Augsburger Allgemeine (Land West)
Wenn sich Wahlkampf als Satire tarnt
Politik Die Nachwuchsorganisation der CSU muss sich im Internet dem Vorwurf der „Fake News“erwehren und die Grünen haben ähnlichen Ärger am Hals
Mit einer umstrittenen Aktion hat die Junge Union Bayern im Internet einigen Wirbel ausgelöst und Unmut auf sich gezogen. Die Ausschreitungen zum G20-Gipfel in Hamburg wollte die Nachwuchsorganisation der CSU offenbar nutzen, um der politischen Konkurrenz eins auszuwischen – und griff dabei auf fragwürdige Methoden zurück.
Unter einem Original-Zitat von Schulz zur Randale in Hamburg mit der Überschrift „Was Martin Schulz twittert“postete die JU auf ihrer eigenen Facebook-Seite unter dem Titel „Was Martin Schulz vorhat“ein weiteres vermeintliches Zitat des SPD-Kanzlerkandidaten. Es lautet: „Wir empfinden Linksextremismus als aufgebauschtes Problem. Deshalb wollen wir mit deren politischen Fürsprechern ab September in Deutschland regieren.“
Gesagt oder geschrieben hat Schulz das so freilich nie – doch die Junge Union verkaufte es so. Mit einem Bild und dem Namen des Sozialdemokraten und mit täuschender Ähnlichkeit zu einem offiziellen „Tweet“von Schulz.
Das virale Echo erfolgte sogleich und es hatte weitgehend einen Klang: Populismus, Fake News, auf den Spuren der AfD, niveaulos – innerhalb weniger Stunden häuften sich die Kommentare, die alle in die gleiche Kerbe schlugen. Andere Kommentatoren sahen in der Aktion eine gelungene Satire, die bei einem Blick auf die unterschiedlichen TwitterAdressen von Original (Marin Schulz) und Fälschung (therealMartinSchulz) sofort als solche zu erkennen sei. Beim Durchforsten der Kommentarspalten finden sich jedoch auch mehrere User, die Schulz’ angebliche Äußerung für bare Münze hielten. Ein Sprecher der JU verteidigte derweil die provokante Aktion. Dem Stern erklärte er, der Post von „@therealMartinSchulz“sei ausreichend als solcher gekennzeichnet.
Die Nachwuchspolitiker der Jungen Union sind im Übrigen nicht die Einzigen, die in Zeiten des Wahlkampfs mit echten und falschen Zitaten spielen. Auf Bundesebene machten jüngst die Grünen auf sich aufmerksam, als sie Wahlplakate der FDP fälschten und unter dem Motto „Lindnersprüche“ins Netz stellten. Ein Beispiel: Während auf dem Originalplakat neben Parteichef Christian Lindner der Spruch „Die Digitalisierung ändert alles. Wann ändert sich die Politik?“steht, heißt es bei den Grünen „Ein neues Design ändert alles. Aber wann ändert sich endlich die FDP?“Allerdings handelten sich die Grünen mit dieser Aktion selbst bei den eigenen Mitgliedern gewissen Ärger ein, gab sich die Partei doch erst Anfang des Jahres eine Selbstverpflichtung zu einem „fairen Wahlkampf“, in der es unter anderem heißt: „Lügen und bewusste Falschaussagen sowie das Verbreiten von nachweislich und eindeutig falschen Meldungen, Zitaten und Behauptungen lehnen wir entschieden ab.“