Augsburger Allgemeine (Land West)
Herzschmerz zum Abschied
Mag ja sein, dass in Großbritannien manchem erst jetzt dämmert, was der Brexit für das Land wirklich bedeutet. Aber es gibt keine relevanten Kräfte, die eine neue Abstimmung erzwingen könnten – und damit bleibt das Vereinigte Königreich weiter auf Austrittskurs aus der EU.
Das müssen auch die höchsten Repräsentanten der Gemeinschaft zur Kenntnis nehmen, die gestern Schalmeienklänge in Richtung London sandten. Sollten diese Botschaften der Klimaverbesserung dienen – bekanntlich laufen die Austrittsgespräche äußerst holprig –, so erfüllen sie einen Sinn. Sind sie jedoch als Impulse gedacht, die Großbritannien zur Umkehr bewegen sollen, so entspringen sie politischer Träumerei. Das harte Tagesgeschäft lässt keinen Raum für solche Sentimentalität.
Die EU muss den Austrittswunsch der Briten, auch wenn er sich in einer noch so knappen Mehrheit manifestiert hat, respektieren. Indem sie das eingeleitete Verfahren mit allen Konsequenzen durchzieht, schickt die EU auch ein Warnsignal an andere Mitgliedstaaten, in denen Exit-Tendenzen ansatzweise vorhanden sind. Deswegen darf auch von Tusk und Juncker eine gewisse Härte gegenüber London verlangt werden.
Unabhängig davon sollte die Brüsseler EU-Spitze aber auch weiter darum werben, dass Großbritannien und die Gemeinschaft weiter einen guten Umgang miteinander pflegen. Denn ein Staat, der die EU verlässt, wird dadurch nicht zum Feind. Sondern bleibt hoffentlich ein Freund. Die Herzen dürfen offen bleiben.