Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Frage nach der Unbesiegbarkeit
Fußball Experten in der Region freuen sich mit den deutschen Titelgewinnern. Der Tenor: Der Konkurrenzdruck steigt gewaltig
Landkreis Augsburg
Da ist sie wieder, die alte Frage: Sind wir jetzt auf Jahre hinaus unschlagbar? Genau das hatte der Kaiser höchstselbst nach dem WM-Triumph der deutschen Fußball-Nationalmannschaft 1990 in Italien und der deutschen Wiedervereinigung behauptet. Was kam, ist bekannt. Diesmal spricht vieles dafür, dass es sportlich erfolgreicher weitergeht als vor inzwischen 27 Jahren. Deutschland ist amtierender Weltmeister. Am Freitag gab’s den Titel bei der U 21-Europameisterschaft in Polen, am Sonntag den Sieg beim Confed-Cup in Russland mit einer ebenfalls sehr jungen Mannschaft. Ein Jahr vor der Weltmeisterschaft hat der deutsche Fußball sein ungeheures Potenzial nachhaltig unter Beweis gestellt.
Wir haben Fachleute aus der Region um ihre Bewertung gebeten.
● Marco Löring (Ex-FCA-Profi und Trainer des Landesliga-Aufsteigers SV Cosmos Aystetten): Das Momentum war in der letzten Woche auf deutscher Seite. Alle hatten Bedenken mit dieser Rumpftruppe beim Confed-Cup, aber was ich ge- habe, war überzeugend. Vor allem gegen Chile. Länderspiele gegen Südamerikaner sind kein Vergnügen! Die U21 ist über sich hinausgewachsen. Da habe ich Spanien als Favorit gesehen. Was passiert, wenn die WM aber wirklich losgeht, werden wir sehen. Das ist etwas anderes. Da werden sie Gesetzten auflaufen. Schlecht ist jedoch nicht, solche Backups zu haben. Leon Goretzka oder Timo Werner können es durchaus schaffen.
● Helmut „Bobby“Riedl (Trainer des Süd-Bezirksligisten TSV Neusäß): Es war anscheinend Motivation für die junge Truppe, dass man ihr im Vorfeld nichts zugetraut und nur gequengelt hat. Aber das sind alles gestandene Profis, die es den Fachleuten zeigen wollten. Obwohl sie noch nie zusammen gespielt haben, haben sie eindrucksvoll bewiesen, was mit Teamgeist möglich ist. Gegen Australien gab es zwar noch einige Ungereimtheiten, aber gegen Chile, das mit fast allen Mitteln versucht hat, das Turnier zu gewinnen, wurde phänomenal dagegen gehalten. Joachim Löw hat nun ein Jahr Zeit, aus dieser Auswahl ein Team zu formen. Es ist immer schön, wenn man als Trainer aus dem Vollen schöpfen kann, aber er wird auch dem einen oder anderen wehtun müssen. Ich bin gespannt, ob er weiter an den verdienten Spielern festhält. Dass der deutsche Fußball so gut da steht, liegt vielleicht auch daran, dass in Deutschland nicht so viel Geld vorhanden ist wie zum Beispiel in England und deshalb auch deutsche Spieler drankommen und sich entwickeln können. Der Konkurrenzkampf wird sich auch in den Vereinen auswirken. Kimmich, Rudy oder Süle müssen bei Bayern regelmäßig spielen, wenn sie zur WM fahren wollen.
● Torsten Vrazic (Abteilungsleiter des Nord-Bezirksligisten TSV Meitingen): Es gab eine ähnliche Situatisehen on mit Frankreich oder auch Spanien, wo die Jugendarbeit über Jahre hinweg fruchtete. Jetzt scheint sich das Blatt zu wenden. Man muss auch schauen, wo diese jungen Wilden das Kicken gelernt haben. Viele haben bei kleinen Vereinen angefangen. Jugendarbeit rentiert sich also. Nicht nur mit den Alternativen, die sich im ConfedCup gegen die aggressiven Chilenen nicht nur in einer Abwehrschlacht behauptet haben, sondern immer noch Doppelpass gespielt haben, aber auch mit der U21 wächst etwas heran. Ich freue mich auf die nächsten Jahre. Eine derart große Auswahl kann gut oder schlecht sein, weil immer irgendwelche Spieler darunter leiden. Aber Jogi Löw scheint das im Griff zu haben. Da kann man nur den Hut ziehen. Noch ein Wort zum ConfedCup: Beim Test des Video-Beweises hat man sich wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert. Wenn das immer so gehandhabt wird, kann man es gleich wieder einstellen.