Augsburger Allgemeine (Land West)
Der langlebige Kaffeetrinker
Ein Vorurteil ist, wenn man zu etwas eine Meinung hat, bevor man diese einer gründlichen Untersuchung und einer ordentlichen Abwägung unterzogen hat.
Weil unsere Welt immer komplexer wird, wachsen auch die Vorurteile. Hirnforscher fanden heraus, dass Menschen immer stärker kategorisieren müssen, um die ganze Informationsflut bewältigen zu können. Da bietet sich das Vorurteil natürlich an wie ein leckeres Eis an einem warmen Sommernachmittag.
Einige Beispiele gefällig? Linke sind alle Gratler, FDP-Politiker spießig und Bayern tragen den ganzen Tag Lederhosen. Alles Blödsinn, natürlich. Aber tatsächlich weitverbreitet.
Das galt lange Zeit auch für das Vorurteil, dass Kaffee gesundheitsschädlich sein soll. Lange Zeit hieß es außerdem, er entzöge dem menschlichen Körper Wasser. Auch falsch. Aber darum wird in guten Cafés bis zum heutigen Tag zum Kaffee ein Glas Wasser gereicht. Geschadet hat das Vorurteil der Beliebtheit von Espresso und Co. nicht. Wohl, weil die Lust größer war als die Bedenken.
Inzwischen macht sich die Wissenschaft daran, den Ruf des auch bei uns so gerne genossenen Getränkes endgültig zu rehabilitieren. Eine aktuelle britische Langzeitstudie, die über 16 Jahre und zehn Länder erhoben wurde, belegt sogar statistisch, dass die Wahrscheinlichkeit zu sterben von Männern mit sehr hohem Kaffeekonsum innerhalb des beobachteten Zeitraumes zwölf Prozent geringer ist als unter Nicht-Kaffeetrinkern (wir berichteten). Bei den Frauen sind es übrigens sieben Prozent.
Was lernen wir aus solch interessanten statistischen Erkenntnissen? Kaffeegenuss scheint nicht schädlich für die Gesundheit zu sein. Man würde aber mit der Behauptung, dass Kaffeetrinker grundsätzlich länger leben, ein neues Vorurteil verbreiten.