Augsburger Allgemeine (Land West)
Ei, ei, ei – in diesem Hühnerhaufen herrscht Ordnung
Unser Essen In Andrea Mayrs Stall in Großaitingen dreht sich alles ums Ei. Sie erklärt, warum das Geschäft im Herbst und vor Ostern „brummt“und warum in ihrer Familie nur die kleinsten Eier auf den Frühstückstisch kommen / Serie (5)
Großaitingen
Wenn der Stall der Legehennen voll besetzt ist, dann gackern etwa 900 Tiere auf dem Hof von Andrea Mayr in Großaitingen. Ein Teil der Tiere begrüßt Besucher des Hofladens, denn sie haben eine Art „Wintergarten“und dürfen nach draußen spitzeln.
Im Stallinneren leben die Legehennen in Volieren. Platzmangel haben sie dort nicht, denn der Stall ist für 3000 Legehennen ausgelegt, was für die Bäuerin auch bedeutet, dass der Stall im Winter beheizt werden muss, weil die Tiere zu viel Platz haben, um sich gegenseitig wärmen zu können. Aktuell liegt der Bestand an Legehennen bei 600 Tieren und das hat auch einen Grund. Selbst Eier sind ein Saisongeschäft. „Im Herbst braucht man sie zum Backen und vor Ostern zum Ostereierfärben“, erklärt die Kreisbäuerin. Im Sommer ist die Nachfrage eher gering.
Andrea Mayrs Hühnerstall ist ein straff organisiertes Unternehmen. Derzeit holt sie täglich etwa 500 Eier aus dem Stall. Binnen drei Wochen muss sie die Eier verkaufen. Vier Wochen sind sie in der Regel halt- Ihre Tiere legen für gewöhnlich vormittags und so variiert die Anzahl der Eier auch: je nachdem, wann sie diese aus dem Stall holt. Grundsätzlich lässt sich beobachten, dass die weißen Eier, die die weißen Hennen legen, früher gelegt werden als die braunen Eier, die von den braunen Hennen stammen.
Auf diesen feinen Unterschied muss Andrea Mayr insbesondere dann achten, wenn sie ihre Legehennen im Alter von 18 Wochen zukauft. „Die weißen Eier werden zur Osterzeit eher nachgefragt, weil sie sich leichter färben lassen“, verrät die Kreisbäuerin. Das Alter von 18 Wochen ist für die künftigen Legehennen im Übrigen genau der rechte Zeitpunkt, um bei Andrea Mayr einzuziehen, denn nach einer Eingewöhnungszeit von etwa vier Wochen (und damit im Alter von 22 Wochen) beginnen die Tiere zu legen. „Die Hennen müssen lernen, dass sie ihre Eier in die Legenester legen“, erklärt die 49-Jährige. Wenn sie erst auf den Hof kommen, wenn sie bereits Eier gelegt haben, lassen sie sich nicht mehr daran gewöhnen, ihre Eier an einem festen Ort abzulegen. Und das bringt letztlich die ganze Produktion durcheinander.
Aus den Legenestern werden die Eier via Eier-Band aus dem Stall he- raustransportiert. Gewaschen werden dürfen die Eier nicht, denn dann würden sie ihre natürliche Schutzschicht verlieren.
Anschließend werden sie maschinell gewogen, um festzustellen, ob es sich um ein Ei der Klasse S,M, L oder XL handelt. Jede Größe hat dabei ihre bestimmte Grammzahl. Weniger als 53 Gramm wiegen Eier der Klasse S. Zwischen 53 und 63 Gramm wiegen Eier der Klasse M. Die Klasse L reicht von 63 bis 73 Gramm, und darüber fallen die Eier in die Klasse XL.
Andrea Mayr und ihre Familie haben dabei eine ganz besondere
Nach rund 450 Eiern wird die Legehenne zum Suppenhuhn
Vorliebe. „Bei uns kommen nur Eier der Größe S auf den Frühstückstisch“, verkündet sie und erklärt auch gleich warum: Das Verhältnis von Eiweiß zu Dotter ist nahezu gleich. Erst mit zunehmender Eigröße wächst der Eiweißanteil, der Dotteranteil bleibt jedoch gleich.
Im Umkehrschluss bedeutet das, dass Familie Mayr nur dann Frühstückseier hat, wenn die Legehenken nen noch ganz jung sind, denn dann sind ihre Eier klein, der EiweißDotter-Anteil ist fast 1:1 und die Schale ist besonders hart. Mit dem Alter der Legehenne wachsen Eigröße und Eiweiß-Anteil. Die Schale wird hingegen dünner.
Derzeit, das heißt über die Sommermonate hinweg, fehlt es vor allem an Eiern der Größe XL, denn die ältesten Legehennen wurden bereits geschlachtet und zu Suppenhühnern verarbeitet. Nach etwa eineinhalb Jahren Legetätigkeit und etwa 450 gelegten Eiern pro Legehenne ist das auf dem Mayr-Hof der Fall. Um sie zu Hähnchen zu verarbeiten, wären die Tiere jetzt bereits viel zu alt.
Zum Vergleich: Ein Hähnchen, das später zum Grillhähnchen wird, lebt nur etwa 45 Tage. Das Geschlecht des Grillhähnchens ist dabei egal. In dem Teil ihrer Landwirtschaft, in dem vor allem Hähnchenfleisch produziert wird, leben mehrere Tausend Tiere.
Den landwirtschaftlichen Part der Arbeit übernimmt auf dem Hof der mittlere Sohn von Andrea Mayr, der 24-jährige Johannes. Automatisiert erfolgen die Futter- und Wasserausgabe im Stall sowie der Transport der Eier aus dem Stall heraus. „Danach ist Handarbeit angesagt“, verrät die 49-Jährige. Aktuell denbar. Mutter und Sohn darüber nach, die Eier vom Hof zu Nudeln verarbeiten zu lassen und sie dann erst im Hofladen zu verkaufen. Doch mit dieser Idee stehen sie noch am Anfang. Zunächst wird es beim Eierverkauf im Hofladen sowie beim Verkauf einmal wöchentlich in der Marktschwärmerei in Augsburg bleiben. Hier werden die Eier vom Mayr-Hof in größerem Radius verbreitet. Die Kundschaft, die direkt auf den Hof kommt, stammt eher aus dem Großraum Bobingen und Schwabmünchen. Unter der Woche werden hier größere Mengen abgenommen, am Wochenende kaufen sich die Kunden hier ihre Frühstückseier. Etwa 20 Cent kostet dann ein Ei vom Mayr-Hof.
Zudem gibt es die Eier auch aus dem Automaten. Dieser funktioniert so, wie man es von Lebensmittelautomaten gewohnt ist: Man steckt das Kleingeld ein und wählt die Ware aus. In den Fächern befinden sich Eier verschiedener Größen und sogar eine „Ein-KilogrammPackung“, worin sich die kleinen Eier der Klasse S befinden.
Seit zwei Jahren steht der Automat, der im Sommer gekühlt und im Winter beheizt wird, um die Eiertemperatur konstant zwischen zehn und 15 Grad Celsius zu halten. „Mittlerweile haben wir uns daran gewöhnt“, erklärt die Kreisbäuerin und verrät: „Anfangs haben wir uns schon gefragt, wer nachts auf unseren Hof fährt. Dann wussten wir: Auch nachts werden Eier aus dem Automaten geholt.“