Augsburger Allgemeine (Land West)
Wie benutze ich den Mietspiegel?
Seit Anfang der Woche ist das Zahlenwerk in der Bürgerinformation und im Internet erhältlich. Für Mieter und Vermieter der 90 000 Mietwohnungen soll es bei der Einschätzung helfen, welche Preise angemessen sind
Viele Mieter und Vermieter dürften in diesen Tagen eifrig am Rechnen sein: Seit kurzem ist der erste Mietspiegel der Stadt Augsburg im Internet (augsburg.de/mietspiegel) und als Broschüre in der Bürgerinformation am Rathausplatz erhältlich. Das Zahlenwerk soll anhand bestimmter Kriterien wie Größe, Alter, Ausstattung und Gebäudetyp für jede Wohnung einen Orientierungswert liefern, welche Miete angemessen ist und welche nicht. Der Vermieterverband Haus & Grund meldet allerdings nach wie vor beträchtliche Zweifel an. Wir klären die wichtigsten Fragen zur Anwendung des Zahlenwerks.
Für wen gilt der Mietspiegel?
Der Mietspiegel soll die ortsüblichen Mieten auf dem freien Markt wiedergeben, also was bezahlt wird und als angemessen gelten kann. Die Stadt hat dafür Daten von rund 2500 Wohnungen ausgewertet. Diese Daten wurden über Befragungen gewonnen. Ausgenommen dabei sind Sozialwohnungen, möblierte Woh- oder Wohnungen in Studentenheimen.
Die durchschnittliche Miete in Augsburg beträgt laut Mietspiegel 7,27 Euro pro Quadratmeter. Was heißt das?
Dieser Wert ist ein statistischer Durchschnittswert. Im Einzelfall kann er deutlich abweichen. Das beginnt schon bei der Größe. In kleinen Wohnungen (20 Quadratmeter) kostet der Quadratmeter pro Monat über zwölf Euro, in großen Wohnungen (70 bis 80 Quadratmeter) sind es knapp sieben Euro. Je nach Alter und Ausstattung werden Zuund Abschläge fällig. Für ein Einfamilienhaus sind es zehn Prozent Zuschlag, handelt es sich um einen Neubau (nach 2016) werden weitere 16 Prozent fällig. Andersherum gibt es Abschläge von sieben Prozent, wenn die Wohnung nicht zentral, sondern mit Einzelöfen (Öl oder Gas) beheizt wird oder ein alter Fußboden verlegt ist (minus 8 Prozent). Auch die Lage der Wohnung spielt eine Rolle. Wer den Mietpreis für seine Wohnung ausrechnen will, muss diese Kriterien mit einrech- nen. Am einfachsten geht das im Internet. Am Ende steht ein Richtwert für den Quadratmeterpreis. Allerdings kann dieser um 19 Prozent nach oben oder unten abweichen, weil zum Beispiel nicht jeder Vermieter über die Jahre Mieten im gleichen Maß erhöht hat.
Welche Rolle spielt die Lage?
Eine große Rolle. Zum einen geht es um die unmittelbare Umgebung, also etwa um die Frage, wie weit die nächste Einkaufsmöglichkeit entfernt ist. Doch vor allem die Lage in den Stadtteilen kann eine große Rolle spielen. In der Innenstadt und dem Hochfeld ist ein Zuschlag von zehn Prozent gerechtfertigt, in Inningen und Bergheim ein Abschlag von 13 Prozent. Die Stadt betont, dass es bei den Zu- und Abschlägen nicht um den Wohnwert von Vierteln geht. So könnten auch Viertel, die keinen so guten Ruf haben, einen Zuschlag erhalten, weil es dort viele Wohnungswechsel mit damit einhergehenden Mieterhöhungen gibt. Die Wohnlagenkarte bilde nur die Realität ab. Haus & Grund hält die Karte hingegen nicht für nachvollziehbar. „Es wird mehr Streit geben als vorher“, prophezeit Geschäftsführerin Gabriele Seidenspinner.
Für welche Mieter spielt der Mietspiegel eine Rolle?
Vor allem dürfte der Mietspiegel für Mieter eine Rolle spielen, die neu in eine Wohnung einziehen wollen und nachsehen möchten, ob das Angebot anmessen ist. „Hier ist er eine Orientierungshilfe“, sagt Thomas Weiand,
Die Mietpreisbremse könnte kippen
Vorsitzender des Mietervereins. „Bei Mieten darüber müsste die Mietpreisbremse greifen.“Zur Erklärung: Die Regelung besagt, dass bei Neuvermietungen die Miete nur noch zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. In München kippte das dortige Landgericht die Regelung aber vor kurzem. Weiand hält die Entscheidung nicht für auf Augsburg übertragbar. Seidenspinner sieht mit dem Urteil hingegen die ganze Regelung am Kippen.
Was bedeutet der Mietspiegel für bestehende Mietverhältnisse?
Sollte die Miete über der Preisspanne liegen, rät Weiand, genau zu prüfen, warum ein höherer Preis verlangt wird. „Wir sind schon gespannt, ob wir viel Rücklauf bekomnungen men werden“, so der Mieter-Vertreter. Sollte die Miete deutlich darunter liegen, sei zu befürchten, dass es Anpassungen geben wird. Gleichwohl gehe es immer um eine Einzelfallbeurteilung. „Es kann sein, dass es eine niedrige Miete ist, weil der Mieter in der Vergangenheit selbst Geld in die Wohnung gesteckt hat und sich Vermieter und Mieter so geeinigt haben.“
Welches sind Hauptkritikpunkte?
Seidenspinner sieht im Mietspiegel einen Preistreiber. Er werde eher dazu führen, dass sich Mieterhöhungen verstetigen. Mancher Vermieter sei durch die Diskussion erst auf das Thema Preiserhöhungen gebracht worden. Ohnehin rechne man damit, dass der Augsburger Mietspiegel bald ein Thema vor Gericht werden wird. Haus & Grund werde nicht mit dem Zahlenwerk arbeiten, wenn man Mitglieder betreue. „Wir arbeiten weiterhin mit Vergleichsmieten.“
Was heißt der Mietspiegel für Vermieter?
Als Vermieter muss man begründen, warum man die Miete einer Wohnung erhöhen will (sofern keine Staffelmiete vereinbart ist oder eine Sanierung stattfand). Zulässig ist eine Erhöhung im bestehenden Mietverhältnis, wenn mindestens ein Jahr keine stattgefunden hat. In Augsburg gilt wie in anderen Städten mit angespanntem Markt, dass die Miete innerhalb von drei Jahren maximal um 15 Prozent steigen darf. Im Umland sind es 20 Prozent. I
augsburg.de/mietspiegel