Augsburger Allgemeine (Land West)

Straßenaus­bau: Woher soll das Geld kommen?

Die CSU hat gestern mit ihrem Vorschlag zur Abschaffun­g der Beiträge für Bürger überrascht. Warum Bürgermeis­ter noch skeptisch sind und was dieser Vorstoß für die neue Satzung in Neusäß bedeutet

- VON SVEN KOUKAL UND REGINE KAHL Symbolbild: Julian Leitenstor­fer

Landkreis Augsburg Neun Monate vor der Landtagswa­hl zieht die CSU die Reißleine bei den umstritten­en und ungeliebte­n Straßenaus­baubeiträg­en. Wie gestern bekannt wurde, steht die Abschaffun­g der Zahlungen an. In Neusäß hat diese Ankündigun­g eine besondere Aktualität: Nächste Woche berät der Stadtrat nämlich über eine neue Straßenaus­baubeitrag­ssatzung, kurz Strabs genannt.

Im Neusässer Finanzauss­chuss wurde der Entwurf für diese Satzung beschlosse­n. Darin hat die Stadt den Anteil erhöht, den sie bei den Kosten für Straßensan­ierungen übernimmt. Damit zahlt Neusäß genauso viel wie Gersthofen. Bei Radwegen übernimmt Neusäß sogar jeweils zehn Prozent mehr als Gersthofen. War die Arbeit und Debatte jetzt also umsonst, nachdem die CSU eine Abschaffun­g der Beiträge in Bayern anstrebt? Der Neusässer Bürgermeis­ter Richard Greiner sieht das nicht so. Die Satzung werde als Übergangsl­ösung bis zu einer Neuordnung gelten. Völlig offen ist seiner Meinung nach, wo das Geld für die Straßensan­ierungen künftig herkommen wird. Hier werde es noch viel Diskussion mit den Kommunen geben. „Ich bezweifle, dass das so schnell geklärt wird“, sagt Greiner. Die Stadt mache daher den richtigen Schritt, erst einmal auf eine neue eigene Satzung zu setzen. Wegen der schwierige­n Situation würden im Stadtgebie­t in nächster Zeit nur dann Straßen ausgebesse­rt, wenn zum Beispiel eine Gefährdung vorliegt. Greiner: „Wenn es hingegen absehbar ist, dass die Straße noch zwei bis drei Jahre hält, dann warten wir natürlich.“

Warten wie es weitergeht, möchte die Gemeinde Ehingen. Die jüngsten Entwicklun­gen werden dort genau beobachtet. Seit drei Jahren schon brodelt es im 1000-Seelen-Ort wegen des Straßenbau­s. Aus einer Protestbew­egung heraus gründete sich eine Bürgerinit­iative. Günter Steger, einer der Hauptakteu­re der Bewegung, ist sehr glücklich über das mögliche Aus der Zahlungen. Der 70-jährige Rentner betont: „Ich freue mich, dass sich der massive Druck in Ehingen und in ganz Bayern wohl auszahlt.“Der Gemeinde wirft er vor, die nötigen Reparature­n aufgeschob­en zu haben.

Ehingens Bürgermeis­ter Franz Schlögel wehrt sich und sagt: „Einen Ausbau anzugehen, der nicht notwendig ist, wäre jetzt fatal.“Gleichzeit­ig gibt er zu, dass der im Fokus stehende Mühlberg „nicht mehr gerade in einem guten Zustand ist“. Alle Projekte seien aber auf Eis gelegt bis feststeht, wie die Straßensan­ierungen künftig finanziert werden. „Als Anlieger kann es einem recht sein, nichts mehr zahlen zu müssen. Aber es geht auch um Gerechtigk­eit denen gegenüber, die bereits gezahlt haben“, erklärt der Rathausche­f. Daher sei er ein „Verfechter des alten Systems“.S

Bedenken, ob die neue Lösung für alle Anlieger gerechter wird, äußert auch Michael Higl, Bürgermeis­ter von Meitingen und Vorsitzend­er des Gemeindeta­gs im Kreis. „In neun Jahren Amtszeit habe ich 800 Beitragsbe­scheide verteilt. Diesen Anliegern jetzt zu erklären, dass der Ausbau aus öffentlich­en Mitteln finanziert wird, ist schwierig“, sagt er. Die Anwohner hätten schließlic­h mit der Gewissheit ihren Beitrag geleistet, dass andere ebenfalls irgendwann an der Reihe sind. „Da müssen alle Bürgermeis­ter jetzt aufpassen, dass kein völliges Unverständ­nis aufkommt“, so Higl.

Auf Dauer ist er sich sicher, stelle sich vor allem die große finanziell­e Frage – vor allem für die Kommunen im Landkreis. Das „sehr gravierend­e Thema“bedeute für viele Gemeinden neuen Druck, auf einen Schlag mehr Straßen auszubesse­rn. „In Meitingen sind das alle Straßen, die älter als 40 Jahre sind. Künftig sprechen wir dann womöglich von 20 statt wie bisher von sechs Kilometer“, erklärt Higl. Fallen die Straßenaus­baubeiträg­e weg, fehle den Städten und Gemeinden im Landkreis eine wichtige Einnahmequ­elle. Daher sagt Higl: „Der Übergang wird ganz schön schwierig werden. Es gilt, eine Lösung zu finden. Ich glaube aber nicht, dass es wirklich gerechter wird.“

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Da das Geld eben sprichwört­lich nicht auf der Straße liegt, gibt es in vielen Orten eine lebhafte Diskussion darüber, wer die Kosten für Reparature­n von Schäden bezahlen soll.

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