Augsburger Allgemeine (Land West)
Auf dem Weg zur energieeffizientesten Brauerei
Umwelt Die Privatbrauerei Ustersbach setzt nicht nur auf handwerkliche Braukunst und Bierqualität. Sie investiert auch kontinuierlich in Klimaschutz und effiziente Energienutzung. Was damit ein Sieben-Punkte-Paket zu tun hat
Die Privatbrauerei Ustersbach legt größten Wert auf die Qualität ihrer Rohstoffe. „Nur so können im Verbund mit den Braumeistern hervorragende Biere entstehen“, resümiert Brauerei-Chefin Stephanie Schmid. Doch ebenso wichtig ist für sie und ihr Team ein nachhaltiges, umweltschonendes Energiekonzept für die Produktion. Dafür investiert das Unternehmen kontinuierlich in innovative Technologien. Dass dieses Konzept aufgeht, zeigen nicht nur der 2015 erhaltene Innovationspreis, sondern vor allem die Betriebszahlen, die mehr und mehr in Richtung auf eine energieautarke Brauerei weisen.
Diese Unabhängigkeit von Fremdressourcen und fossilen Brennstoffen sei das oberste Ziel, verdeutlicht Erster Braumeister Wolfgang Dahnke. „Die Brauerei peilt die Realisation sämtlicher Energiesparpotenziale an, damit wir möglichst jede Energie aus eigener Produktion gewinnen.“Dabei seien nicht 80 oder 90, sondern stets 100 Prozent im Fokus. Ihm schweben eine komplette Umstellung des Energiehaushalts des Unternehmens und die damit verbundene Verknüpfung einzelner Ablaufprozesse vor. Dazu benötige man Weitblick, Visionen und das notwendige Know-how.
Nachhaltiges Denken und Handeln seien allerdings keine Hauruckaktionen, vielmehr bewusste Entscheidungen, verdeutlicht Stephanie Schmid. „Die Schonung natürlicher Ressourcen ist uns seit Jahrzehnten Antrieb für umfangreiche Investitionen.“Die Amortisierung trete durchschnittlich nach zehn Jahren, in einigen Fällen sogar früher ein. „Das hängt oft auch von politischen wie örtlichen Rahmenbedingungen ab.“Viele dieser Visionen hat die Brauerei bereits umgesetzt oder auf den Weg gebracht. Stephanie Schmid spricht von einem „grünen Weg“, der in eine gesunde Umwelt münde, von Mehrwegsystemen und Photovoltaikmodulen über umweltfreundliche Kälteanla- gen bis hin zur Nutzung erneuerbarer Energien.
Oder vom 2014 installierten gasbetriebenen Blockheizkraftwerk. In einem rund zwei Millionen Euro teuren Projekt wird überschüssige Wärme in einen zentralen Schichtspeicher mit verschiedenen Ableitungen an mehrere Verbrauchsstellen eingespeist. Alle Produktionsprozesse seien so angepasst, dass sie die Energietechnik bestmöglich unterstützen, berichtet der Technische Leiter Josef Geh. „Die direkte Einbindung der Energieerzeugung von Strom und Wärme in die Produktionsprozesse ermöglicht hier eine maximale Effizienz und Kohlendioxid-Einsparung sowie Entlastung des Stromnetzes“, so der Maschinenbauingenieur weiter. Er realisierte auch den Umstieg auf Stapler mit Antrieb aus Flüssiggas oder selbst erzeugtem Strom. Die moder- Lkws laufen mit Ad-BlueTechnologie.
Die bisher eingebrachten Aktionen und Projekte spiegeln sich wider im „Grünen Weg der Gelben Marke“, so der offizielle Name des Energieprojekts der vielfach prämierten Brauerei im Naturpark Augsburg Westliche Wälder. Er beinhaltet die großen Schritte der Brauerei in Richtung Umweltschutz. So heißt die Devise Mehrweg statt Müllberg. „Die Glasflaschen werden über 50-mal wieder befüllt“, plaudert der Brauereimeister aus dem Nähkästchen. Durch die Nutzung von Solarenergie und Abwärme des Blockheizkraftwerks ist der Energiebedarf der Produktion um mehr als 30 Prozent gesenkt worden. Modernes Wassermanagement hat zudem den Wasserverbrauch je produziertem Hektoliter nahezu halbiert.
Herzblut steckt auch in der modernen Filtration. „Dadurch können wir auf den wertvollen Naturrohstoff Kieselgur verzichten“, freut sich die Geschäftsführerin. „Zudem betreiben wir Kühlen mit Köpfchen.“Dahinter steckt die zeitgemäße Kühlung der Biertanks mit natürlichen Kältemitteln. Die Abwärme dieser Anlage wird wiederum vollständig genutzt. Von diesem Rundum-Engagement profitieren auch andere Intentionen. Seit über zwei Jahrzehnten schafft das Unternehmen auf mehr als 30000 Quadratmetern ein wertvolles Großbiotop. „Es trägt zum Erhalt von Flora und Fauna in unserer Heinen mat bei“, so die Brauerei-Chefin. Eine weitere Maßnahme hat sie bereits im Kopf. Geplant ist im kommenden Jahr ein Imkerei-Projekt auf dem begrünten Dach des Sudhauses, das kurz vor der Fertigstellung steht.
Stillstand gebe es auf ihrem Weg zur energieeffizientesten Brauerei Deutschlands nicht, macht Stephanie Schmid aufmerksam. Kontinuierlich würden sämtliche Bereiche des Betriebs auf Herz und Nieren geprüft und Optimierungen realisiert, ergänzt Wolfgang Dahnke. Gerade im Bereich Umwelttechnik schreite die Entwicklung im Moment enorm voran, so Technikchef Josef Geh abschließend. Geprüft werde derzeit ein komplettes Abwasserrecycling. „Das klingt zwar utopisch, aber wir bleiben an der Sache dran“, meint Braumeister Dahnke. Dran ist das Unternehmen auch am neu gestalteten Sudhaus mit seinen beiden Sudgefäßen, die von der Straße aus durch die hohe Glasfront gut sichtbar sind. Die Umbaumaßnahmen sind mittlerweile so gut wie abgeschlossen.
Zurück zur Umwelt: „Nachhaltigkeit ist ein Trend, den wir in unserer Brauerei schon vor über 400 Jahren gesetzt haben“, fassen Stephanie Schmid und Josef Geh für die Brauerfamilie zusammen. „Wir wollen für unsere Kinder das bewahren, was wir von unseren Vorgängern übernommen haben.“Das sei ihr Antrieb.
„Zudem betreiben wir Kühlen mit Köpfchen.“Stephanie Schmid