Augsburger Allgemeine (Land West)
Wie kam der Disco Schütze an seine Waffe?
Polizei Sie könnte aus Armeebeständen stammen. Was wir nach der Schießerei von Konstanz wissen – und was nicht
Woher hatte der Schütze von Konstanz seine Waffe? Das war die Frage, um die sich gestern bei der Polizei alles gedreht hat. Das Sturmgewehr des mutmaßlichen Täters werde von einer Sonderkommission intensiv untersucht, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft gestern. So werde etwa abgeklärt, ob die Waffe aus Armeebeständen stamme oder aus einzelnen Teilen, die der Mann sich möglicherweise im sogenannten Darknet, einem abgeschlossenen Teil des Internets, beschaffte.
Eine aus 35 Beamten bestehende Sonderkommission versucht zu klären, was genau sich am Sonntagmorgen in der Konstanzer Diskothek Grey abgespielt hat. Zahlreiche Gäste hätten bereits Fotos und Videos zur Verfügung gestellt, erklärt die Polizei Konstanz auf Anfrage unserer Zeitung. Die Inhalte würden aktuell gesichtet und gewichtet. Weiteren Aufschluss erwarten die Ermittler durch die Obduktion des mutmaßlichen Täters und des getöteten Türstehers. Dann wird es auch um die Frage gehen, ob der Schütze unter Drogeneinfluss stand. Er war bereits mehrfach vorbestraft gewesen. Nicht nur wegen Drogendelikten, sondern auch wegen gefährlicher Körperverletzung.
Nach bisherigen Erkenntnissen hatte der 34-Jährige am Sonntagmorgen gegen 4.30 Uhr an der Diskothek um sich geschossen. Ein Türsteher, mit dem er zuvor in Streit geraten war, wurde getötet. Bei einem Schusswechsel mit der Polizei starb auch der Angreifer, der zuvor einen Polizisten angeschossen hatte. Drei Menschen wurden laut Polizei schwer, sieben leicht verletzt. Partygäste flohen in Panik aus dem Klub.
Dem verletzten Polizisten wurde eine Patrone aus dem Kopf entfernt. Der 29 Jahre alte Beamte hat den Eingriff nach Informationen unserer Zeitung gut überstanden und ist nach der Operation wieder ansprechbar. Sein Titan-Polizeihelm hat ihm das Leben gerettet, indem er die Kugel massiv abbremste.
Am Tag nach dem Verbrechen waren die Spuren des Schusswechsels noch immer sichtbar: An der Eingangstür des „Grey“klaffte ein großes Einschussloch im Glas, auf dem Parkplatz vor dem Klub sicherte die Polizei weitere Patronenhülsen. Das betreffende Areal sei sehr groß, daher dauere die Spurensicherung eine Weile, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Wie viele Schüsse gefallen seien, könne man noch nicht sagen – es gebe jedoch ein leeres Magazin mit rund 15 bis 20 Schuss. Neben der Waffe untersuche die Sonderkommission auch die genauen Hintergründe der Tat, sagte der Sprecher weiter. So werde etwa das Verhältnis zwischen dem Täter und seinem Schwager abgeklärt, der den Konstanzer Klub „Grey“für eine Gesellschaft leitete. Auch der Grund, warum es zum Streit kam, sei Gegenstand der Ermittlungen. Zeugen würden ebenfalls befragt – dabei müsse man sehr behutsam vorgehen, da diese teilweise noch unter dem Schock des Erlebten stünden.
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl sprach am Montag von „Glück im Unglück“. „Mit einem solchen Schnellfeuergewehr, einer schweren Kriegswaffe, kann man natürlich in einer Diskothek wirklich etwas Furchtbares anrichten“, sagte er.
Die Stadt Konstanz trauert unterdessen um die Opfer – vor dem Eingang der Diskothek legten Menschen Blumen und Kerzen unter das Absperrband der Polizei. Mitarbeiter des Klubs sprachen den Angehörigen auf der Facebook-Seite der Disco ihr Beileid aus.