Augsburger Allgemeine (Land West)
Glanzvoll und gruselig
Musical In Stadtbergen gibt es mehr als 40 bekannte Bühnenmelodien zu hören. Zu Gast ist auch das Phantom der Oper
Vampire, Kaiser, Rocklegenden – und ein spritziger Entertainer namens Armin Stöckl als ungeschlagener Herrscher über all diese schillernden Figuren aus der bunten Musical- und Operettenwelt. Mit nicht weniger als 40 unvergessenen Bühnenmelodien hat der österreichische Allroundkünstler gemeinsam mit seiner Entourage einen grandiosen Galaabend im Bürgersaal präsentiert, der vom opulenten Glamour bis zum nonchalanten Wiener Charme wohl alles aufgebracht hat, was man ansonsten nur in den großen Opernhäusern geboten bekommt.
Deutlich zu sehen bereits an der glanzvollen Gestaltung des Bühnenbilds: schwere rote Samtvorhänge, verspielte Sitzgruppen aus einem vergangenen Jahrhundert, unheilvoll flackernde Kerzenleuchter aus Gold und Glas. Doch Stöckl ließ die Gäste des nahezu voll besetzten Bürgersaals nicht lange auf seinen spannenden Streifzug durch die wohlklingende Welt der berühmtesten Bühnenproduktionen warten: Zu pathetischen Fanfaren und einem fröhlichen „There’s No Business like Showbusiness“sprang er gemeinsam mit den beiden Sängerinnen Janel Frazee und Susanne Seimel auf die Bühne und leitete eine kurzweilige Musicalreise ein, die von der ersten Minute bis zum letzten Paukenschlag ein emotionales Erlebnis in vollendeter Theatermanier bedeutete. Von den rassigen Zigeunerklängen aus der „Gräfin Mariza“schwang sich das sympathische Multitalent direkt ins „Weiße Rössl“, nur um von dort aus mit Wiener Schmäh in die ergreifenden Geschichten von „Elisabeth“oder dem „Phantom der Oper“einzutauchen. Dramatische Halleffekte, mystische Rauchschwaden sowie ein atmosphärisches Beleuchtungsfeuerwerk machten die musikalischen Inszenierungen schließlich zu einem rundum perfekten Abenderlebnis. Neben Stöckls meisterhafter Stimme offenbarte sich zudem seine unverwechselbare Verwandlungskunst als herrlicher Schachzug, um seine leidenschaftliche Passion für die glitzernde Bühnenwelt auch visuell zu unterstreichen: War er eben noch in der Rolle des Donaukaisers Franz Josef zu bewundern, riss er sich gleich darauf die Monarchenuniform vom Leib und brillierte hüftschwingend als „King of Pop“Elvis Presley in seinen besten Jahren.
Stöckls Paraderolle an diesem Abend war jedoch in sehr viel düsteren Gefilden angesiedelt: Nach seinem gespenstischen „Tanz der Vampire“war man fast im Begriff zu glauben, der Entertainer habe in Wahrheit wirklich meterlange Haare und zwei spitze Beißwerkzeuge im Mund – von denen er ganz nebenbei eines verlor und dieses unter den Stuhlreihen im Publikum suchen musste. Doch auch Stöckls Begleiterinnen wussten mit ihren goldenen Stimmen das Publikum in einen mitreißenden Bann zu ziehen: Janel Frazee erntete für ihre Interpretation von „Memory“aus dem Musical „Cats“tosende Beifallsstürme, indes Susanne Seimel unter anderem mit einer voluminösen Arie aus „Evita“für ein prickelndes Gänsehautgefühl unter den Besuchern sorgte. Franz Lehars „Lippen schweigen“oder das melancholische „Wolgalied“stellten schließlich abwechslungsreiche Kontrastpunkte gegenüber den monumentalen Produktionen von Musicalpapst Andrew Lloyd Webber dar.
Das wohl schönste Feedback für die Interpreten an diesem Abend: Ein paar der Besucher fragten in der Pause tatsächlich nach, ob diese Show wirklich live gesungen worden war oder ob es sich doch etwa um Einspielungen von den Originalaufnahmen handelte. Doch die berechtigten Zweifel konnten sehr schnell ausgeräumt werden: Alles war live gesungen, und alles war bis ins kleinste Detail in Szene gesetzt. Fazit: Stöckels origineller Musicalund Operettenreigen zeigte sich glanzvoll, gruselig – und einfach nur genial.