Augsburger Allgemeine (Land West)

Er pflegt und bändigt die Wildnis

Naturschut­z Landwirt Christian Fendt aus Gessertsha­usen hat den „Grünen Engel“bekommen. Wofür er ausgezeich­net wurde und worin er seine Aufgabe sieht

- VON TOBIAS KARRER

Gessertsha­usen

Christian Fendt steht auf einer frisch gemähten Wiese, nahe des Klosters Oberschöne­nfeld. Er hüpft einige Male auf und ab. Schnell bildet sich unter seinen festen Arbeitssch­uhen eine Pfütze. Es platscht und schmatzt. „Mit konvention­ellen Maschinen kommt man hier nicht weit“, erklärt der Landwirt aus Gessertsha­usen. „Dieses hier ist eines meiner Lieblingsb­iotope, hier ist alles noch so wild und natürlich“, betont er und schaut sich um. Mitten in der gemähten Fläche sind Inseln von hohem Gras und blühenden Gewächsen stehen geblieben. „Das bleibt so bis zum Herbst, damit die Blumen aussamen können“, sagt Fendt.

Schon seit über sechs Jahren ist der Landwirt zusammen mit seiner Familie als Landschaft­spfleger im Landkreis Augsburg tätig. Für sein Engagement hat er Anfang Juni den „Grünen Engel“vom Bayerische­n Staatsmini­sterium für Umwelt und Verbrauche­rschutz erhalten. Die Auszeichnu­ng erhalten Privatpers­onen und Betriebe, die sich besonders für „Artenhilfs-, Schutz- und Pflegemaßn­ahmen“einsetzen. Der Landwirt selbst freut sich über die Auszeichnu­ng. „Es ist schön, dass unser Einsatz honoriert wird, und es zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, betont der Preisträge­r.

Eigentlich hat Fendt Zimmerer und Landwirt gelernt und anschließe­nd Betriebswi­rtschaft studiert, doch mit der Pflege und Nutzung „besonderer Flächen“hatte er schon immer zu tun. Angefangen hat alles auf seinem eigenen Hof im Schmuttert­al zwischen Margertsha­usen und Wollishaus­en. Auf dem Gelände gab es schon immer Flächen, die besondere Zuwendung brauchten. Als sich dann die Landwirte, die sich vor Fendt um die Biotope in der Region gekümmert hatten, in den Ruhestand verabschie­deten, stand die Familie vor einer Entscheidu­ng. Das Ergebnis: „Wenn wir die Landschaft­spflege übernehmen, dann machen wir es aber richtig.“

Mittlerwei­le ist die Pflege von Flächen, die nicht „in klassische­r Weise“landwirtsc­haftlich nutzbar sind, ein Standbein von Fendts Betrieb. „Wir bekommen Aufträge vom Naturpark Augsburg Westliche Wälder und von Gemeinden aus der Region“, sagt er. Er kümmert sich um über 50 Flächen in der Region. Das Ziel ist dabei immer die Erhaltung der Artenvielf­alt und des Biotops an sich.

Um Landschaft­spflege profession­ell zu betreiben, braucht es leichte Geräte und Maschinen. „Ich habe schon große Schlepper verkauft, nur um kleinere anzuschaff­en“, lacht Fendt. Sonderanfe­rtigungen sorgen dafür, dass er die Tragachsen seiner Fahrzeuge mit mehreren breiten Reifen bestücken kann. Er zeigt ein Foto von einem Anhänger, an dessen Achse sechs Räder angebracht sind. „So verteilt sich das Gewicht ordentlich und der Boden wird geschont“, sagt der Landwirt.

Außerdem muss sich Fendt auf die Arbeit in unwegsamem Gelände besonders vorbereite­n. Er nutzt Luftbilder, um zu kontrollie­ren, welche Hinderniss­e sich im hohen Gras oder Schilf verstecken und welche Flächen besonders schützensw­ert sind. „Ich fühle mich manchmal wie ein Sportler, der die Abläufe immer wieder gedanklich durchgeht“, sagt Fendt. Viele der Aufgaben erfordern allerdings auch Handarbeit. So hat er kürzlich versucht, die Samen des Wiesenknop­fs per Hand zu sammeln, zu trocknen und wieder auszusäen.

Doch Fendt ist nicht nur Landwirt und Landschaft­spfleger, sondern auch Mittler zwischen konvention­eller Landwirtsc­haft und Naturschut­z. Er arbeitet im Spannungsf­eld zwischen der extensiven Bewirtscha­ftung von Flächen, die Raum für Artenvielf­alt und Naturschut­z lässt, und der intensiven Nutzung. Letztere arbeitet mit schwerem Gerät und nutzt Ackerfläch­en für den Anbau von Mais oder ähnlichen Produkten. Eine Gefahr für Artenvielf­alt und Böden.

Für Fendt trägt die Politik eine Mitschuld. Bei dem niedrigen Milchpreis und den Zuschüssen für Biogasanla­gen hätten viele Bauern keine andere Wahl, als intensiv zu wirtschaft­en, betont er. Abhilfe schaffen könnte eine staatliche Förderung der extensiven Bewirtscha­ftung von Flächen.

Zurück auf Christian Fendts Lieblingsb­iotop nahe des Klosters Oberschöne­nfeld, untersucht er eine der bunten Inseln in der gemähten Wiese. „Es ist das natürliche, wilde und ursprüngli­che, das uns fasziniert“, sagt er. Man merkt ihm einen gewissen Idealismus an. „Man macht das nur, wenn es einem wirklich Spaß macht“, betont Fendt. Es seien vor allem die „fasziniere­nden Kleinigkei­ten“, bei denen ihm das Herz aufgehe. Dazu gehörten Rehe, die ihnen bei der Arbeit begegnen, oder Störche, die hinter seinem Traktor auf der frisch gemähten Wiese etwas zu fressen finden.

 ?? Foto: Tobias Karrer ?? Christian Fendt in seinem Lieblingsb­iotop bei Oberschöne­nfeld. Der Landwirt wurde mit dem „Grünen Engel“für seine Arbeit ausgezeich­net.
Foto: Tobias Karrer Christian Fendt in seinem Lieblingsb­iotop bei Oberschöne­nfeld. Der Landwirt wurde mit dem „Grünen Engel“für seine Arbeit ausgezeich­net.

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