Augsburger Allgemeine (Land West)
Ein Augsburger hilft auf hoher See
Interview Franz Hörwick ist ab Freitag mit dem Schiff „Sea-Eye“der gleichnamigen Organisation vor der libyschen Küste unterwegs. Er will Flüchtlinge in Seenot retten
Herr Hörwick, Sie werden ab dem 21. Juli mit einem Schiff der Hilfsorganisation Sea-Eye unterwegs sein, die Flüchtlinge in Seenot retten will. Wie kam es dazu? Franz Hörwick: Das ist das erste Mal, dass ich das mache. Im letzten Herbst habe ich mich dafür entschieden. Interessiert habe ich mich für so einen Einsatz schon länger, aber da hat immer die Bequemlichkeit gesiegt. Irgendwann dachte ich mir: Du machst das jetzt. Und habe mich bei ein paar Organisationen beworben.
Haben Sie sich schon vorher für Flüchtlinge engagiert?
Hörwick: Nein, gar nicht. Deswegen dachte ich mir auch, dass es höchste Zeit wird, so etwas zu machen.
Wie läuft der Einsatz ab? Und wie lässt er sich mit Ihrer eigentlichen Arbeit vereinbaren?
Hörwick: Von Malta aus geht es in einer dreißigstündigen Überfahrt in die Gewässer vor der Küste Libyens. Da sind wir dann zwei Wochen. Der Einsatz ist ehrenamtlich, ich nehme mir dafür drei Wochen Urlaub. Von Sea-Eye bekomme ich Kost und Logis, aber verdienen tue ich mit dem Einsatz natürlich nichts.
Warum engagieren Sie sich gerade für Sea-Eye?
Hörwick: Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich bei der Auswahl nicht gerade wählerisch war (lacht). Bei einem Crewtreffen habe ich aber festgestellt, dass mir die Organisation sehr gut gefällt. Es ist zwar klar abgesteckt, wer was machen muss, wer wofür zuständig ist. Aber es ist alles sehr menschlich, sehr umgänglich. Offen. Die Leute sind alle entspannt, obwohl es um eine große Sache geht und viel Organisation dahintersteckt. Sie sind fokussiert, aber nicht hysterisch. Und das fand ich sehr sympathisch.
Was ist Ihre Aufgabe auf dem Schiff?
Hörwick: Ich bin Deckhand. Also quasi Mädchen für alles. Es ist ein relativ kleines Schiff mit einer Besatzung von neun Mann. Es gibt eine klare Aufgabenverteilung: einen Schiffsarzt; einen, der das Schlauchboot fährt; einen, der den Kran bedient. Und eben Deckhands. Ich habe noch nie auf einem Schiff gearbeitet und habe auch keine Ahnung von der See. Daher bin ich froh, dass ich als Deckhand eingesetzt werde und Anweisungen ausführe.
Was erwarten Sie von der Aktion?
Hörwick: Tatsächlich habe ich keine großen Erwartungen, außer vielleicht, mit dem Gefühl zurückzukommen, meinen Beitrag geleistet zu haben, dass weniger Menschen dort unten verunglückt sind. Dieses Jahr sind schon knapp 2400 Menschen im Mittelmeer ertrunken oder vermisst.
Kritiker werfen Organisationen wie Sea-Eye vor, viele Flüchtlinge durch die Rettungsaktionen erst zu motivieren, über das Meer nach Europa zu kommen. Was sagen Sie dazu? Hörwick: Ich glaube persönlich nicht, dass Flüchtlinge von Rettungsaktionen angezogen werden. Die Hauptüberwindung ist doch nicht, zu sagen: Ich gehe aufs Meer hinaus. Sondern die Heimat, die Familie zu verlassen. Das fördern wir doch überhaupt nicht. Es gibt auch Studien, die zeigen, dass durch solche Rettungsaktionen nicht mehr Menschen flüchten. Selbst wenn es so wäre, wäre das auch kein Grund, sie nicht zu retten.
Haben Sie spezielle Kompetenzen gebraucht, um teilnehmen zu können?
Hörwick: In meiner Jugend war ich Rettungsschwimmer bei der Wasserwacht. Und dass ich eine Ausbildung zum Altenpfleger absolviert habe, wurde auch gerne gesehen. Im Endeffekt kann aber jeder der Organisation schreiben. Man muss nichts speziell können, um zu helfen.
Interview: Jan Kandzora