Augsburger Allgemeine (Land West)
Straßenausbau: Woher soll das Geld kommen?
Die CSU hat gestern mit ihrem Vorschlag zur Abschaffung der Beiträge für Bürger überrascht. Warum Bürgermeister noch skeptisch sind und was dieser Vorstoß für die neue Satzung in Neusäß bedeutet
Landkreis Augsburg Neun Monate vor der Landtagswahl zieht die CSU die Reißleine bei den umstrittenen und ungeliebten Straßenausbaubeiträgen. Wie gestern bekannt wurde, steht die Abschaffung der Zahlungen an. In Neusäß hat diese Ankündigung eine besondere Aktualität: Nächste Woche berät der Stadtrat nämlich über eine neue Straßenausbaubeitragssatzung, kurz Strabs genannt.
Im Neusässer Finanzausschuss wurde der Entwurf für diese Satzung beschlossen. Darin hat die Stadt den Anteil erhöht, den sie bei den Kosten für Straßensanierungen übernimmt. Damit zahlt Neusäß genauso viel wie Gersthofen. Bei Radwegen übernimmt Neusäß sogar jeweils zehn Prozent mehr als Gersthofen. War die Arbeit und Debatte jetzt also umsonst, nachdem die CSU eine Abschaffung der Beiträge in Bayern anstrebt? Der Neusässer Bürgermeister Richard Greiner sieht das nicht so. Die Satzung werde als Übergangslösung bis zu einer Neuordnung gelten. Völlig offen ist seiner Meinung nach, wo das Geld für die Straßensanierungen künftig herkommen wird. Hier werde es noch viel Diskussion mit den Kommunen geben. „Ich bezweifle, dass das so schnell geklärt wird“, sagt Greiner. Die Stadt mache daher den richtigen Schritt, erst einmal auf eine neue eigene Satzung zu setzen. Wegen der schwierigen Situation würden im Stadtgebiet in nächster Zeit nur dann Straßen ausgebessert, wenn zum Beispiel eine Gefährdung vorliegt. Greiner: „Wenn es hingegen absehbar ist, dass die Straße noch zwei bis drei Jahre hält, dann warten wir natürlich.“
Warten wie es weitergeht, möchte die Gemeinde Ehingen. Die jüngsten Entwicklungen werden dort genau beobachtet. Seit drei Jahren schon brodelt es im 1000-Seelen-Ort wegen des Straßenbaus. Aus einer Protestbewegung heraus gründete sich eine Bürgerinitiative. Günter Steger, einer der Hauptakteure der Bewegung, ist sehr glücklich über das mögliche Aus der Zahlungen. Der 70-jährige Rentner betont: „Ich freue mich, dass sich der massive Druck in Ehingen und in ganz Bayern wohl auszahlt.“Der Gemeinde wirft er vor, die nötigen Reparaturen aufgeschoben zu haben.
Ehingens Bürgermeister Franz Schlögel wehrt sich und sagt: „Einen Ausbau anzugehen, der nicht notwendig ist, wäre jetzt fatal.“Gleichzeitig gibt er zu, dass der im Fokus stehende Mühlberg „nicht mehr gerade in einem guten Zustand ist“. Alle Projekte seien aber auf Eis gelegt bis feststeht, wie die Straßensanierungen künftig finanziert werden. „Als Anlieger kann es einem recht sein, nichts mehr zahlen zu müssen. Aber es geht auch um Gerechtigkeit denen gegenüber, die bereits gezahlt haben“, erklärt der Rathauschef. Daher sei er ein „Verfechter des alten Systems“.S
Bedenken, ob die neue Lösung für alle Anlieger gerechter wird, äußert auch Michael Higl, Bürgermeister von Meitingen und Vorsitzender des Gemeindetags im Kreis. „In neun Jahren Amtszeit habe ich 800 Beitragsbescheide verteilt. Diesen Anliegern jetzt zu erklären, dass der Ausbau aus öffentlichen Mitteln finanziert wird, ist schwierig“, sagt er. Die Anwohner hätten schließlich mit der Gewissheit ihren Beitrag geleistet, dass andere ebenfalls irgendwann an der Reihe sind. „Da müssen alle Bürgermeister jetzt aufpassen, dass kein völliges Unverständnis aufkommt“, so Higl.
Auf Dauer ist er sich sicher, stelle sich vor allem die große finanzielle Frage – vor allem für die Kommunen im Landkreis. Das „sehr gravierende Thema“bedeute für viele Gemeinden neuen Druck, auf einen Schlag mehr Straßen auszubessern. „In Meitingen sind das alle Straßen, die älter als 40 Jahre sind. Künftig sprechen wir dann womöglich von 20 statt wie bisher von sechs Kilometer“, erklärt Higl. Fallen die Straßenausbaubeiträge weg, fehle den Städten und Gemeinden im Landkreis eine wichtige Einnahmequelle. Daher sagt Higl: „Der Übergang wird ganz schön schwierig werden. Es gilt, eine Lösung zu finden. Ich glaube aber nicht, dass es wirklich gerechter wird.“