Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Musik spielt heute buchstäblich anderswo
Römer, der Bischöfe, der Staufer, dann die Freie Reichsstadt, die dank Fugger, Welser & Co. die reichste Stadt der Welt werden sollte mit einer Blüte bis ans Ende des 18. Jahrhunderts, ehe sie absank zur bayerischen Provinzstadt. Die süffisante Bemerkung, seither spiele die Musik „buchstäblich anderswo“, kann sich Roeck nicht verkneifen. Außer Brecht habe Augsburg auch keinen Maler, Komponisten oder Dichter von Rang hervorgebracht – und BB suchte seinen Ruhm auswärts.
Leider viel zu knapp würdigt der stärker an Kultur- und politischer Geschichte interessierte Historiker Roeck die Industriestadt Augsburg mit ihrem Maschinenbau und Flugzeugwerken und so gut wie gar nicht ihre Textilbranche. Sein Vorgänger Wolfgang Zorn, ein Wirtschaftshistoriker und ebenfalls geborener Augsburger, der erstmals 1955 seine „Geschichte einer europäischen Stadt“verfasste, hatte hier noch einen anderen Fokus.
Selbst die Gründung der Universität ist Roeck nur eine Randbemerkung wert, ganz zu schweigen vom Ausbau des Wissenschaftsstandorts. Er beendet seine Stadtgeschichte vielmehr mit einem melancholischen Abgesang. „Sie taten meist nichts Nennenswertes“, resümiert er das Alltagsleben der Augsburger. Die Stadt erlebe eine allmähliche Verödung ihres Zentrums. „Wenn der Abend über die Dächer kommt, erlöschen hier die Lichter …“, schrieb Roeck im Nachwort zur 2. Auflage.