Augsburger Allgemeine (Land West)
Als Helmut Kohl im Rathaus Aufzug einen Brief bekam
Gedenken Augsburger erinnern sich an ihre Begegnungen mit dem „Kanzler der Einheit“
Altbundeskanzler Helmut Kohl, der gestern im Alter von 87 Jahren gestorben ist, hatte einige Male Augsburg besucht. An der Uni kam es wegen des berühmten Gastes zu überfüllten Hörsälen. Manche Augsburger haben besondere Erinnerungen an den Verstorbenen.
Im Jahr 2004 sorgte Helmut Kohl für einen Ansturm, wie ihn die Hochschule seit Jahren nicht mehr erlebt hatte. Rund 1000 Besucher wollten den Politiker erleben, wie er über die Zukunft Europas spricht. Schließlich lag ihm, dem Kanzler der Einheit, Europa besonders am Herzen. Danach dinierte Kohl im kleinen Kreis im Steigenberger Hotel Drei Mohren. Das Menü war exquisit zusammengestellt. Doch Kohl wünschte sich spontan „was Hausgemachtes“, womit ein deftiges Stück Fleisch gemeint war. Diese Bodenständigkeit fiel auch Augsburgs früherem Oberbürgermeister
an dem Menschen Kohl auf. Menacher traf öfters auf den Politiker. „Nach einer Veranstaltung ging er nach hinten zu den Garderobenfrauen, unterhielt sich und trank mit ihnen ein Bier“, erinnert sich der Alt-OB. „Kohl hat sich auch um die kleinen Leute bemüht.“Als Kohl sich 1990 bei einem Besuch der Fuggerstadt im Rathaus ins Goldene Buch eintrug, überreichte ihm Menacher anschließend im Aufzug einen Brief. Darin war das Anliegen der Augsburger Kanuten geäußert, der Kanusport möge doch olympisch bleiben. Dies stand zu der Zeit auf der Kippe. Nur wenige Tage später erhielt Menacher Post vom Bundeskanzler. „Darin stand, dass er das Anliegen verfolgt.“Das Ergebnis: Die Sportart
Peter Menacher
blieb olympisch. Der Augsburger Fotograf war gestern sehr bewegt, als er von Kohls Tod erfuhr. 20 Jahre lang begleitete er mit seiner Kamera den Kanzler, der Fotografen gegenüber nicht unbedingt als aufgeschlossen galt. „Er hat mir vertraut. Das sieht man den Bildern auch an“, sagt Biskup. Der Fotograf hatte Kohl zuletzt im vergangenen Jahr getroffen. „Er war in erstaunlich guter Verfassung.“
Für Biskup machen die jahrelangen, teils intensiven Begegnungen mit Kohl einen großen Teil seines Lebens aus. Er erinnert sich noch genau, wie er mit Kohl nach dem Attentat in New York 2001 beim Frühstück in einem Hotelzimmer in Peking saß. „Er las darüber in der Zeitung. Normalerweise fotografiere ich beim Frühstück nicht. Aber er erkannte sofort die Situation und ließ mich machen.“
Daniel Biskup Seiten 1, 3, 4