Augsburger Allgemeine (Land West)
Wenn die Biene ins Hotel zieht
Tierwelt Insektenhotels liegen im Trend. Was beim Bau oder Kauf beachtet werden soll und welche Tiere dort Unterschlupf suchen
Landkreis Günzburg
„Insektenhotels liegen voll im Trend“, sagt Ottmar Frimmel von der Unteren Naturschutzbehörde im Landkreis Günzburg. Und das sei auch gut so, meint er. Denn gerade die Wildbiene, die zu den wichtigen Bestäubern zählt, sei in ihrem Bestand bedroht. Wer diese Tiere schützen will, sollte beim Bau oder Kauf eines Insektenhotels wichtige Dinge beachten, rät Frimmel.
„Rund 560 verschiedene Arten von Wildbienen gibt es in Deutschland“, erklärt der Experte. Viele Wildbienenarten seien jedoch bedroht, beispielsweise wegen Flächenverlust durch Überbauung, industrielle Landwirtschaft und das Ausbringen von Pestiziden. Die Wildbienen sind Einzelgänger. Sie bauen Nester, teils oberirdisch und zum Großteil unterirdisch. Die Tiere nehmen auch gerne die Unterstützung der Menschen an, die ihnen Wohnraum in Form von Insektenhotels zur Verfügung stellen. Doch leider sind nicht alle Insektenhotels für die Tiere, die darin überwintern sollen, geeignet. Laut Frimmel gibt es dabei einiges zu beachten. Wer beispielsweise die Wildbienen schützen möchte, sollte auf Stroh, Heu, Kiefern- und Fichtenzapfen, Holzschnitzel, Lochsteine und Gasbetonsteine verzichten. Diese Materialien sind laut Frimmel für die Wildbienen völlig ungeeignet. Heu und Stroh würden beispielsweise Ohrwürmern, Spinnen und Marienkäfern Unterschlupf bieten.
Für Wildbienen sollten Hölzer mit Bohrungen angeboten werden. Hier sei zu beachten, dass keine Baumscheiben mit Bohrungen an der Frontseite benutzt werden. Das Holz kann reißen, Pilze und Parasiten können eindringen und die Brut vernichten. Die Löcher sollten an der Längsseite des Holzes gebohrt werden. Wichtig sei, dass das Holz trocken ist und immer Hartholz verwendet wird, wie beispielsweise Erle, Buche, Esche und alte Obstbäume. Fichte und Kiefer sind laut Frimmel nicht geeignet.
Die Löcher sollten mit unter- Durchmessern von zwei bis zehn Millimeter gebohrt werden, und zwar bis zu einer Bohrerlänge tief. Das Bohrmehl ausklopfen und die Lochöffnung mit Schmirgelpapier glätten, die Tiere könnten sich sonst verletzten. Das Loch nicht ganz durchbohren. Die Rückseite soll verschlossen sein, betont Frimmel. Eine Reinigung der Niströhren sei nicht erforderlich. Einige Bienenarten würden bei Platzmangel die Röhren selbst reinigen.
Geeignet als Unterkünfte für die Wildbienen sind ferner morsches Totholz, Schilfhalme sowie Bambus und Pappröhren. Dabei sei zu beachten, dass der Innendurchmesser drei bis zehn Millimeter beträgt. Die Röhre soll an einem Ende geschlossen sein. In Bündeln regensicher aufgehängt werden sollten die Röhren, beispielsweise in Konservendosen oder Lochziegeln. Stängel von Brombeere, Himbeere oder Heckenrosen sind ebenfalls geeignet.
Niststeine sollten aus gebranntem Ton sein, da nicht gebrannter Ton aufquellen kann und von den Tieren nicht angenommen wird.
Der Standort für ein Insektenhotel sollte trocken und warm, in Richtung Südost bis Südwest ausgerichtet sein und mehrere Stunden am Tag Sonne abgekommen. Die Insektenunterkunft sollte vor Regen geschützt werden, eventuell mit eischiedlichen nem wasserabweisenden Dach. Standorte im Schatten werden von den Tieren nicht abgenommen. Das Insektenhotel sollte nicht in Bäume oder Hecken gehängt werden und auch nicht im Wind baumeln.
Wenn sich die Honigbiene in den Bienenstand zurückzieht, weil ihr das Wetter zu kühl ist, dann sei die Wildbiene immer noch fleißig unterwegs, betont Frimmel.
Können Wildbienen eigentlich stechen? Theoretisch ja, lautet die diplomatische Antwort des Naturexperten. Jedoch sind Wildbienen sehr friedfertig. Bei vielen Arten sei der Stachel so weich, dass er nicht einmal die menschliche Haut durchdringen kann, erklärt Frimmel. Deshalb sollte man vor Wildbienen keine Angst haben, sondern den Bienen helfen und sie im Garten oder auf dem Balkon ansiedeln.
„Auf den Lebensraum kommt es an, der muss stimmen“, betont Frimmel. Sein leidenschaftlicher Appell richtet sich dabei vor allem an die Gartenbesitzer: Der Garten sollte artenreich gestaltet sein mit Pflanzen, die Nahrung in Form von Pollen und Nektar bieten. Blumenwiesen anlegen, dabei gilt, je magerer der Boden, desto blütenreicher entwickeln sich die Pflanzen. Die Flächen sollten nicht gemulcht und auch nicht gedüngt werden. Es sollte nur heimisches Saatgut verwendet werden.