Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Wildsau ist auch nur ein Mensch
Nur mal angenommen, die Grenzen zwischen Mensch und Tier verschwimmen tatsächlich immer mehr. Und wer will ernsthaft daran zweifeln in Zeiten, in denen der häusliche Vierbeiner beim Sonntagsbraten mit am Tisch sitzt oder beim Gassigehen dasselbe Jackerl trägt wie Herrchen; warum sollte es Bepperl am Baucherl weniger frieren als Josef? Wenn das also so ist, dann liegt es doch auf der Hand, dass diese Entwicklung nicht vor der Wildsau haltmacht.
Nun dürfte es noch ein wenig hin sein bis zu einem gemeinsamen Mittagsmahl oder einem gepflegten Promenieren in einheitlichem Erscheinungsbild. Und doch verdient es eine nähere Betrachtung, was sich in der vergangenen Woche in der gemeinsamen Welt von Mensch und Wildsau ereignet hat. Beispiel Röhrmoos im Landkreis Dachau. Dort randalierte ein Borstenvieh im Treppenhaus zu einer Zahnarztpraxis. Hallo? Zahnarztpraxis! Was hat unsereiner schon alles veranstaltet, um nicht dort hinzumüssen? Und für ein Wildschwein muss das noch schlimmer sein. Entfernen Sie mal bei solchen Hauern den Zahnstein.
Oder: Heide in Schleswig-Holstein. Dort wütete ein Tier in einer Bankfiliale. Das muss man nicht gutheißen. Aber erklärbar ist es doch. Hat nicht auch eine Wildsau Anrecht darauf, dass ihr die mickrigen Zinsen auf den Keks gehen?
Sollten also nicht auch Betreiber von Operationssälen, öffentlichen Toiletten, ja sogar Schulen verstärkt Sicherheitsvorkehrungen treffen? Mal ehrlich: Welches Schwein hat schon Spaß an Stochastik?