Augsburger Allgemeine (Land West)
Kohl strahlte Respekt und Ruhe aus
Trauer Wie sich politische Weggefährten aus dem Augsburger Land an den verstorbenen Staatsmann erinnern und was sie bedauern
Landkreis Augsburg
„Er war ein großartiger Mensch, ein faszinierender Staatsmann.“Erst einmal einige Minuten fassen musste sich der ehemalige Vizepräsident des Deutschen Bundestags Eduard Oswald (CSU), als er gestern am frühen Abend vom Tod Helmut Kohls, 87, erfuhr. Viele Jahre hatte Oswald mit dem ehemaligen Kanzler in Berlin zusammengearbeitet.
„Obwohl man wusste, dass er schwer krank war, macht mich sein Tod doch sehr betroffen“, sagt Oswald. Er arbeitete zunächst als parlamentarischer Geschäftsführer (1992 bis 1998) und später als Bundesbauminister eng mit Kohl zusammen. Ein wenig stolz sagt er: „Ich war der letzte Minister, der in seine Regierung berufen wurde.“
Kohl sei ein großer deutscher Staatsmann gewesen, dem das Land entscheidende Punkte der Wiedervereinigung verdanke – der „Vater der Deutschen Einheit“. Kohl sei aber auch ein großer Europäer gewesen. „Er hatte verstanden, dass die Vergangenheit Europas aus Not, Elend und Kriegen bestand und nur eine Einheit der europäischen Länder die Zukunft sein kann“, betont Oswald. Ein Markenzeichen des ehemaligen Bundeskanzlers sei auch der Ausgleich mit dem Osten gewesen. „Und er war den Menschen sehr nahe, auch wenn die Öffentlichkeit dies nicht immer so mitbekommen hat.“
Helmut Kohl mehrfach begegnet ist auch der frühere CSU-Landtagsabgeordnete Max Strehle, der in Deubach wohnt. „Zum einen war ich dabei, als er einmal Augsburg besucht hat.“Bei einer anderen Ge- legenheit war Strehle mit dem Bundeskanzler auf einem Fest in Königsbrunn. Kohl habe es nicht leicht gehabt mit dem damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß, erinnert sich Strehle. Er findet nur gute Worte über den ehemaligen Kanzler: „Kohl war ein Mann, vor dem ich großen Respekt hatte, denn er war nicht nur körperlich stabil, sondern auch charakterlich und hat eine Linie in Dingen verfolgt, an die niemand mehr geglaubt hätte, zum Beispiel die deutsche Wiedervereinigung.“Eines bedauert Strehle: Helmut Kohl hätte einen besseren Ruhestand verdient gehabt, verweist er auf die Schwierigkeiten mit seinem Biografen. „Man hätte ihn auch vonseiten des Staates zu Lebzeiten höher würdigen müssen.“
Für Altlandrat Karl Vogele war Helmut Kohl ein Brückenbauer – nach Ost und nach West, als „Vater der Wiedervereinigung“und „Riesen-Europäer“. Beim Deutschen Landkreistag in Berlin und bei mehreren Landesparteitagen der CSU habe er ihn ganz nah erlebt und „eindrucksvolle“Reden von ihm gehört, erzählt er – aber auch die schwierigen Phasen mit Franz Josef Strauß seien ihm noch im Gedächtnis. Im Rückblick bedauert Vogele, dass Kohls Leistungen nicht immer so anerkannt worden seien, wie er es verdient hätte: „Er hat das Vaterland und die Union geprägt.
Der Europaabgeordnete Markus Ferber (CSU) kannte Helmut Kohl viele Jahre und hat ihn zu verschiedenen Anlässen in Brüssel und in München getroffen. Wegen der schweren Krankheit Kohls habe er ihn aber zuletzt vor fünf oder sechs Jahren persönlich gesehen. Eine Begegnung mit dem Altkanzler ist Ferber in Erinnerung geblieben: ein Mittagessen in München in überschaubarer Runde. „Er war ein in sich ruhender Mann, der aber alle Gespräche auf sich gezogen hat.“Kohls Verdienste um die Wiedervereinigung, die europäische Vereinigung sowie die Euro-Einführung sind nach Ansicht Ferbers Meilensteine der Geschichte.