Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Frage nach der Unbesiegba­rkeit

Fußball Experten in der Region freuen sich mit den deutschen Titelgewin­nern. Der Tenor: Der Konkurrenz­druck steigt gewaltig

- VON OLIVER REISER

Landkreis Augsburg

Da ist sie wieder, die alte Frage: Sind wir jetzt auf Jahre hinaus unschlagba­r? Genau das hatte der Kaiser höchstselb­st nach dem WM-Triumph der deutschen Fußball-Nationalma­nnschaft 1990 in Italien und der deutschen Wiedervere­inigung behauptet. Was kam, ist bekannt. Diesmal spricht vieles dafür, dass es sportlich erfolgreic­her weitergeht als vor inzwischen 27 Jahren. Deutschlan­d ist amtierende­r Weltmeiste­r. Am Freitag gab’s den Titel bei der U 21-Europameis­terschaft in Polen, am Sonntag den Sieg beim Confed-Cup in Russland mit einer ebenfalls sehr jungen Mannschaft. Ein Jahr vor der Weltmeiste­rschaft hat der deutsche Fußball sein ungeheures Potenzial nachhaltig unter Beweis gestellt.

Wir haben Fachleute aus der Region um ihre Bewertung gebeten.

● Marco Löring (Ex-FCA-Profi und Trainer des Landesliga-Aufsteiger­s SV Cosmos Aystetten): Das Momentum war in der letzten Woche auf deutscher Seite. Alle hatten Bedenken mit dieser Rumpftrupp­e beim Confed-Cup, aber was ich ge- habe, war überzeugen­d. Vor allem gegen Chile. Länderspie­le gegen Südamerika­ner sind kein Vergnügen! Die U21 ist über sich hinausgewa­chsen. Da habe ich Spanien als Favorit gesehen. Was passiert, wenn die WM aber wirklich losgeht, werden wir sehen. Das ist etwas anderes. Da werden sie Gesetzten auflaufen. Schlecht ist jedoch nicht, solche Backups zu haben. Leon Goretzka oder Timo Werner können es durchaus schaffen.

● Helmut „Bobby“Riedl (Trainer des Süd-Bezirkslig­isten TSV Neusäß): Es war anscheinen­d Motivation für die junge Truppe, dass man ihr im Vorfeld nichts zugetraut und nur gequengelt hat. Aber das sind alles gestandene Profis, die es den Fachleuten zeigen wollten. Obwohl sie noch nie zusammen gespielt haben, haben sie eindrucksv­oll bewiesen, was mit Teamgeist möglich ist. Gegen Australien gab es zwar noch einige Ungereimth­eiten, aber gegen Chile, das mit fast allen Mitteln versucht hat, das Turnier zu gewinnen, wurde phänomenal dagegen gehalten. Joachim Löw hat nun ein Jahr Zeit, aus dieser Auswahl ein Team zu formen. Es ist immer schön, wenn man als Trainer aus dem Vollen schöpfen kann, aber er wird auch dem einen oder anderen wehtun müssen. Ich bin gespannt, ob er weiter an den verdienten Spielern festhält. Dass der deutsche Fußball so gut da steht, liegt vielleicht auch daran, dass in Deutschlan­d nicht so viel Geld vorhanden ist wie zum Beispiel in England und deshalb auch deutsche Spieler drankommen und sich entwickeln können. Der Konkurrenz­kampf wird sich auch in den Vereinen auswirken. Kimmich, Rudy oder Süle müssen bei Bayern regelmäßig spielen, wenn sie zur WM fahren wollen.

● Torsten Vrazic (Abteilungs­leiter des Nord-Bezirkslig­isten TSV Meitingen): Es gab eine ähnliche Situatiseh­en on mit Frankreich oder auch Spanien, wo die Jugendarbe­it über Jahre hinweg fruchtete. Jetzt scheint sich das Blatt zu wenden. Man muss auch schauen, wo diese jungen Wilden das Kicken gelernt haben. Viele haben bei kleinen Vereinen angefangen. Jugendarbe­it rentiert sich also. Nicht nur mit den Alternativ­en, die sich im ConfedCup gegen die aggressive­n Chilenen nicht nur in einer Abwehrschl­acht behauptet haben, sondern immer noch Doppelpass gespielt haben, aber auch mit der U21 wächst etwas heran. Ich freue mich auf die nächsten Jahre. Eine derart große Auswahl kann gut oder schlecht sein, weil immer irgendwelc­he Spieler darunter leiden. Aber Jogi Löw scheint das im Griff zu haben. Da kann man nur den Hut ziehen. Noch ein Wort zum ConfedCup: Beim Test des Video-Beweises hat man sich wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert. Wenn das immer so gehandhabt wird, kann man es gleich wieder einstellen.

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Marco Löring
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Helmut Riedl
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Torsten Vrazic

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