Augsburger Allgemeine (Land West)

Sie war fast 40 Jahre, als sie zum ersten Mal Schuhe trug

-

verlangt in Äthiopien. Sie darf nicht zur Schule, weil das für Mädchen nicht üblich ist im Dorf. Stattdesse­n muss sie Wasser holen und Brennholz sammeln. Jeden Tag trägt sie den gelben Plastikkan­ister vier Stunden weit zur Wasserstel­le – und schleppt die 25 Liter Wasser auf dem Rücken dann wieder zurück.

Wenn Guday Zewde ihre Geschichte erzählt, kommt ihr kein Lächeln über die Lippen. Sie erzählt von einem harten Leben in Afrika – so, wie man es sich in Europa vorstellt. Von Armut, Elend und Not. Von schwerer Arbeit auf dem Feld, wo der Pflug noch vom Ochsen gezogen wird. Von den neun Kindern, die sie bekommen hat. Und davon, dass sie schon fast 40 war, als sie zum ersten Mal Schuhe trug – weil sie sich zuvor die einfachen Plastiksch­lappen nicht leisten konnte.

Bei der Frage allerdings, ob sie gerne noch einmal jung wäre, fängt die alte Frau schallend an zu lachen. „Aber klar doch“, sagt sie glucksend, weil sie die Idee so lustig findet, ein Leben wie ihre Enkelin Sebil führen zu können. „Heute ist alles so viel einfacher, so viel schöner.“Heute gibt es Autos für die weiten Strecken, die sie zu Fuß gelaufen ist. Es gibt eine Getreidemü­hle für die Arbeit, die sie per nur als Krisenherd und hilfsbedür­ftiges Armenhaus, sondern als Kontinent mit viel Potenzial und einer langsam wachsenden Mittelschi­cht, die hungrig ist nach Konsumgüte­rn.

Was fehlt, ist Arbeit für diese junge Generation. In Äthiopien sind 60 Prozent der Jugendlich­en arbeitslos, mehr als 20 Millionen zusätzlich­e Jobs braucht Afrika jährlich. Sonst wird die hohe Jugendarbe­itslosigke­it auch für Europa zum Problem, weil noch mehr Menschen in Schlepperb­ooten übers Mittelmeer kommen. „Wir müssen die Fluchtursa­chen vor Ort bekämpfen“, fordert Bundesentw­icklungsmi­nister

Newspapers in German

Newspapers from Germany