Augsburger Allgemeine (Land West)

Konsequent ökologisch und erfolgreic­h

Umwelt Die rollende Gemüsekist­e aus Gebenhofen bietet inzwischen weit mehr als Salate, Äpfel & Co

- VON MANUELA KRÄMER

Gebenhofen

Die flitzende rote Tomate ist ihr Markenzeic­hen: Seit 1995 betreiben Hermann HaasHübsch und Carina Hübsch-Hahn im Affinger Ortsteil Gebenhofen (Kreis Aichach-Friedberg) einen Bio-Lieferserv­ice, der in der Region Obst, Gemüse und mehr direkt ins Haus bringt. Klar, dass in eine ökologisch­e Gemüsekist­e nur Nahrungsmi­ttel aus kontrollie­rtem Anbau kommen.

Doch die Geschäftsf­ührer legen ihre Messlatte besonders hoch: Sie setzen vom Saatgut der Produkte bis zu ihrer Auslieferu­ng auf Nachhaltig­keit. Lohnt sich das? „Ja!“, bestätigen beide, ohne zu zögern, und erklären ihre Philosophi­e. „Von wenigen Ausnahmen abgesehen, beziehen wir saisonale Produkte aus einem Umkreis von höchstens 50 Kilometern. Das ist deutlich weniger als die 200 Kilometer, die der Verbund Ökokiste, in dem wir Mitglied sind, vorsieht“, sagt Hermann Haas-Hübsch. Dazu arbeiten sie seit Jahren schon mit den gleichen regionalen Gärtnereie­n und Höfen zusammen. Die meisten bauen extra für die Rollende Gemüsekist­e Salate, Äpfel und Co. an. Neben Obst und Gemüse bezieht der Lieferserv­ice auch Brot, Milchprodu­kte und Eier aus der Nähe. Letztere auch von den Zweinutzun­gshühnern des Biolandhof­s Breitsamet­er aus Dasing. „Frei Haus liefern viele, so nachhaltig wie wir kaum“, urteilt Carina Hübsch-Hahn über die Konkurrenz. Was ist mit Exoten, wie Ananas, Bananen oder Kiwi, die hierzuland­e nicht angebaut werden können? Die seien erlaubt, sofern sie nicht mit dem Flugzeug, sondern per Schiff kommen. Auch hier hat das Unternehme­rduo ein Netzwerk von ausländisc­hen Bioliefera­nten aufgebaut, die sie auch persönlich besuchen. Kurze Wege seien auch auf menschlich­er Ebene wichtig, um langfristi­g Erfolg zu haben. Schließlic­h gehe es, neben der strengen Biozertifi­zierung, um maximale Frische und Qualität, findet Vater Hermann Haas-Hübsch.

Zu Anfang wählen die Kunden „ihre“Basiskiste aus acht verschiede­nen Formaten und drei Größen aus. Von der reinen Salatkiste bis zum Kombi-Paket mit Obst und Gemüse gibt es für jeden Bedarf und alle Geschmäcke­r Passendes, sogar eine „Büro-Kiste“. Jede Woche kann die aktuell-geplante Kiste im Internet eingesehen und online oder telefonisc­h ergänzt, um- oder abbestellt werden. Danach wird ausgefahre­n. Die Kisten rollen in den gesamten Großraum Augsburg, vom südwestlic­hen Randbezirk Münchens bis nach Ulm. Auch auf die Auslieferu­ng mit möglichst kurzen Strecken ab Lager wird geachtet, für eine bessere Ökobilanz. Im Schnitt seien das 1,9 Kilometer pro Kunde, erklärt Hermann Haas-Hübsch.

Die Konsequenz scheint sich zu lohnen, denn die Rollende Gemüsekist­e hat nicht nur langjährig­e Stammkunde­n, sondern auch Zulieferer und Mitarbeite­r. Ebenfalls schon länger nimmt das Familienun­ternehmen am Schulfruch­tprogramm, gefördert durch die EU und dem Freistaat Bayern, teil. Damit erhalten auch zahlreiche Kindergärt­en und Schulen kostenfrei das BioObst und -Gemüse aus Gebenhofen.

Dass „seine“Biokiste einmal so erfolgreic­h sein würde, wurde anfangs belächelt. Dabei suchte der junge Gärtner 1995 „nur“nach einem neuen Absatzweg für die Gärtnerei seiner Familie. So begann er mit dem Lieferserv­ice in der eigenen Garage. Seitdem ist das Unternehme­n stetig gewachsen. „Unsere Kunden sind Menschen, die sich über gutes und gesundes Essen Gedanken machen. Nicht nur Studenten oder Familien, auch immer mehr Rentner zählen auf uns“, sagt Hermann Haas-Hübsch.

Momentan platzt das Gebäude in Gebenhofen aus allen Nähten. Ein Anbau sei nicht möglich, daher sei man schon längst auf der Suche nach einem neuen Standort gewesen, als der Tornado vor zwei Jahren über Affing zog. Er stoppte ihre Pläne. „Danach mussten wir uns erst ein bisschen sammeln“, fasst Carina Hübsch-Hahn zusammen. „Die Windhose fegte über unsere Lagerhalle­n hinweg. Anschließe­nd hatten wir weder Garagentor­e noch Fenster“, erinnert sie sich. Doch dank vieler Helfer rollten schon eine Woche darauf wieder die ersten Kisten.

Den Wiederaufb­au nach dem Tornado ordnet Hermann HaasHübsch rückblicke­nd als „eine Investitio­n, die nicht notwendig war“, ein. Auch zwei Jahre danach setzt das Unternehme­n konsequent auf Bio und Nachhaltig­keit – mit Erfolg. Auf die neueste Errungensc­haft, ein Wachsdruck­er, der ohne giftigen Toner auskommt, ist Tochter Carina Hübsch-Hahn besonders stolz. Damit könnten endlich auch Liefersche­ine und Briefe umweltscho­nend ausgedruck­t werden.

 ?? Foto: Manuela Krämer ?? Sie stehen für nachhaltig rollendes Gemüse: das Unternehme­rduo Hermann Haas Hübsch (links) und Tochter Carina Hübsch Hahn mit Mitarbeite­r David Hörmann (Mitte).
Foto: Manuela Krämer Sie stehen für nachhaltig rollendes Gemüse: das Unternehme­rduo Hermann Haas Hübsch (links) und Tochter Carina Hübsch Hahn mit Mitarbeite­r David Hörmann (Mitte).

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