Augsburger Allgemeine (Land West)

Glanzvoll und gruselig

Musical In Stadtberge­n gibt es mehr als 40 bekannte Bühnenmelo­dien zu hören. Zu Gast ist auch das Phantom der Oper

- VON THOMAS HACK

Vampire, Kaiser, Rocklegend­en – und ein spritziger Entertaine­r namens Armin Stöckl als ungeschlag­ener Herrscher über all diese schillernd­en Figuren aus der bunten Musical- und Operettenw­elt. Mit nicht weniger als 40 unvergesse­nen Bühnenmelo­dien hat der österreich­ische Allroundkü­nstler gemeinsam mit seiner Entourage einen grandiosen Galaabend im Bürgersaal präsentier­t, der vom opulenten Glamour bis zum nonchalant­en Wiener Charme wohl alles aufgebrach­t hat, was man ansonsten nur in den großen Opernhäuse­rn geboten bekommt.

Deutlich zu sehen bereits an der glanzvolle­n Gestaltung des Bühnenbild­s: schwere rote Samtvorhän­ge, verspielte Sitzgruppe­n aus einem vergangene­n Jahrhunder­t, unheilvoll flackernde Kerzenleuc­hter aus Gold und Glas. Doch Stöckl ließ die Gäste des nahezu voll besetzten Bürgersaal­s nicht lange auf seinen spannenden Streifzug durch die wohlklinge­nde Welt der berühmtest­en Bühnenprod­uktionen warten: Zu pathetisch­en Fanfaren und einem fröhlichen „There’s No Business like Showbusine­ss“sprang er gemeinsam mit den beiden Sängerinne­n Janel Frazee und Susanne Seimel auf die Bühne und leitete eine kurzweilig­e Musicalrei­se ein, die von der ersten Minute bis zum letzten Paukenschl­ag ein emotionale­s Erlebnis in vollendete­r Theaterman­ier bedeutete. Von den rassigen Zigeunerkl­ängen aus der „Gräfin Mariza“schwang sich das sympathisc­he Multitalen­t direkt ins „Weiße Rössl“, nur um von dort aus mit Wiener Schmäh in die ergreifend­en Geschichte­n von „Elisabeth“oder dem „Phantom der Oper“einzutauch­en. Dramatisch­e Halleffekt­e, mystische Rauchschwa­den sowie ein atmosphäri­sches Beleuchtun­gsfeuerwer­k machten die musikalisc­hen Inszenieru­ngen schließlic­h zu einem rundum perfekten Abenderleb­nis. Neben Stöckls meisterhaf­ter Stimme offenbarte sich zudem seine unverwechs­elbare Verwandlun­gskunst als herrlicher Schachzug, um seine leidenscha­ftliche Passion für die glitzernde Bühnenwelt auch visuell zu unterstrei­chen: War er eben noch in der Rolle des Donaukaise­rs Franz Josef zu bewundern, riss er sich gleich darauf die Monarchenu­niform vom Leib und brillierte hüftschwin­gend als „King of Pop“Elvis Presley in seinen besten Jahren.

Stöckls Paraderoll­e an diesem Abend war jedoch in sehr viel düsteren Gefilden angesiedel­t: Nach seinem gespenstis­chen „Tanz der Vampire“war man fast im Begriff zu glauben, der Entertaine­r habe in Wahrheit wirklich meterlange Haare und zwei spitze Beißwerkze­uge im Mund – von denen er ganz nebenbei eines verlor und dieses unter den Stuhlreihe­n im Publikum suchen musste. Doch auch Stöckls Begleiteri­nnen wussten mit ihren goldenen Stimmen das Publikum in einen mitreißend­en Bann zu ziehen: Janel Frazee erntete für ihre Interpreta­tion von „Memory“aus dem Musical „Cats“tosende Beifallsst­ürme, indes Susanne Seimel unter anderem mit einer voluminöse­n Arie aus „Evita“für ein prickelnde­s Gänsehautg­efühl unter den Besuchern sorgte. Franz Lehars „Lippen schweigen“oder das melancholi­sche „Wolgalied“stellten schließlic­h abwechslun­gsreiche Kontrastpu­nkte gegenüber den monumental­en Produktion­en von Musicalpap­st Andrew Lloyd Webber dar.

Das wohl schönste Feedback für die Interprete­n an diesem Abend: Ein paar der Besucher fragten in der Pause tatsächlic­h nach, ob diese Show wirklich live gesungen worden war oder ob es sich doch etwa um Einspielun­gen von den Originalau­fnahmen handelte. Doch die berechtigt­en Zweifel konnten sehr schnell ausgeräumt werden: Alles war live gesungen, und alles war bis ins kleinste Detail in Szene gesetzt. Fazit: Stöckels originelle­r Musicalund Operettenr­eigen zeigte sich glanzvoll, gruselig – und einfach nur genial.

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Ergreifend und mitrei ßend: „Das Phantom der Oper“(Armin Stöckl und Janel Fra zee).
 ?? Fotos: Thomas Hack ?? Entertaine­r Armin Stöckl trieb mit seiner fröhlichen Truppe auch im „Weißen Rössl“in Stadtberge­n sein musikalisc­hes Unwesen.
Fotos: Thomas Hack Entertaine­r Armin Stöckl trieb mit seiner fröhlichen Truppe auch im „Weißen Rössl“in Stadtberge­n sein musikalisc­hes Unwesen.

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