Augsburger Allgemeine (Land West)
Blumen, Küsse – Carnaval
Die Augsburger Philharmoniker feiern erstmals den Rosenmontag im Martinipark. Gespielt werden Operetten-Highlights – der Generalmusikdirektor in ungewohnter Rolle
Da konnte nichts schief gehen. Die Augsburger Philharmoniker gingen im Martinipark mit einem Programm der heiteren Noten auf Nummer sicher. Highlights der Operette und Wiener Tänze sorgten bei den – zumeist gereifteren – Musikfans für angemessene Stimmung. Doch eine Rarität gab dem Abend auch einen überraschenden Pfiff. Intendant André Bücker fackelte in seiner Moderation nicht lange mit weitschweifigen Erklärungen und überließ der Musik den Auftrag, gute Laune zu verbreiten. Das Orchester, teils unter Perücke oder kleidungstechnisch mit bunten Faschingssignalen ausgestattet, teils normal Schwarz-Weiß, ließen sich von Ivan Demidov, dem 2. Kapell- meister, zum zündenden Musizieren anregen.
Die ersten Blumen zum Rosenmontag gab’s gleich zum Auftakt. Natürlich war Johann Strauß Garant für Schwung und Herz: „Rosen aus dem Süden“modellierten die Philharmoniker unter der effektiven Zeichensprache des jungen Dirigenten mit schönem melodischen Kern und „Drive“. Zwischen den folgenden Gesangsnummern waren forsch gezündete Polkas des Walzerkönigs platziert. Als echter Knallcharge ließ ein gewisser Domonkos Héja, seines Zeichens Generalmusikdirektor, bei der „Jagd“mit präzis-cooler Rhythmik die Flinte bzw. „Tritsch tratsch“die Holzklatsche krachen.
Es gab weitere Rosen – musikalisch: „Schenkt man sich Rosen in Tirol“aus Carl Zellers „Vogelhänd- ler“vereinte Jiyun Cecilia Lee und Thaisen Rusch in leuchtendem Schmelz, nachdem vorher der Tenor mit „Es muss was Wunderbares sein“aus Benatzkys „Weißem Rössl“schon die Herzen berührte. Für die Abteilung „Küssen“war Franz Lehár zuständig. Rusch bekannte tenoral überzeugend „Gern hab ich die Frau’n geküsst“(„Paganin“) und Jihyun Cecilia Lees wunderbarer Sopran war nicht weniger deutlich: „Meine Lippen, sie küssen so heiß“(„Giuditta“). Schließlich wurde zwar „Lippen schweigen“behauptet, doch das Paar sang umso schöner den Lehár-Evergreen aus der „Lustigen Witwe“. Was die Koreanerin aus dem „Vilja-Lied“an sanftem wie leuchtend ausbrechendem Glanz herausholte, wurde zu Recht stürmisch bejubelt.
Und die Rarität: Robert Schumanns „Carnaval“kennt man, doch kaum bei uns zu hören sind die Orchesterbearbeitungen dieser Klavierminiaturen durch die russischen Meister Rimsky-Korsakow, Ljadow, Arensky, Glasunow, Tscherepnin. Für Nicolai Fokins Ballett (1910) wurden die Nummern aus Schumann eigenem Märchenpersonal um Florestan und Eusebius vereint mit Figuren der Commedia dell’arte. Heraus kam ein typisch russischer Ballett-Sound á la „Nussknacker“. Dirigent Demidov setzte dies mit dem Orchester in samtenen Farben um, hätte durchaus mehr funkelnde Akzente fordern können, doch es war ein schönes Erlebnis. Strauß’ geschliffene „Fledermaus“-Ouvertüre setzte den umjubelten Schlusspunkt.