Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Deutschen sind Billionäre
Aufaddiert ergibt das Privatvermögen der gesamten Bevölkerung eine riesige Summe. Und obwohl es gerade keine Zinsen gibt, wächst das Ersparte weiter – nur, wie lange noch?
Frankfurt am Main Trotz des Zinstiefs werden die Menschen in Deutschland in der Summe reicher. Das Geldvermögen der privaten Haushalte kletterte im dritten Quartal 2017 im Vergleich zum zweiten Vierteljahr um 1,2 Prozent auf den Rekordwert von 5,779 Billionen Euro – auch dank steigender Aktienkurse, wie die Deutsche Bundesbank gestern mitteilte. Um zu dieser Zahl zu kommen, berücksichtigte sie Bargeld, Bankeinlagen, Wertpapiere und Ansprüche an Versicherungen – aber keine Immobilien. Bis Ende 2017 könnte das Geldvermögen sogar auf etwa sechs Billionen Euro gestiegen sein.
Dank des Booms am Arbeitsmarkt und steigender Reallöhne konnten viele Menschen mehr auf die hohe Kante legen. Auch wenn sich die als börsenscheu geltenden Bundesbürger stärker an den Aktienmarkt trauten, setzen sie weiterhin vor allem auf als sicher geltende Anlagen. Die Präferenz der privaten Haushalte für „liquide und risikoarme Anlagen“halte aber an, heißt es von der Bundesbank. Wie das Vermögen verteilt ist, geht aus den Daten nicht hervor.
Die Privathaushalte horten viel Geld als Bares oder legten es als Sichteinlagen bei Banken an – also auf Giro- oder Tagesgeldkonten, deren Bestände man rasch umschichten kann. Diese Summe wuchs im dritten Quartal nochmals um 23 Milliarden Euro. Aus Spareinlagen und -briefen sowie Termingeld zogen die Bundesbürger dagegen Geld ab. Sparbuch und Ta- gesgeld werfen wegen der Zinsflaute kaum noch etwas ab. Insgesamt belief sich das Volumen an Bargeld und Einlagen Ende September auf 2270 Milliarden Euro. Das entspricht rund 39 Prozent des gesamten Geldvermögens.
Beliebt sind weiterhin auch Versicherungen und Pensionseinrichtungen, in die Privathaushalte im dritten Quartal 15 Milliarden Euro steckten. Die Bestände summierten sich auf rund 2156 Milliarden Euro.
Auch steigende Aktienkurse trugen zum Wachstum des Vermögens bei. „Bis zu einem wirklich langfristigen und renditeorientierten Sparverhalten haben die deutschen Sparer noch einen weiten Weg vor sich“, stellte die Allianz jüngst fest. Weil die Inflation zuletzt wieder anzog, verloren Sparer mit Bargeld und Bankeinlagen unter dem Strich Geld. Die Allianz bezifferte die Kaufkraftverluste bis Ende des vergangenen Jahres auf etwa 35 Milliarden Euro. Nach Berechnungen der DZ Bank belief sich der Wertverlust auf 38 Milliarden Euro.
Während Sparer Geld verlieren, profitieren Kreditnehmer von der Zinsflaute. Die Bundesbürger nutzten die niedrigen Zinsen nach Angaben der Bundesbank auch im dritten Quartal, um sich günstig Kredite zu verschaffen – vor allem für den Wohnungsbau. Die gesamten Verbindlichkeiten der Haushalte stiegen um 1,1 Prozent auf 1715 Milliarden Euro. Abzüglich der Schulden erhöhte sich das Nettogeldvermögen um 1,2 Prozent auf 4064 Milliarden Euro.