Augsburger Allgemeine (Land West)
Kim rüstet verbal ab
Hintergrund Der nordkoreanische Diktator verzichtet zunächst darauf, die US-Pazifikinsel Guam anzugreifen. Übersetzt heißt die Botschaft an US-Präsident Trump: Mach mir ein Angebot!
Peking/Seoul
Kim Jong Un will es doch nicht darauf ankommen lassen. Die Ankündigung von Nordkoreas Machthaber, mit dem angedrohten Raketenangriff auf die US-Pazifikinsel Guam „ein wenig länger“warten zu wollen, kann als Signal der Abrüstung im Krieg der Worte zwischen Nordkorea und den USA gewertet werden. „Es ist ein Rückzieher“, sagt der chinesische Experte Jin Qiangyi von der Yanbian-Universität in der Provinz Jilin an der Grenze zu Nordkorea. „Er will Spannungen abbauen, weil sich die Position der USA immer weiter verhärtet, was nichts Gutes für Nordkorea verheißt.“
Nach Beratungen mit seinen Generälen über die Angriffspläne sagte Kim, er wolle das „dumme und blöde Verhalten der Yankees“noch etwas beobachten. Wahrscheinlich hat Nordkoreas Führer das für nächste Woche geplante Manöver der USA mit Südkorea im Auge. Auf jeden Fall spielte er den Ball ins Feld von Donald Trump, indem er den USPräsidenten aufforderte, ihm eine „ordentliche Option“zu unterbreiten.
Können beide ins Geschäft kommen? Sehr schwierig. Aber wer will, kann Kims Äußerungen als verklausulierte Botschaft verstehen, irgendwie mit Washington sprechen zu wollen. Einige Beobachter in den USA glauben zwar, dass Trump ihn mit seinen barschen Drohungen in die Knie gezwungen hat, aber es scheint vielmehr das bekannte nordkoreanische Drehbuch zu sein: Drohen, bluffen, Angst schüren, Aufmerksamkeit erreichen und dann Forderungen stellen. Am Ende wird endlos über mögliche Verhandlungen verhandelt, um damit schon Konzessionen zu erreichen.
Dabei hat Nordkorea immer den Erzfeind USA im Blick und schert sich wenig um den großen Nachbarn China. „Der Schlüssel liegt bei den USA“, sagt Jin Qiangyi. „Kim Jong Un schenkt der Haltung der USA am meisten Aufmerksamkeit. Er schert sich nicht um andere Länder.“Die USA sind aber nicht zu Verhandlungen oder Konzessionen bereit, solange sich Kim nicht vor- her klar zur Aufgabe seines Atomund Raketenprogramms bekennt. Mit Druck, Sanktionen und Isolation will Trump den jungen Machthaber zum Einlenken bewegen, doch glaubt China nicht, dass diese Werkzeuge allein eine Lösung bringen können. Dafür müssten die USA aus chinesischer Sicht Nordkoreas Sicherheitsbedürfnisse berücksichtigen, Entgegenkommen zeigen und erst mal in Verhandlungen einsteigen, an deren Ende vielleicht irgendwann eine atomwaffenfreie koreanische Halbinsel stehen kann.
Auch Südkorea plädiert für Dialog. Die Regierung in Seoul sprach sich so deutlich wie noch nie gegen eine militärische Lösung aus. Einen Krieg gelte es „um jeden Preis zu verhindern“, sagte der Präsident Moon Jae In aus Anlass des 72. Jahrestages der Befreiung von Japan. Einen Militäreinsatz gegen Nordkorea könne es nur mit Zustimmung seiner Regierung geben. Damit bekräftigte Moon, dessen Vater ein Kriegsflüchtling aus dem heutigen