Augsburger Allgemeine (Land West)
Griechenland Rettung kostet Schäuble viel Kraft
Krise Der Bundesfinanzminister war am Ende der Verhandlungen erschöpft. Doch Konfliktpunkte wurden nicht gelöst, sondern nur vertagt Kommentar
Luxemburg/Athen
Nachdenklich saß Wolfgang Schäuble am späten Donnerstagabend im deutschen Raum des sterilen EU-Tagungszentrums in Luxemburg. Er wartete auf ein Fernsehinterview, das er zugesagt hatte. Saß einen Moment still, in sich gekehrt. Zufrieden mit dem gerade erreichten Kompromiss über die Griechenland-Hilfen? Eher erschöpft sei er, sagte der Bundesfinanzminister.
Erschöpft sind wohl alle. Das liegt nicht so sehr an diesem Abend in Luxemburg, an dem sich die EuroFinanzminister dann doch erstaunlich schnell auf die Freigabe von weiteren 8,5 Milliarden Euro für das überschuldete Griechenland einigten und das i-Tüpfelchen auf vorher schon kunstvoll gedrechselte Kompromissformeln setzten. Erschöpft sind alle von der seit sieben Jahren währenden Dauerkrise, von den ewigen Wendungen und Blockaden, den politischen Querelen der vergangenen Monate, den unverdaulichen Details zwischen Primärüberschüssen und Schuldentragfähigkeitsanalysen.
Letztlich besann sich auch Schäuble auf ein positives Fazit: „Ich glaube, wir haben insgesamt eine vernünftige Linie erreicht“, sagte der CDU-Politiker. „Jetzt hat Griechenland Ruhe, die Finanzmärkte auch.“Ruhe ist noch nicht ganz. Erstens kam am Freitag – es ist immerhin Wahlkampf – aus Berlin sofort Kritik an dem in Luxemburg erzielten Kompromiss. Einzelne Abgeordnete von SPD und Union monierten eine zu große Abweichung von den Beschlüssen des Bundestags und pochten darauf, dass das Parlament erneut über die Griechenland-Hilfen entscheidet. Das will Schäuble aber verhindern.
Und zweitens ist der Kompromiss nicht viel mehr als eine Vertagung des Streits. Man hat den Internationalen Währungsfonds für das bisher nur von Europa getragene Griechenland-Programm gewonnen. Dabei hat der Fonds offiziell bestätigt, dass die griechischen Sparprogramme und Reformen das Land auf den Weg zur Konsolidierung gebracht haben. Aber der IWF zahlt trotzdem vorerst kein Geld an Griechenland aus.
Denn der Fonds ist nach wie vor überzeugt, dass das Krisenland die auf gigantische 180 Prozent der Wirtschaftsleistung angewachsene Schuldenlast niemals alleine wird abtragen können. Schäuble will jedoch den Reformdruck aufrecht er- halten und, wenn überhaupt, so wenig nachgeben wie möglich. Geredet werden soll darüber erst 2018, das hat auch die Eurogruppe bekräftigt. Die Regierung in Athen, die zuletzt immer nachdrücklicher Hilfe beim Abtragen des kolossalen Schuldenbergs verlangte, kam hier kaum voran.
Trotzdem ist der Luxemburger Beschluss für Ministerpräsident Alexis Tsipras politisch Gold wert. Der Linke jubelte am Freitag: „Wir haben den entscheidenden Schritt für den Ausweg des Landes aus der Wirtschaftskrise gemacht.“Nebenbei bekommt er auch politisch Ruhe, vorgezogene Neuwahlen sind wohl erst mal vom Tisch.
Finanzminister Euklid Tsakalotos sprach sogar vom „Licht am Ende des Tunnels“.