Augsburger Allgemeine (Land West)
Was Franz Müntefering nach Augsburg führt
Empfang Der frühere Bundesminister und SPD-Parteichef, der sich aus der aktiven Politik zurückgezogen hat, ist jetzt auf einem anderen Feld aktiv. Das hat auch mit seinem Alter zu tun. Wie war das noch im Jahr 2006?
Er gehört mit Sicherheit nach wie vor zu den bekanntesten Gesichtern der SPD auf Bundesebene – auch wenn sich Franz Müntefering aus der großen Politik verabschiedet hat. Der heute 77-Jährige war von 1998 bis 1999 Bundesverkehrsminister. Später, in den Jahren von 2005 bis 2007, war „Münte“, so sein allgemein geläufiger Spitzname, Vizekanzler und Bundesarbeitsminister im ersten Kabinett von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Über viele Jahre hinweg prägte Müntefering den politischen Kurs der SPD. Er war Vorsitzender der Bundestagsfraktion und zudem Parteivorsitzender. Unvergessen ist sein Spruch auf einem Sonderparteitag, der im Jahr 2004 in Berlin stattfand: „Opposition ist Mist.“
In seiner Zeit als aktiver Bundespolitiker war Müntefering wiederholt in Augsburg. Die Stadt ist ihm also nicht fremd. Auch im Goldenen Buch der Stadt ist der frühere Minister verewigt. Am 13. Oktober 2006 trug er sich ein. Dies war noch zu Zeiten des früheren SPD-Oberbürgermeisters Paul Wengert. Müntefering war damals Festredner beim Festakt zum 20-jährigen Be- stehen der Lehmbaugruppe. Die Veranstaltung fand im Goldenen Saal im Rathaus statt. Am Donnerstag kehrte der SPD-Politiker, der in Herne lebt, nach Augsburg zurück. Weg führte ihn wieder in den Goldenen Saal des Rathauses. Er war auch dieses Mal der Festredner einer Veranstaltung. Denn seit 25. November 2015 hat Müntefering ein ehrenamtliches Amt inne: Er ist Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen. Unter dem Dach der Organisation haben sich mehr als 110 VerDer bände mit neun Millionen älteren Menschen zusammengeschlossen. Quasi als „oberster Cheflobbyist der Senioren“kam Müntefering zum Empfang der Stadt anlässlich des 30-jährigen Bestehens des Seniorenbeirats. „Älter werden in dieser Zeit“, lautete das Motto des Festvortrags.
Müntefering versteht es nach wie vor, mit seinem einprägsamen sauerländischen Zungenschlag die Leute im Saal mitzunehmen. Wenn er was zu sagen hat, wird ihm zugehört. Müntefering geht es in seiner jetzigen Position darum, die Interessen der älteren Generation energisch zu vertreten. Dass dies vielleicht nicht jedem Vertreter der jüngeren Generation gefalle, sei dabei nicht entscheidend: „Auch wir Älteren müssen sagen, was von uns gewünscht wird.“Eine falsch verstandene Zurückhaltung sei fehl am Platz: „Dass wir unsere Interessen vertreten, gehört zum Wesen einer Demokratie“. Auch die Städte und Gemeinden müssten sich darauf einstellen, den Erwartungen der älteren Generation gerecht zu werden.
Bürgermeisterin Eva Weber zeigte sich beim Festakt dafür aufgeschlossen: „Die Senioren sind eine wichtige Kraft der Gesellschaft.“