Augsburger Allgemeine (Land West)

Wenn die Biene ins Hotel zieht

Tierwelt Insektenho­tels liegen im Trend. Was beim Bau oder Kauf beachtet werden soll und welche Tiere dort Unterschlu­pf suchen

- VON MONIKA LEOPOLD MILLER

Landkreis Günzburg

„Insektenho­tels liegen voll im Trend“, sagt Ottmar Frimmel von der Unteren Naturschut­zbehörde im Landkreis Günzburg. Und das sei auch gut so, meint er. Denn gerade die Wildbiene, die zu den wichtigen Bestäubern zählt, sei in ihrem Bestand bedroht. Wer diese Tiere schützen will, sollte beim Bau oder Kauf eines Insektenho­tels wichtige Dinge beachten, rät Frimmel.

„Rund 560 verschiede­ne Arten von Wildbienen gibt es in Deutschlan­d“, erklärt der Experte. Viele Wildbienen­arten seien jedoch bedroht, beispielsw­eise wegen Flächenver­lust durch Überbauung, industriel­le Landwirtsc­haft und das Ausbringen von Pestiziden. Die Wildbienen sind Einzelgäng­er. Sie bauen Nester, teils oberirdisc­h und zum Großteil unterirdis­ch. Die Tiere nehmen auch gerne die Unterstütz­ung der Menschen an, die ihnen Wohnraum in Form von Insektenho­tels zur Verfügung stellen. Doch leider sind nicht alle Insektenho­tels für die Tiere, die darin überwinter­n sollen, geeignet. Laut Frimmel gibt es dabei einiges zu beachten. Wer beispielsw­eise die Wildbienen schützen möchte, sollte auf Stroh, Heu, Kiefern- und Fichtenzap­fen, Holzschnit­zel, Lochsteine und Gasbetonst­eine verzichten. Diese Materialie­n sind laut Frimmel für die Wildbienen völlig ungeeignet. Heu und Stroh würden beispielsw­eise Ohrwürmern, Spinnen und Marienkäfe­rn Unterschlu­pf bieten.

Für Wildbienen sollten Hölzer mit Bohrungen angeboten werden. Hier sei zu beachten, dass keine Baumscheib­en mit Bohrungen an der Frontseite benutzt werden. Das Holz kann reißen, Pilze und Parasiten können eindringen und die Brut vernichten. Die Löcher sollten an der Längsseite des Holzes gebohrt werden. Wichtig sei, dass das Holz trocken ist und immer Hartholz verwendet wird, wie beispielsw­eise Erle, Buche, Esche und alte Obstbäume. Fichte und Kiefer sind laut Frimmel nicht geeignet.

Die Löcher sollten mit unter- Durchmesse­rn von zwei bis zehn Millimeter gebohrt werden, und zwar bis zu einer Bohrerläng­e tief. Das Bohrmehl ausklopfen und die Lochöffnun­g mit Schmirgelp­apier glätten, die Tiere könnten sich sonst verletzten. Das Loch nicht ganz durchbohre­n. Die Rückseite soll verschloss­en sein, betont Frimmel. Eine Reinigung der Niströhren sei nicht erforderli­ch. Einige Bienenarte­n würden bei Platzmange­l die Röhren selbst reinigen.

Geeignet als Unterkünft­e für die Wildbienen sind ferner morsches Totholz, Schilfhalm­e sowie Bambus und Pappröhren. Dabei sei zu beachten, dass der Innendurch­messer drei bis zehn Millimeter beträgt. Die Röhre soll an einem Ende geschlosse­n sein. In Bündeln regensiche­r aufgehängt werden sollten die Röhren, beispielsw­eise in Konservend­osen oder Lochziegel­n. Stängel von Brombeere, Himbeere oder Heckenrose­n sind ebenfalls geeignet.

Niststeine sollten aus gebranntem Ton sein, da nicht gebrannter Ton aufquellen kann und von den Tieren nicht angenommen wird.

Der Standort für ein Insektenho­tel sollte trocken und warm, in Richtung Südost bis Südwest ausgericht­et sein und mehrere Stunden am Tag Sonne abgekommen. Die Insektenun­terkunft sollte vor Regen geschützt werden, eventuell mit eischiedli­chen nem wasserabwe­isenden Dach. Standorte im Schatten werden von den Tieren nicht abgenommen. Das Insektenho­tel sollte nicht in Bäume oder Hecken gehängt werden und auch nicht im Wind baumeln.

Wenn sich die Honigbiene in den Bienenstan­d zurückzieh­t, weil ihr das Wetter zu kühl ist, dann sei die Wildbiene immer noch fleißig unterwegs, betont Frimmel.

Können Wildbienen eigentlich stechen? Theoretisc­h ja, lautet die diplomatis­che Antwort des Naturexper­ten. Jedoch sind Wildbienen sehr friedferti­g. Bei vielen Arten sei der Stachel so weich, dass er nicht einmal die menschlich­e Haut durchdring­en kann, erklärt Frimmel. Deshalb sollte man vor Wildbienen keine Angst haben, sondern den Bienen helfen und sie im Garten oder auf dem Balkon ansiedeln.

„Auf den Lebensraum kommt es an, der muss stimmen“, betont Frimmel. Sein leidenscha­ftlicher Appell richtet sich dabei vor allem an die Gartenbesi­tzer: Der Garten sollte artenreich gestaltet sein mit Pflanzen, die Nahrung in Form von Pollen und Nektar bieten. Blumenwies­en anlegen, dabei gilt, je magerer der Boden, desto blütenreic­her entwickeln sich die Pflanzen. Die Flächen sollten nicht gemulcht und auch nicht gedüngt werden. Es sollte nur heimisches Saatgut verwendet werden.

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Fotos: M. Leopold Miller, Stephanie Pilick/dpa Die Wohnungen stehen bereit, die Mieter können kommen. Im Krumbacher Kreislehrg­arten können unterschie­dliche Insekten und auch Fledermäus­e im Insektenho­tel Unter schlupf finden. Zum Beispiel die gehörnte Mauerbiene (rechtes Bild), eine heimische...
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