Augsburger Allgemeine (Land West)
Fallen Bayerns Kraftwerke in finnische Hände?
Die Fortum-Gruppe aus Nordeuropa hat es auf den Energieversorger Uniper abgesehen und kauft ein großes Aktienpaket. Den Deutschen gehören das Walchensee-Kraftwerk und viele Anlagen am Lech
Augsburg In langen Rohren stürzt das Wasser des Walchensees in die Tiefe. Dort erzeugen Turbinen Strom – und das bereits seit dem Jahr 1924. Das Walchensee-Kraftwerk nahe Kochel am See markiert den Angaben des Betreibers zufolge den Start der industriellen Stromerzeugung im Freistaat und ist hierzulande eines der markanten Industriedenkmäler. Heute noch erzeugt es Energie und trägt zur sicheren Stromerzeugung bei. Nun könnte das Walchensee-Kraftwerk unter den Einfluss finnischer Investoren geraten. Gleiches gilt für über zwanzig Wasserkraftwerke am Lech – auch in unserer Region.
Hintergrund ist der Plan des finnischen Energiekonzerns Fortum, große Anteile des deutschen Energieversorgers Uniper zu übernehmen. Uniper ist eine Tochter des DaxKonzerns Eon, von dem viele Bürger ihren Strom beziehen. Die EonTochter Uniper betreibt konventionelle Gas- und Kohlekraftwerke, aber auch Wasserkraftwerke wie die am Lech und am Walchensee. Uniper-Kraftwerke befinden sich in Deutschland und dem europäischen Ausland, aber auch in Russland.
Früher waren die Kraftwerke ein Teil von Eon. Im Zuge der Energiewende spaltete Eon-Chef Johannes Teyssen 2016 den Konzern allerdings auf. Eon will sich künftig auf die „grünen“Themen konzentrieren, die konventionellen Kraftwerke (ohne die Atomkraftwerke) gingen an die neue Tochter Uniper über – auch viele Wasserkraftwerke in Bayern. Von großen Anteilen an Uniper hat sich Eon bereits mit dem Uniper-Börsengang im September 2016 getrennt – zuletzt befanden sich aber immer noch 46,65 Prozent im Besitz von Eon. Diese Anteile hat Eon jetzt der finnischen FortumGruppe versprochen. Die Folge: Eon wäre raus bei Uniper, die Finnen hätten mit einem Schlag den größten Anteil. Allerdings ist man bei Uniper vom Einstieg der Finnen alles andere als begeistert.
Die Reaktion auf das im November 2017 allen Uniper-Aktionären vorgelegte Übernahmeangebot aus Finnland fiel harsch aus: UniperChef Klaus Schäfer bezeichnete es schlicht als „nicht akzeptabel“, da es den tatsächlichen Wert von Uniper nicht widerspiegele. Die Finnen boten 22 Euro pro Aktie. An der Börse ist Uniper höher notiert. Am Mittwoch zum Beispiel bei rund 25 Euro. Auch bezweifelte Schäfer, dass die Finnen für Uniper einen Nutzen bringen. Es sei „kein nennenswerter Beitrag für eine verbesserte Entwicklungsperspektive von Uniper zu erkennen“, sagte er. Aufsichtsratschef Bernhard Reutersberg warnte sogar, dass das Angebot „die erfolgreiche Weiterentwicklung von Uniper gefährdet“. Im Unternehmen gab es zudem die Befürchtung, dass Fortum Teile von Uniper verkaufen könnte, um den Deal zu finanzieren – mit unklaren Folgen für die Arbeitsplätze.
Die deutschen Kraftwerksbetreiber werden aber um die finnischen Investoren kaum mehr herumkommen. Eon hat das Angebot angenommen und will seinen Anteil von 46,65 Prozent sicher an die Finnen verkaufen. Darüber hinaus ist das Interesse aber verhalten. Zum Stichtag am Mittwoch sei das Angebot für 46,87 Prozent aller Anteile angenommen worden, teilte Fortum mit. Das bedeutet, dass nur 0,22 Prozent der frei verfügbaren Aktien über den Eon-Anteil hinaus Fortum angedient wurden.
Zwar kann ein Investor erst ab einem Anteil von 75 Prozent ein Unternehmen beherrschen. Aber auch der jetzige Anteil der Finnen genügt, um zum Beispiel auf der Hauptversammlung als größter Aktionär viel Macht auszuüben. In den nächsten Wochen können auch Kleinaktionäre, die bisher die Übernahmeschlacht am Rande beobachtet haben, in der sogenannten „Zaunkönigfrist“noch ihre Papiere den Finnen verkaufen. Wie viel Anteile Fortum am Ende wirklich bekommt, könnte Anfang Februar feststehen, sagen Beobachter.
Was bringt die Zukunft? Um Sicherheit zu bekommen, kämpft man bei Uniper dafür, mit dem ungebetenen Investor aus Finnland eine Investorenvereinbarung zu treffen – zu den Arbeitnehmerrechten, der künftigen Strategie, der finanziellen Unabhängigkeit und dem Verbleib des Uniper-Sitzes in Düsseldorf. Gespräche laufen zwar. Doch bisher sei eine Übereinkunft noch nicht gelungen, heißt es.
Und was sagt man in Finnland? Fortum-Chef Pekka Lundmark hat sich in einer Videobotschaft an Mitarbeiter und Öffentlichkeit gewandt. Darin versichert er, dass Uniper „strategisch sehr gut zu Fortum passt“, dass die Finnen ihre „Verantwortung sehr ernst“nehmen und sich „die Mitarbeiter keine Sorgen“machen sollten. Als Investor sei man zum Beispiel nicht befugt, über Arbeitsplatze zu entscheiden.