Augsburger Allgemeine (Land West)
Der Gast darf ins Ehebett
Es gibt nichts Zuverlässigeres als Geschichte, die sich wiederholt. In den 1950ern hieß Sommerurlaub drei Wochen Hausham. Das liegt fußläufig 25 Minuten nördlich von Schliersee. Und war viel preiswerter als der bekannte Ferienort. Darum karrte ein Haushamer Busunternehmer Familien aus dem Ruhrpott, die mal eine Kuh sehen wollten, in den Süden („Mutti, ich hab’ ein Kalb gestreichelt, das hat gar nichts gesagt“).
Die Einheimischen waren begeistert von der Invasion und gaben sogar ihre Ehebetten frei. Der Kramer-Sepp schlief in der Badewanne, sein Weib auf der Bank.
Hausham 1957: Zwei Marmeladensemmeln zum Frühstück für die „Preißn“, fl. kalt. Wasser, das Touristenmenü mit Suppe beim „Neuwirt“für 1,80 Mark. Die Blagen, nicht die Madln und Buam, machten fortan den Straßenlärm.
Palma de Mallorca 2017: Die Stadtwohnungen sind fest in deutscher Mieterhand. Der Mallorquiner kommt in ein Zehn-Quadratmeter-Zimmer und löhnt dafür 1000 Euro an den mallorquinischen Eigentümer, teilt sich das Bad mit den Alemanes. Ja, die Geister, die man rief …
Hausham ist längst out. „Ich bin dann mal weg“, sagt heute der Dortmunder und verstopft den Jakobsweg in Nordspanien genauso wie die Hit-Destination Allgäu. Es sollen bereits zigtausende von Vorbestellungen für die Skischaukel am Riedberger Horn eingegangen sein. Solange der Allgäuer nicht im Hühnerstall schlafen muss, ist aber alles gut. Und so heil war die Welt 1957 in Hausham auch nicht. Pfarrer Specht musste von der Kanzel herunter die Urlauberinnen tadeln, „die in kurzen Hosen unseren Burschen die Sinne verwirren“.