Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Rathaus Opposition schrumpft weiter
Zwölf Stadträte stehen dem Regierungslager mit insgesamt 49 Stimmen gegenüber. Das war anfangs noch etwas anders. Was dies für die praktische Arbeit des Gremiums bedeutet
Mittwochnachmittag, kurz vor 14.30 Uhr: Die Augsburger Stadträte nehmen im Großen Sitzungssaal des Rathauses Platz auf ihren Stühlen. Noch bevor es offiziell losgeht, gibt es etwas Neues gegenüber dem alten Jahr. Zwei Stadträte haben die politischen Farben gewechselt. Alexander Süßmair hat zum Jahreswechsel die Linkspartei verlassen. Der Sechser-Ausschussgemeinschaft bleibt er als Parteiloser treu. Einzelkämpfer im Stadtrat war bis Dienstag dieser Woche Thorsten Kunze, der im April 2017 die AfD verlassen hatte. Jetzt ist Kunze als Parteiloser neues Mitglied der CSUStadtratsfraktion. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte er zudem in die CSU eintreten, heißt es. Die Entscheidungen von Süßmair und Kunze sind die Fortsetzung eines nahezu unglaublichen Wechselspiels seit Beginn der laufenden Periode im Stadtrat im Mai 2014. In unregelmäßigen Abständen kommt es immer wieder zu Wechseln einzelner Stadträte. Manche finden bei einer anderen Partei oder Gruppierung eine neue politische Heimat. Fraktionen zerbrechen, Ausschussgemeinschaften werden geschmiedet und wieder aufgelöst. Wer sich nicht vertieft mit der parteipolitischen Zuordnung der Stadträte befasst, verliert ganz schnell den Überblick.
Die Bestandsaufnahme zum Januar 2018 macht eines deutlich: Die seit Beginn der Periode personell kleine Opposition im Rathaus ist noch weiter ausgedünnt. Das Regierungslager von CSU, SPD und Grünen hat zugelegt, wobei diese Zuwächse allein auf die größte Fraktion, die CSU, zurückzuführen sind. Sie ist nach gut dreieinhalb Jahren von anfangs 23 auf nunmehr 28 Stadträte gewachsen. Markus Arnold kam von der FDP, Rolf Rieblinger und Dimitrios Tsantilas kehrten von der CSM zur CSU zurück und die beiden ehemaligen AfDStadträte Marc Zander und Thorsten Kunze fanden zu unterschiedlichen Zeiten den Weg zur CSU. Dass die Fraktion jetzt ein weiteres Mitglied gewonnen hat, freut Oberbürgermeister Kurt Gribl: „Aus meiner Sicht ist das in Ordnung.“Bei der SPD sieht man die Personalie doch etwas anders. „Ein Ex-AfD-Stadtrat bei der SPD? Das würde nicht gehen“, sagt die SPD-Fraktionsvorsitzende Margarete Heinrich.
Wenn das Regierungslager zulegt, wird die Opposition ausgedünnt. Mittlerweile ist sie auf zwölf Stadträte geschrumpft. Anfangs waren es 16 Frauen und Männer. Die vier Abgänge zur CSU erklären den
Rückgang. In der Opposition sind jetzt noch die Pro-Augsburg-Fraktion (vier Mitglieder), die SechserAusschussgemeinschaft sowie die Stadträte Markus Bayerbach (AfD) und Peter Grab (WSA).
Bayerbach, der als einziger von zunächst vier AfD-Stadträten in seiner Partei übrig geblieben ist, sagt: „Die Opposition war von Beginn an von einer übermächtigen Regierungskoalition fast vollkommen außer Kraft gesetzt.“Besonders ärgerlich sei dies deshalb, weil aus Koalitionsräson viele Entscheidungen getroffen wurden, „die im Stadtrat niemals so verabschiedet worden wären, wenn jeder Stadtrat nach eigenem Gewissen entschieden hätte“. Dies entspräche aber dem Sinne des Kollegialorganes Stadtrat. „Gelegentlich hat man schon den Eindruck, die Politik von Augsburg wird nur noch im Koalitionsausschuss und nicht im Stadtrat entschieden.“Grab, von 2008 bis 2014 als Sport- und Kulturreferent (damals für Pro Augsburg), sagt jetzt als WSA-Einzelkämpfer in der Oppositionsrolle: „Eine so kleine Opposition wird es in Zukunft noch schwerer haben, gehört zu werden, und ich befürchte noch mehr Anträge
aus den Reihen der regierenden Parteien auf Schluss der Debatte oder Redezeitverkürzungen, denn die meisten Beschlüsse werden schon vor den Stadtratssitzungen feststehen.“Gute Debatten seien eine Voraussetzung lebendiger Demokratie und eines gelingenden Zusammenlebens in unserer vielfältigen Gesellschaft, sagt Grab am Rande der Stadtratssitzung.