Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Verteidiger gehen in die Offensive
FCA Martin Hinteregger und Jeffrey Gouweleeuw zeigen sich nicht nur auf dem Spielfeld angriffslustig. Auch wenn es um die mögliche Teilnahme an der Europa League geht, agieren sie nicht defensiv. Ihre Leistungen untermauern das
Am Donnerstagabend hatte Martin Hinteregger einen Pflichttermin. Die neue Staffel „Bergdoktor“startete im Fernsehen. Und der österreichische Innenverteidiger im Dienste des FC Augsburg ist bekennender Fan der ZDF-Serie. Die Kombination aus Arztserie und Heimatfilm, die im Tiroler Unterland spielt, ist ein Quotenrenner.
Für Hinteregger sind die 90 Minuten TV-Konsum wie ein kurzer Heimaturlaub. „Die Serie ist Pflicht. Wieder was von der Landschaft in Österreich sehen und die beiden Hauptdarsteller finde ich auch ganz lustig.“Der 25-Jährige hat auch schon den Drehort Elmau besucht. Mit der Kultserie hat er sein Heimweh schon während seinem Gastspiel bei Borussia Mönchengladbach bekämpft und dabei auch Zeugwart und Busfahrer Markus
„Alle FCA Fans, ganz Augs burg hoffen auf Europa, weil wir gut drauf sind …
Alle wollen nach Europa, wir natürlich auch.“
Martin Hinteregger
Breuer angesteckt. Seitdem gibt es eine WhatsApp-Gruppe, in der sich nach jeder Folge kurz ausgetauscht wird. „Da schreiben wir uns auch jetzt noch“, sagt Hinteregger.
Anfang Januar 2016 war er von RB Salzburg an den Niederrhein ausgeliehen worden. Nach nur sechs Monaten kehrte er im Juni zurück. Sportlich hatte er sich mit Gladbach für die Champions League qualifiziert. Persönlich lief es für ihn aber nicht so gut. Nach einem guten Start kam er nicht mehr zum Einsatz.
Zum Glück für den FCA. Denn der holte Hinteregger im August
2016 als Ersatz für Ragnar Klavan zurück in die Bundesliga. Ähnlich sieht es Hinteregger: „Es waren fantastische fünf Monate. Gladbach ist ein Klasseverein, Max Eberl
d. Red., Sportdirektor) ein Wahnsinnstyp. Aber alles hat seinen Sinn, sonst wäre ich ja jetzt nicht hier.“
Und jetzt war Hinteregger bereit und startete durch. Seitdem hat er
47 Bundesligaspiele für den FC Augsburg absolviert. Übrigens: Das erste von seinen drei Bundesligatoren erzielte er gegen Borussia Mönchengladbach. Und hätte er sich in diesem Oktober nicht am Sprunggelenk ein überzähliges Knochenstück entfernen lassen müssen, ständen wohl noch vier mehr in seiner Vita.
Zusammen mit Jeffrey Gouweleeuw bildet er eines der besten Innenverteidiger-Tandems der Liga. Mit nur 23 Gegentoren liegt der FCA in dieser Kategorie im gehobenen Mittelfeld. Gladbach hat zum Beispiel schon 30 Treffer hinnehmen müssen. „Das ist schon eine Su- per-Kombination“, freut sich FCATrainer Manuel Baum. Dabei, so scheint es auf den ersten Blick, können Hinteregger und Gouweleeuw nicht unterschiedlicher sein. Hinteregger gilt als der Mann, der ohne Rücksicht in den Infight beim Zweikampf geht, der mit dem Säbel kämpft. Gouweleeuw hingegen gilt als der Abwehrstratege, der mit dem feinen Degen attackiert und dann auch für die Spieleröffnung zuständig ist.
FCA-Trainer Baum sieht das ein wenig anders: „Als Außenstehender meint man, Hinti wäre wohl eher der für das Grobe. Aber man sieht bei ihm im Training bei den Passformen und in den Spielen schon, wie technisch versiert und fein er ist. Und Jeff kann auch richtig dazwischenhauen. Sie nehmen sich in beiden Bereichen nix.“
Was auffällt: Die beiden verteidigen extrem weit vor dem eigenen Strafraum, oft nahe der Mittellinie. Das ist gewollt. „Wir wollen, dass immer einer ballnah am Mann ist, hoch rausschiebt und so verhindert, dass der Spieler mit Ball aufdreht, um einen Konter zu spielen. Der andere sichert ab“, erklärt Baum.
Für Hinteregger ist Gouweleeuw der ideale Partner: „Wir verstehen uns mittlerweile blind. Das Innenverteidiger-Duo sollte schon immer länger eingespielt sein und das sieht man an den Leistungen, dass es hinten gut passt.“
Auf dem Spielfeld agieren die beiden Verteidiger offensiv und auch ihre Ansprüche formulieren sie durchaus angriffslustig. So sagt Hinteregger: „Alle FCA-Fans, ganz Augsburg, hoffen auf Europa, weil wir richtig gut drauf sind. Die Erwartungshaltung ist höher, dem müssen wir gerecht werden. Alle wollen nach Europa, wir natürlich auch.“Die Spiele in Gladbach und in Köln sieht er als den Auftakt für richtungsweisende Wochen: „In den nächsten fünf, sechs Spielen wird sich zeigen, wo es hingeht und ob wir die Chance auf Europa wahren können.“Auch Gouweleeuw will sich mit dem Klassenerhalt nicht zufriedengeben. „Das ist das erste Ziel. Dann können wir weitersprechen.“Im Trainingslager auf Teneriffa sagte er: „Die Europa League ist sehr geil. Wenn es möglich ist, müssen wir auch mehr wollen und alles dafür tun.“Deswegen ist dem 26-Jährigen auch vor Gladbach nicht bange: „Respekt haben ja, aber keine Angst.“
Dass er und Hinteregger es mit Rafael und Lars Stindl zu tun bekommen werden, nimmt er zur Kenntnis, mehr nicht: „Wir haben viel Qualität. Wir müssen aggressiv verteidigen, aber das können wir.“
Das Duell mit Ex-Teamkollege Raúl Bobadilla fällt allerdings aus. Bobadilla ist verletzt. „Schade“, findet Hinteregger: „Ich kenne ihn natürlich in- und auswendig. Das wäre lustig geworden.“Über den Bergdoktor hätte er sich mit dem Argentinier aber sicherlich nicht unterhalten können.