Augsburger Allgemeine (Land West)
Frauen machen öfter Schluss
Ehen Im Durchschnitt hält der „Bund fürs Leben“knapp 15 Jahre. Meist sagt sie, wann es genug ist
Landkreis Augsburg Verliebt, verlobt, verheiratet – geschieden? Im Kreis Augsburg gingen im Jahr 2016 insgesamt 576 Ehen endgültig in die Brüche, damit lag die absolute Zahl der Ehescheidungen um 20 höher als 2015. Was nicht dem Bayerntrend entspricht, denn da sank die Zahl der Scheidungen leicht.
Immerhin herrscht, wenn’s darum geht, einen Schlussstrich zu ziehen, unter den Exliebenden oft Einigkeit: Von 576 Scheidungsanträgen im Kreis wurden von den Betroffenen 74,7 Prozent im gegenseitigen Einverständnis gestellt, dass es so nicht weitergehen kann.
Noch ziehen – wie im bayernweiten Trend – Frauen schneller die Reißleine als Männer: Rund 45,1 Prozent der Anträge im Kreis Augsburg wurden von den Ehefrauen eingereicht, mit oder ohne Zustimmung des Mannes, meistens aber mit. In weiteren 33,2 Prozent der Fälle wollten die Männer die Scheidung, und in den restlichen 21,7 Prozent der Fälle reichten die Ehegatten gemeinsam die Scheidungspapiere ein. Mit Blick auf die Vorjahre haben die Männer kräftig aufgeholt: Im Jahr 2000 wollten hier noch deutlich mehr Frauen (60,5 Prozent) als Männer (39,1 Prozent) die Ehe beenden.
Ob mit oder ohne Zustimmung, Widerstand ist zwecklos, wenn es um die Durchsetzung einer Scheidung geht. Der Ehepartner oder die Ehepartnerin kann die Trennung durch ein Nein maximal drei Jahre verhindern: Die Regeltrennungszeit beträgt laut Gesetz ein Jahr.
Nach einjähriger Trennungsphase erfolgten im Kreis Augsburg 456 aller 576 Scheidungen. In weiteren 116 Fällen wehrte sich ein Expartner drei Jahre lang, künftig wieder als Single oder als alleinerziehende Mutter oder alleinerziehender Vater durchs Leben zu gehen. Der Rest sind Spezialfälle, in denen das Familiengericht aufgrund besonderer Umstände das Scheitern einer Ehe feststellt. Sind Kinder da, dann gilt, dass es grundsätzlich beim gemeinsamen Sorgerecht bleibt, im Scheidungsverfahren ist deshalb das Sorgerecht kein Thema mehr, das Gericht entscheidet nicht darüber. Es sei denn, einer oder beide Ehegatten beantragen dies ausdrücklich.
Und wie lange hält eine durchschnittliche Ehe in Bayern? Nun, im Jahr 2016 war nach knapp 15 Ehejahren Schluss – im rechnerischen Durchschnitt wohlgemerkt. Denn am häufigsten scheiterten Ehen im fünften und sechsten Ehejahr. Mehr als jeder zehnte Bund fürs Leben ging nach dieser Zeit in die Brüche, wobei die meisten Scheidungen im sechsten Ehejahr erfolgten (rund 5,3 Prozent aller Scheidungen in Bayern) und weitere fünf Prozent im fünften Ehejahr.
Doch ganz so schlimm, wie es scheint, steht es um die Ehe, zumindest in Neusäß, nicht. Laut dem Standesamt in Neusäß liegt die Zahl der Eheschließungen seit 2014 konstant bei ungefähr 130 Ehen pro Jahr. Und ganz besonders erfreulich ist die Wiederheirat von Paaren nach einer Scheidung. In Neusäß haben in den letzten zwei Monaten drei Paare nach ihrer bereits gescheiterten Ehe wieder geheiratet. Claudia Diehl vom Standesamt Neusäß: „Es scheint ein gutes Jahr zu sein, um sich wieder zu finden.“»Aufgefallen (zds, schoj)