Augsburger Allgemeine (Land West)
„Festgemeinde“feiert in den Höfen Zusmarshausens
Besondere Tage Hier gibt’s Spaß für alle bei zwölf Stunden Tanzen am Stück, warme Suppe gegen die Kälte und Musik für jeden Geschmack. An diesem Ereignis freuen sich vor allem Familien. Ohne Ehrenamtliche hätte es so nicht stattfinden können
Zusmarshausen
Regenwetter – war da mal was? Wie frühere Naturvölker den Wechsel heraufbeschworen, tanzten und feierten die Zusser beim großen Schlossfest die feucht-kühle Witterung zum Start am Freitagabend einfach weg. Spätestens am Tag zwei der viertägigen Megafete zogen sich die grauen Wölkchen über dem Zusamtal nach und nach zurück. Ohnehin hätten sich die Leute doch „von so einem bisschen Pipi von oben die Laune nicht verderben lassen“, wie ein prächtig gestimmter Moderator Marcel Courvoisier von den Bettschonern zu Beginn mutig gegen den schlecht gelaunten Petrus gestichelt hatte.
Nirgends mehr zwischen den Bühnen auf Schloss-, Strasser-, Springhof und Heuboden war dann der weinende Himmel noch ein Thema. Sieht man mal davon ab, dass der Zusmarshauser Sänger und Gitarrist Freddy Hartmann beim abendlichen Einstimmen für seinen dynamischen Auftritt mit dem „Küchentrio“die humorvolle Perspektive wählte: „Ich freue mich, wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch“, bemühte der sympathische Musiker den berühmten Karl Valentin und legte mit seinen Mitstreitern Bernhard Hecker (Kontrabass) und Toni Kohler (Schlagwerk, Gesang) mal schwungvoll, mal verträumt los. Mit gut gewürzten Einlagen, genauso wie die leckere heiße Suppe, die Bürgermeister Bernhard Uhl nebenan frisch und live aus der Gulaschkanone kredenzte. So wie am Eröff- nungsabend und die ganze Nacht darauf beim Boogie-Woogie-Wirbeln mit Ehefrau Manuela gab der erste Mann der Marktgemeinde auch mit aufgesetztem Käppi und gezückter Suppenkelle eine gute Figur ab.
Um den Appetit auf Blasmusik und Rock bemühten sich während des zweiten Schlossfestes rund 30 Bands und Gruppen mit lokalem wie überregionalem Bezug. In beiden Sphären bewegt sich seit vielen Jahren sicher wie elegant die Frau, die bei dem für viele Besucher unvergesslich bleibenden Feierfestival alle Fäden in der Hand hielt und stets zur Stelle war, wenn die Organisatorin gebraucht wurde: Irene Frank. Die Sprecherin des Kulturkreises, dem dieses ausgiebige wie wunderbar gelungene Stimmungsfeuerwerk an der schönen blauen Zusam zu verdanken ist, erhebt als Mitglied der bekannten „Rockröhrengruppe“Vivid Curls & Band immer wieder ihre Stimme. So auch am vorletzten Abend der Veranstaltung für so ziemlich jeden Genre-Geschmack. Deren neues Album „Eine Welt“passte auch zur Situation im Ortskern mit den Höfen und einem einzigartigen Ambiente, wie Irene Frank im Namen auch der vielen Ehrenamtlichen fast nicht aufhören wollte zu schwärmen: „Eine Festgemeinde“war wohl auch ganz im Sinne von Rathauschef Uhl, der sich über dieses besondere Engagement in verschiedenen Arbeitskreisen und mit einer Vorbereitungszeit von anderthalb Jahren sehr erfreut gezeigt hatte.
„Bereits 2011 wurde das 1505 erbaute Schloss Zusmarshausen aus seinem Dornröschenschlaf erweckt und diente als Kulisse für ein überaus erfolgreiches Event der Extraklasse“, betonte er. Der erlösende Prinz wurde zwar an keinem der vier Tage entdeckt, dafür aber eine Menge engagierter Mannsbilder wie die „zugereisten“ehrwürdigen Handwerker vom Historischen Verein Neumünster. Unter der Leitung von Erich Pux und eingehüllt in edle Arbeitsgewänder ließen es die Mitglieder beim Mosten, Spinnen, Schmieden, Besenbinden und Töpfern richtig krachen. Sehr zur Freude der zahlreichen Zuschauer, die staunten und fragten. Dabei kamen etwa über ein altes Spinnrad lange Stränge aus Seegras zustande, die dann zu bildschönen Kränzen weitergeflochten wurden. Freilich diente der Rohstoff aus den heimischen Wäldern früher als Grundlage für Matratzen, für deren Herstellung früher allein die Herren der Schöpfung zuständig waren. Doch selbst bei der von ihnen einst dominierten Bundeswehr sind die Kerls nicht mehr unter sich, wie die Lebensretter-Vorführung einer Soldatenabordnung vom Sanitätsregiment 3 Dornstadt deutlich machte. Aus mancher Dienstmütze blinzelte ein Zöpfchen heraus. „Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit im Rahmen der künftigen Patenschaft“, strahlte Kompaniechef Christian Riedel.
Für die besondere weibliche Note beim Dienst für die Gemeinschaft zeigte sich eine charmant auftretende Traudi Filpe aus dem Vorstand des katholischen deutschen Frauenbundes zuständig: „Hier geht es keinesfalls nur um alte Frauen“, betonte die Beisitzerin der Organisation mit rund 300 Mitgliedern und verwies auf die Ehrenarbeit für Bürger von zwei Jahren bis ins Seniorenalter. In einem leuchtendweißen Mutter-Kind-Pavillonzelt konnten sich gestresste Eltern mal bei einem „Piccolo-to-go“ein wenig entspannen. Das blieb dem wichtigen Security-Mann Michael Selzle die ganze Zeit über verwehrt. Er hielt sein wachsames Auge während der ganzen Zeit über die vier fröhlichen Zusmarshauser Extra-Feiertage. „Ein richtiges Familienfest ist das hier“, freute sich der Vater dreier Kinder aus Aystetten.
„Ich freue mich, wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch“ Der Musiker Freddy Hartmann zitierte den berühmten Karl Valentin