Augsburger Allgemeine (Land West)
Sprache als Schlüssel zur Welt
Schule Berufe mit Fremdsprachen öffnen weltweit Türen. K!ar.Texterin Katrin Steger will Fremdsprachenkorrespondentin werden. Warum ihr oft Englisch Französisch vorkommt
Bobingen/Augsburg
Während sich andere Schüler montagmorgens missmutig im Physiksaal hinter die Schulbank zwängen, gehen bei mir in der Inlingua-Berufsfachschule wieder die Türen zur Welt auf. Pünktlich um acht Uhr betreten die Schüler dort mindestens fünf Länder gleichzeitig. Die ersten beiden Stunden verbringen sie in England, dann gibt es einen Abstecher nach Frankreich oder Spanien. Zwischendurch kehren sie wieder nach Deutschland zurück. Man will ja nicht die eigene Muttersprache verlernen.
Der aufmerksame Leser fragt sich: Wurde in dieser Schule etwa das Beamen erfunden? Nein, besondere Unterstützung in den naturwissenschaftlichen Fächer bekommen wir nicht. Unsere Aufgabe liegt in einem anderen Bereich: Wir werden dort zu staatlich geprüften Fremdsprachenkorrespondenten ausgebildet. Welche Voraussetzung sollte für die zweijährige Ausbildung erfüllt sein? Zum einen benötigen Interessierte einen Mittleren Bildungsabschluss. Was noch viel mehr zählt: Offenheit für andere Kulturen und Interesse an wirtschaftlichen Zusammenhängen.
Ich habe mich für die Ausbildung entschieden, weil mir Sprachen Spaß machen. An der Schule lerne ich neben Englisch auch Französisch. Trotzdem rückt die Freude manchmal in den Hintergrund, etwa wenn die englischen Vokabeln nur während dem Französischunterricht in den Sinn kommen oder schon wieder die Zahlungsbedingungen in den verschiedenen Ländern durcheinanderkommen. Ich frage mich: „Warum müssen die Begriffe aber auch immer so gleich klingen?“
Am schwierigsten sind meiner Meinung nach Texte vom Deutschen in die Fremdsprache zu übersetzen. Es gilt auf sehr viele kleine sprachliche Feinheiten zu achten. Das Deutsche ist bekannt für die sprachlichen Hürden. Hinzu kommt, dass viele Details in der Muttersprache gar nicht weiter auffallen. Wenn ich es pessimistisch sehe, dann kommt es mir manchmal so vor, als würde hinter jedem Wort eine Falle lauern.
Zum Glück habe ich immer noch meine Klassenkameraden, die mir sofort zu Hilfe eilen, sollte mir wieder die falsche Vokabel einfallen. Wem das Übersetzen von Allgemeinund Fachtexten als Schulfach schon exotisch vorkommt, der wird sich wundern: Des Weiteren belege ich die Fächer Gesprächsdolmetschen, Auslandskunde oder Informationsverarbeitung. Im Unterricht der Handelskorrespondenz wird uns beigebracht, wie wir Geschäftsbriefe in der Fremdsprache formulieren.
So aufgelistet klingen die Stunden zugegebenermaßen wirklich langweilig und staubtrocken. Da viele Lehrer aber Muttersprachler sind, wird der Stoff in Wirklichkeit sehr praxisnah und humorvoll vermit- telt. Immer wieder versuchen wir uns in ein Unternehmen hineinzuversetzen, um einen besseren Bezug zu den Geschäftsbriefen zu haben. Einmal haben wir sogar unseren ganz eigenen Betrieb geplant und Flyer für die Marketing-Abteilung entworfen. So vergehen die beiden Ausbildungsjahre wie im Flug.
Aber was kommt nach der Ausbildung? Fremdsprachenkorrespondenten arbeiten meist in internationalen Unternehmen. Dort übernehmen sie den gesamten Schriftverkehr mit ausländischen Kunden sowie deren Betreuung bei Besuchen. Einige Stellen lassen sich in Patentanwaltskanzleien oder in der Tourismusbranche finden.
Wer vom Lernen und den Sprachen noch nicht genug hat, bekommt die Möglichkeit drei Jahre draufzusetzen und einen Abschluss als staatlich geprüfter Übersetzer und Dolmetscher absolvieren. Wohin mich mein Weg führt, ist noch offen. Ich kann mir aber vorstellen später entweder genau diese Zusatzausbildung zu machen oder doch in den Journalismus zu wechseln – das steht noch in den Sternen. Sicher ist: Ich bleibe den Sprachen treu. Sprachen sind schließlich der Schlüssel zur Welt.
Für mich geht es jetzt erst weiter. Klassenzimmertür auf und schnurstracks nach Irland. Meine irische Lehrerin wartet bestimmt schon.