Augsburger Allgemeine (Land West)
Viele Kohlekraftwerke stoßen mehr CO2 aus als ein Vulkan
und somit das Einlagern von Kohlenstoff in Pflanzen. Zwar seien bodengestützte Messungen präziser, sagt André Butz vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffenhofen. Doch OCO-2 beobachte die Erde auch in entlegenen Regionen und ermögliche so ein flächendeckendes Bild. „OCO-2 misst insbesondere den Jahreszeiten-Zyklus der Aufnahme und Abgabe von CO2 durch die Biosphäre“, sagt der Atmosphärenforscher. Diese Messungen seien eine messtechnische Herausforderung.
Die Resultate? Ein Nasa-Team fand heraus: Auf der Nordhalbkugel – hier liegen sowohl der größte Teil der globalen Landmasse als auch die meisten Industrieländer – klettern die CO2-Werte über den Winter bis April auf ein Maximum. Dann kehrt sich der Trend um: „Bis Juni/Juli 2015 änderte sich die Verteilung der CO2-Konzentrationen und Fluoreszenz im Vergleich zu März/April dramatisch.“Und: „Obwohl die Emissionen durch fossile Brennstoffe andauern, entzieht die terrestrische Biosphäre im Frühling und Sommer über weiten Teilen der Nördlichen Hemisphäre der Atmosphäre eine große Menge CO2.“In manchen Regionen sanken die Werte in nur einem Monat um 7 ppm.
Die Aufnahmen zeigen auch die Rolle städtischer Großräume. Los Angeles etwa zählt zu den stärksten menschengemachten CO2-Quellen. Auf das Niveau umliegender ländlicher Regionen sinken die CO2-Werte demnach erst in über 100 Kilometern Entfernung. Die Forscher maßen auch den Beitrag eines Vulkans: Der Yasur im südpazifischen VanuatuArchipel steigert die CO2-Werte lokal um 3,4 ppm, was einer Emission von gut 15 Millionen Tonnen pro Jahr entspricht. Zum Vergleich: Weltweit gibt es etwa 70 Kohlekraftwerke, von denen jedes mehr als 15 Millionen Tonnen CO2 ausstößt.
Was bringen die neuen Daten? Max-Planck-Forscher Martin Heimann sagt: „Die langfristigen Kernfragen wie ‚Was passiert in den Wäldern der Tropen und gemäßigten Breiten?‘ oder ‚Was passiert mit dem Permafrost?‘ lassen sich nicht mit einem einzigen Satelliten in wenigen Jahren beantworten. Der Satellit registriert nur die CO2-Werte in der Luftsäule, aber nicht die CO2-Quellen und -Senken.“Dafür brauche man längerfristige Messungen, auch durch ein weltumspannendes Messnetz am Boden. Längst laufen die Vorbereitungen für die Nachfolgemission OCO-3. Deren Messgeräte sollen frühestens im Herbst 2018 auf der Internationalen Raumstation ISS installiert werden. Frühestens 2021 soll dann der erste geostationäre Messsatellit für Kohlenstoff folgen. Walter Willems, dpa