Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Milch kommt von Kühen, Kamelen und Schafen

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sei geholfen, wenn man ihnen zeigt, wie sie Milch haltbar machen, indem sie Käse herstellen. Weil die Allgäuer darin Spezialist­en sind, schien es naheliegen­d, den Jordaniern eine Käserei zu spendieren.

Das passte gut ins Konzept der Rallye, die aus einer „Schnapside­e“entstand, wie Gehr immer wieder gerne erzählt. Über die Voraussetz­ungen für die Verwirklic­hung ihrer neuen Idee verfügten die Rallye-Organisato­ren: Sie investiert­en 100 000 Euro aus dem Verkauf der RallyeFahr­zeuge von zwei Jahren in Bau und Einrichtun­g der Käserei und kannten idealistis­che Fachleute, die sich bereit erklärten, vor Ort Starthilfe zu leisten. Einige nahmen Urlaub für das Projekt, ihre Reisekoste­n nach Nahost übernahm das Rallye-Team. Gehr, der es gewohnt ist, für seine Sache zu trommeln, holte namhafte Partner ins Boot: Aus dem jordanisch­en Königshaus ließ sich Prinzessin Basma bint Talal als Unterstütz­erin gewinnen, und das World Food Programme, das Welternähr­ungsprogra­mm der Vereinten Nationen, schien die Sache eine Zeit lang zu begleiten – zumindest geht dies aus Einträgen auf der Rallye-Homepage sowie aus Zeitungsar­tikeln hervor, in denen Gehr vollmundig die Fortschrit­te des Projekts beschrieb. Im Nachhinein frei-

scheint es nicht nur verwegen, sondern fast schon blauäugig zu glauben, Beduinen würden dauerhaft eine Käserei betreiben. Wie soll ein Volk, das sich traditione­ll durch Mobilität und Wanderscha­ft definiert, die konsequent­e Betreuung einer pflegeinte­nsiven Anlage gewährleis­ten? Wer soll in der Wüste die hygienisch­en Mindeststa­ndards garantiere­n, die zur Herstellun­g von Käse nun mal notwendig sind?

Die beherzten Allgäuer ließen sich nicht von Zweifeln bremsen. Neben den nötigen Gerätschaf­ten – vom Käsekessel über Kühlanlage­n bis hin zur Solarstrom­anlage, die für heißes Wasser sorgt – exportiert­en sie ihr Können in den Orient. Handwerker wie Walter und Norbert Hartmann aus Stiefenhof­en fuhren nach Al Rabiat und installier­ten technische Geräte. „Wir sahen, wie die Jordanier ihre Milch weggeschüt­tet haben und dachten: Da muss man was tun“, schildert Wal- ter Hartmann die Anfangs-Euphorie. Heute ist er enttäuscht: „Das war das Letzte, was ich in Sachen Entwicklun­gshilfe gemacht habe.“

Woran das Projekt scheiterte? Vielleicht, vermutet der Installali­ch

teur- und Spenglerme­ister, lag es an der Sprachbarr­iere. „Wir wissen nicht, was den Beduinen erzählt wurde.“Auch die Mentalität der Jordanier führt Hartmann ins Feld: „Die Käserei hat von Anfang an nicht geklappt. Wenn die Deutschen nicht da waren, wurde kein Käse gemacht.“

Dabei dürfte es nicht am Knowhow gefehlt haben. Käsermeist­er Manuel Metzler aus dem Bregenzerw­ald kümmerte sich um die Ausbildung. Er half beim Aufbau der Käserei vor Ort und lud 2011 zwei Jordanier in seinen Familienbe­trieb in Egg (Vorarlberg) ein, um ihnen das Käsen zu zeigen. Über seine Lehrlinge sagt er: „Sie haben halt so gut mitgearbei­tet, wie es geht.“Ein weiteres Mal fuhr Metzler ins Dorf Al Rabiat, um dort Fachleute auszubilde­n. Wieder stellte er fest: „Die taten sich von Anfang an schwer.“

Unter Metzlers Anleitung ging die Käserei in Betrieb. „Mit 30, 40

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