Augsburger Allgemeine (Land West)
Bei Krebs ist Klinikwahl wichtig
Laut AOK fehlt vielen Häusern die Erfahrung
Berlin
Trotz Reformversuchen für mehr Sicherheit in Krankenhäusern sind Krebspatienten laut einer Krankenkassen-Studie oft erheblichen Risiken durch Kliniken mit zu wenig Erfahrung ausgesetzt. Die Zahl der Todesfälle könnte deutlich sinken, wenn hier strengere Vorgaben gelten würden. Dies zeigt der AOK-Qualitätsmonitor 2018.
So könnte beispielsweise bei Lungenkrebs-Operationen die Zahl der Todesfälle rechnerisch von 361 auf 287 pro Jahr zurückgehen, wenn Kliniken die OP nur ab einer Fallzahl von 108 Eingriffen pro Jahr durchführen. Zudem werde ein Fünftel der Patienten mit Darmkrebs in 492 Kliniken behandelt, die im Durchschnitt nur 23 dieser OPs pro Jahr durchführen. Würde man hier eine Mindestmenge von 82 OPs einführen, könnten laut der Studie 280 Todesfälle pro Jahr vermieden werden. Für die Studie wurde berechnet, welche Behandlungszahl Kliniken erreichen müssten, damit das Sterblichkeitsrisiko geringer ist als im Bundesschnitt. Bereits die AOK-Vorgängerstudie vom vergangenen Jahr hatte ähnliche Ergebnisse für Brustkrebs-OPs gebracht.
Es gebe zu viele Kliniken, die nur hin und wieder eine komplizierte Operation durchführen, sagte Thomas Mansky, Gesundheitsexperte der Technischen Universität (TU) Berlin und Mitautor des Monitors. „In Deutschland werden zu viele komplizierte Krebs-Operationen in Kliniken durchgeführt, die dafür in der Regel aufgrund zu niedriger Fallzahlen keine ausreichende Qualifikation haben können.“Unterstützung erhielten AOK und TU von der Deutschen Krebsgesellschaft. So sollten für Eingriffe bei Lungenkrebs, die keine Notfälle sind, eine Mindestmenge an Eingriffen pro Jahr eingeführt werden, forderte deren Expertin Simone Wesselmann. Von der Krebsgesellschaft mit einem Zertifikat versehene Behandlungszentren erfüllten bereits so eine Mindestanzahl.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft kritisierte die Studie als unseriös. Aus der Interpretation von Abrechnungsdaten könnten keine vermeidbaren Todesfälle hergeleitet werden, sagte Hauptgeschäftsführer Georg Baum. Die AOK betreibe Effekthascherei mit Angstbotschaften. Ihrerseits blockiere sie die Entwicklung bestimmter Zentren. „Grundsätzlich verweigern sich die Kliniken aber möglichen Vorgaben nicht und wollen die neuen Regeln auch leben.“Der AOK-Chef Martin Litsch drohte, Krankenhäuser, die Vorgaben unberechtigt nicht einhielten, würden von der AOK künftig kein Geld mehr für entsprechende OPs bekommen.