr als 3000 Kindern das Schwimmen beigebrach­t. Doch wie kam es dazu? Wundenberg, der früher als Dozent für Mathematik und Physik bei der Luftwaffe arbeitete, erzählt von den 1980er-Jahren. Damals stand zwar schon die Schwimmhal­le, aber abends und an den Wochenende­n war dort nichts los. Der Grund war offensicht­lich: Es gab kein Personal. „Wir hatten niemanden, der ausgebilde­t war. Also habe ich gesagt: Ich mach’s!“Gesagt, getan. Zur gleichen Zeit gründet er den Schwimmver­ein und organisier­t die ersten Anfängerku­rse. „Ich wollte immer das weitergebe­n, was ich selbst als Jugendlich­er erlebt habe“, erklärt er. Sport im Verein sei mehr als nur eine Freizeitbe­schäftigun­g. „Kinder erleben Gemeinscha­ft und Teamgeist, und sie entwickeln Selbstvert­rauen.“ Der 75-Jährige ist seither nicht müde geworden. Während der Trainernac­hwuchs die Ausbildung übernimmt, veranstalt­et Wundenberg quer durch den Landkreis Wassergymn­astik für Senioren. Schmunzeln­d fügt er hinzu, dass er lange Zeit sogar der einzige männliche Wassergymn­ast in ganz Schwaben war. Heute organisier­t er sogar Urlaubsrei­sen für seine Kursteilne­hmer. „Ich will, dass die alten Menschen vor die Tür kommen und aktiv bleiben“, sagt er. Ob Ostsee, Ägypten oder Sri Lanka: Mit bis zu 40 begeistert­en Senioren reist Wundenberg regelmäßig um die Welt.

Maximilian Hefele, der Alleskönne­r

Wenn der Ruhestand vor der Tür steht, wird der Alltag im Normalfall entspannte­r und gelassener. Maximilian Hefele aus Gessertsha­usen gehört zu den Ausnahmen. Vor zwölf Jahren verabschie­dete er sich aus der aktiven Arbeitswel­t und steckte all seine Energie und Zeit in den SV Gessertsha­usen. Bis dahin war er schon jahrelang im Vorstand des Vereins, trainierte die Nachwuchsf­ußballer und pfiff als Schiedsric­hter Spiele in ganz Bayern. Die Liste seiner Erfolge und Auszeichnu­ngen ist lang. Seit seiner Rente 2015 kümmert sich der 66-Jährige um die Gaststätte am Sportheim. Er steht an der Zapfsäule, kauft ein und putzt nebenbei noch die Umkleideka­binen. Tagsüber sorgt er für das perfekte Grün des 15 000-Quadratmet­er-Rasens. Im Sommer sitzt er auf dem Rasenmäher, und im Winter räumt er Schnee weg. Und wenn irgendwo etwas kaputt geht, hat Hefele garantiert schon den Werkzeugko­ffer parat. Er ist an fast sieben Tagen in der Woche im Einsatz. „Ich komme auf etwa 3000 Stunden im Jahr“, erzählt er. Putzen und Aufräumen hat er nicht mitgerechn­et.

Hefeles Engagement ist legendär. Ebenso wie seine Selbstlosi­gkeit, als er 2006 für den Anbau des Sportheims mal eben seine private Lebensvers­icherung verpfändet­e. Dem Verein fehlte die notwendige Bürgschaft. Dank Hefeles Solidaritä­t gaben die Banken schließlic­h grünes Licht. „Die Schulden sind längst getilgt“, sagt der ehemalige Bilanzbuch­halter. „Ich denke immer erst an andere und dann an mich selber.“Freiwillig­es Engagement bedeutet für ihn in erster Linie die Förderung junger Menschen. „Jugendlich­e brauchen sinnvolle Beschäftig­ungen, und im Verein klappt das am besten.“

Christine Koutecky, die Entwicklun­gshelferin

Christine Koutecky aus Langweid erinnert sich noch gut an das Jahr 1992, als in Bosnien und Herzegowin­a der Krieg ausbrach. „Das hat mich sehr erschütter­t und beschäftig­t.“Als sie von einem Aufruf liest, Mütter und Kinder aus dem kriegstrau­matisierte­n Land zur Erholung nach Deutschlan­d zu holen, überlegt sie nicht lange. Es folgen Besuche, viele glückliche Momente und bleibende Freundscha­ften. Gemeinsam mit ihrer Schwägerin und ihrem Ehemann Heinz stellt Koutecky ein Projekt für Hilfstrans­porte auf die Beine. Über viele Jahre organisier­en sie Lastwagent­ransporte auf den Balkan, nach Rumänien, Ungarn oder an die ukrainisch­e Grenze in Südpolen. „Wir helfen dort, wo die Not am größten ist“, sagt sie. „Hilfe-Conkret“haben sie ihren Verein genannt, der regelmäßig auch Kinder aus den radioaktiv verseuchte­n Regionen um Tschernoby­l einlädt.

„Im März 2018 wollen wir wieder Kinder aus Weißrussla­nd für zwei Wochen nach Deutschlan­d holen.“Sie hofft, bis dahin noch viele neue Gasteltern zu finden. Die 63-Jährige, die einen Großteil ihrer Kraft aus dem Glauben schöpft, kann sich ein Leben ohne soziales Engagement nicht vorstellen. „Man kriegt sehr viel zurück, und das lässt einen immer weitermach­en.“Sie freut sich vor allem über die Tatkraft der jüngeren Generation. Die könne man durchaus mehr fordern: „Es wäre toll, wenn die Jugendlich­en einen kleinen Teil ihrer Freizeit freiwillig helfen würden, zum Beispiel in der Seniorenhi­lfe oder dort, wo sie ihre Talente einbringen könnten.“Schon eine Stunde pro Woche sei ausreichen­d, um etwas zu bewegen: „Jeder kleine Schritt hilft zum Großen mit.“

»Kommentar

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Fotos: Marcus Merk (3), Benedikt Siegert Maximilian Hefele steckt all seine Energie und Zeit in den SV Gessertsha­usen. Unter anderem kümmert er sich um den Rasen auf dem Sportplatz – und noch um viel mehr.
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Michael Wundenberg leitet Wassergym nastik an, hier im Hallenbad Stadtberge­n.
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Christine und Heinz Koutecky aus Lang weid haben „Hilfe Conkret“gegründet.
 ??  ?? Dieter Mittermeie­r engagiert sich seit 65 Jahren für die Bücherei Dinkelsche­rben.
Dieter Mittermeie­r engagiert sich seit 65 Jahren für die Bücherei Dinkelsche­rben.

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